Hansjörg Schertenlaib präsentiert sein neuestes Buch. Bild: Milena Schlösser
Hansjörg Schertenlaib präsentiert sein neuestes Buch. Bild: Milena Schlösser

Literatur

«Ich habe die vier Jahre als Einsiedler sehr genossen»

Am Donnerstag, um 20 Uhr, liest der ehemalige Benziger-Autor Hansjörg Schertenleib im Museum Fram aus seinem jüngsten Buch «Palast der Stille». Der 63-jährige Schriftsteller schildert, wieso sein neues Buch wundersam in die Corona-Zeit passt.

Magnus Leibundgut: Wie kommt es dazu, dass Sie im Klosterdorf lesen?


Hansjörg Schertenlaib: Einsiedeln gefällt mir sehr. In Alpthal war ich bereits unterwegs, als ich jung war, und bin in Brunni Skifahren gegangen. Zudem bin ich ein ehemaliger Benziger-Autor und habe meine ersten beiden Bücher im Benziger Verlag herausgegeben.

Worum dreht sich Ihr Buch «Palast der Stille»?


Die Geschichte, eine Art Meditation in der Stille,spielt auf Spruce Head Island in Maine, an der Ostküste der USA. Es geht um einen Rückzug aus der Gesellschaft. Zurück in die Natur, zu den Vögeln, zu sich selbst.

In der Corona-Zeit ist es sehr still geworden in der Welt. Passt Ihr Buch wundersam in diese Zeit?


Ja, das kann man so sagen. Obwohl es eigentlich ein Zufall ist, weil ich ja Corona nicht vorausgesehen habe. Leider ist die Stille schon wieder vom Lärm abgelöst worden. Die Hoffnung, dass sich die Menschen hinterfragen und ändern würden, hat sich zerschlagen. Bereits machen die Leute wieder Party wie vor Corona.

Wieso flüchtet der Protagonist auf eine einsame amerikanische Insel in den Wald?


Dieser Protagonist ist zivilisationsmüde: Er hat sich das Leben nicht so vorgestellt und in jungen Jahren für ein anderes Dasein gekämpft. Ihn stört der Lärm, der Wahn und die ganze Bauerei. Dieser Protagonist bin ich selber, ohne dass ich das Buch nun gleich als Autobiografie bezeichnen würde.

Ist es eine Art Weltflucht, auf die Sie sich begeben?


Ich würde es eher als eine Menschenflucht beschreiben: Eine Flucht aus dieser Gesellschaft, die vollends auf Erfolg und Jugendwahn getrimmt ist.

Gefällt Ihnen selber ein Einsiedlerleben in der Wildnis, in der Einsamkeit?


Ich habe die vier Jahre als Einsiedler in Maine sehr genossen. Leider haben mich Trump und die Stimmung in den USA zurück nach Europa getrieben. Um hier festzustellen, dass es in der Schweiz kaum viel besser geworden ist. Abgesehen davon fehlt es mir an Geld, um mich einfach irgendwo in einem Tal der Schweizer Alpen zurückzuziehen.

Wollen Sie nicht dazugehören und lieber Ihre Ruhe haben?


Ich will dazugehören, möchte aber nicht länger effizient, strebsam, zwanghaft optimistisch und erfolgsorientiert sein. Es ist keine Flucht vor mir selbst, eher eine Bewegung aus der Enge heraus: In der Sehnsucht nach Offenheit, Weite und Unabhängigkeit.

Kann man sich mit Schreiben auf die Suche nach sich selbst machen?


Ja, das kann man, ohne dass es eine Gewissheit gäbe, dass man sich auch findet. Es geht weniger darum, das Ziel zu erreichen, sich selbst zu finden. Vielmehr steht die Bewegung hierzu im Fokus.

Öffnet das Schreiben einer Weltflucht die Tore?


Man kann mit Literatur politisch nichts erreichen, aber man kann mit Schreiben und Lesen die Welt verändern, die Welt in Sprache übersetzen.

Wie sind Sie selber zum Schreiben gekommen?


Autor zu werden war nicht ein Bubentraum von mir. Während meiner Schriftsetzerlehre bin ich auf die Idee gekommen, aus dem Handwerk heraus eigene Texte zu setzen.

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

29.09.2020

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