Osterglocke im Wasser: Osterbild für den Einsiedler Anzeiger. © Fabienne Kälin
Osterglocke im Wasser: Osterbild für den Einsiedler Anzeiger. © Fabienne Kälin
Fabienne Kälin gestaltet im 2021 die Titelseiten-Triologie des Einsiedler Anzeigers. Bild Roman Kälin
Fabienne Kälin gestaltet im 2021 die Titelseiten-Triologie des Einsiedler Anzeigers. Bild Roman Kälin

Kunst & Design

«Kaum habe ich die Kamera in der Hand, bin ich in einem anderen Modus

Fabienne Kälin gestaltet die Feiertags-Trilogie Ostern – Pfingsten – Weihnachten des Einsiedler Anzeigers.

«Sobald ich die Kamera in der Hand habe, bin ich in einem anderen Modus. Ich vergesse das Drumherum, wie in einem Flow.» Fabienne Kälin sucht nach Worten, um ihre Faszination zu umschreiben. Beim Fotografieren werde ihr Blick gezielter, ihre Wahrnehmung schärfer. Kurzum: «Ich werde aufmerksamer.» Die 30-jährige Einsiedlerin geniesst diesen Zustand der Reduktion, diese Fokussierung auf ein Ziel, selbst dann, wenn dieses noch nicht konkret erkennbar sein sollte. Diese Intensität lässt Kälin auch sagen, dass «jede Fotografie immer nur die Sicht dieser einen Person ist und dass jedes Bild bei jeder anderen Person ebenso anders aussieht». Ein Bild, und sei es selbst die realistische Wiedergabe des Gesehenen, bildet für Kälin «nicht die Realität ab, sondern lediglich eine subjektive Wahrnehmung derselben».

So simpel wie genial


Sosehr wie Kälin beim Fotografieren automatisch aufmerksamer wird, sosehr lohnt sich diese Aufmerksamkeit auch für den Betrachter des grossformatigen Bildes, dem der Einsiedler Anzeiger die heutige Frontseite widmet. Fabienne Kälin verblüfft mit einer inhaltlichen wie formalen Umsetzung des Osterthemas. Und ebenso verblüffend: Das Bild ist weder eine Collage, noch eine Computeranimation! Es handelt sich um ein reales Motiv, aufgenommen mit einer Spiegelreflexkamera Nikon D800. Um dieses Bild festzuhalten, musste sie nicht nur aufmerksam sein, sondern auch schnell: «Dieser Moment dauerte lediglich Sekundenbruchteile. » Was ist konkret zu sehen, wenn das Bild doch real ist? Die Lösung klingt simpel, und gerade deshalb genial: gefrorene Osterglocken in einem mit Farbe angereicherten Wasserbad. Darauf muss man erst einmal kommen.

Eier – Wasser – Blumen


Sie habe schon befürchtet, dass diese Frage gestellt werde, und habe nach einer Antwort gesucht: «Aber wie ich auf diese Idee gekommen bin, weiss ich nicht genau.» Bei der Umsetzung des Stichwortes Ostern liess sich Kälin weniger durch religiöse Assoziationen inspirieren, als vielmehr durch die zahlreichen Symbole, die mit dem Kirchenfest in Verbindung gebracht werden. Tatsächlich habe sie eine erste Fotoserie mit Eiern eröffnet, die Idee aber schon bald verworfen. Als sie dann mit Wasser experimentierte, mit Spiegelung, Transparenz und Veränderung, verwob sie dies mit einem Frühlings- und somit Ostermerkmal: mit dem Blumenmotiv. Und es waren nicht irgendwelche Blumen, welche Fabienne Kälin gefrieren liess, es waren selbstredend Osterglocken. Basierend auf diesem Konzept entstand eine faszinierende, farbenprächtige Bilderserie. Kälin entschied sich für das Osterglocken-Motiv: «Dem gestellten Auftrag, Ostern zu illustrieren, kommt diese Aufnahme am nächsten.» Wer die schwimmenden, fliegenden, auferstehenden Blumen und das tiefgründige Wasser länger betrachtet, wird ihr zweifellos zustimmen können, ohne die anderen Bilder sehen zu müssen. Eine gültige Aussage mit ihrem Werk verknüpfen will Fabienne Kälin nicht: «Jeder und jede kann in diesem Bild etwas anderes entdecken. Ob meine Assoziation den Betrachter erreicht, weiss ich nicht. Doch genau das ist das Faszinierende an der Kunst.»

Des Vaters Kamera entwendet


Für Fabienne Kälin ist die Fotografie ein Hobby, wenn auch ein professionell gelebtes. Von Beruf ist sie Lehrerin für Bildnerisches Gestalten, hat einen Master in Art Education in der Vertiefung Kunstpädagogik der Zürcher Hochschule der Künste und unterrichtet an der Kantonsschule Heerbrugg (SG) sowie als Zeichnungsdozentin am Vorkurs der Schule für Kunst und Design in Zürich. Zum Fotografieren ist sie schon früh gekommen. Sie war so etwa 13 Jahre, als im Büro ihres Vaters Hanspeter James Kälin eine Fotokamera ihr Interesse weckte – und sie diese kurzerhand entwendete. Es war zwar bereits eine digitale Spiegelreflexkamera, aber noch ohne Automatik-Modus. Fabienne Kälin hatte keine Ahnung von Blende, Verschlusszeit und all diesen hochkomplexen Einstellungen. Sie liess sich dadurch nicht entmutigen – im Gegenteil: Sie knipste munter drauflos und liess sich vom Zufall überraschen. Dass es nicht auf Anhieb geklappt hat, faszinierte sie nur noch mehr. Auf jeden Fall hat ihr Vater die Kamera nicht mehr zurückgekriegt! Heute fotografiert die in Zürich wohnhafte Fabienne Kälin vorzugsweise mit einer Nikon D800; für analoge Aufnahmen greift sie auf eine Hasselblad 500c zurück. Und wenn sie, was sie gerne tut, einen Schwarz-Weiss-Film einlegt, dann entwickelt sie die Fotos gleich selbst in ihrem eigenen Wasserbad.

Weitere Passion


Nebst Gestalten, Fotografieren und Zeichnen sind Islandpferde eine weitere Passion von Fabienne Kälin. Die Foto, ein Schnappschuss ihres Bruders Roman Kälin, zeigt Fabienne Kälin auf jener Insel, die den Pferden ihren Namen gab: Island. «Draussen in der Natur zu sein, ist für mich Inspiration pur.»

Einsiedler Anzeiger / Victor Kälin

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Kunst & Design

Publiziert am

01.04.2021

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