Ende gut, alles gut. Räuber landen in der Baugrube und das Geld bekommt schlussendlich der Dorfpolizist. Foto: Paul Jud
Ende gut, alles gut. Räuber landen in der Baugrube und das Geld bekommt schlussendlich der Dorfpolizist. Foto: Paul Jud

Volksmusik

«Han i Gäld, oder han i keis»

Am 26. Dezember führte die Theatergesellschaft Willerzell die Premiere des Stückes «Wie gewonnen – so zerronnen» auf.

Schon der Titel weckte Erwartungen. Gewinnen tut ja jeder gerne. Und etwas Wertvolles zerrinnen lassen – nein, nur das nicht! Mal schauen, wie dieses Stück einen kurzen Lebensabschnitt vom ewigen Traum spiegelt. Und dann das: Beim Blick ins Theaterprogramm stelle ich fest, dass praktisch alle etablierten Schauspielerinnen dieses Jahr in für sie unüblichen Rollen agieren. Eine Vroni Kälin als Briefträgerin, eine Brigitte Schönbächler als Ganovenbraut und eine Heidi Ott als brave, bestandene Wirtin? Diese Wandlungsfähigkeit will man erst sehen! So mache ich es mir gemütlich, Notizblock und Kugelschreiber sowie Fotoapparat vor mir – und grosszügig mit kleinen «Toblerone »-Schöggeli versorgt. Nach der schon obligaten Begrüssung durch Theaterpräsident und Rollenträger Arnold Gyr geht das Lichht aus – gespenstische Stille. Es ist tiefe Nacht – und alles schläft. Alles, nein nicht alles. Zwei obskure Gestalten schleichen durchs Dorf, den Weg im Schein einer Taschenlampe suchend. Und da passiert das erste Missgeschick. Fredi, der Räuber, stolpert beim Gang durch die Gartenwirtschaft und weckt darob die Wirtin. Also schnell verstecken, zumal noch Dorfpolizist Bitterli, Liebhaber des bitteren «Geistigen» auftaucht: «Ist da jemand?» Ist auch der wieder weg, gibt es nichts Gescheiteres, als das geraubte Geld zu verstecken – in der Geranienkiste der Frau Meier. Und dann nichts wie weg vom Geschehen, das Geld wird geholt, wenn sich alles gelegt hat.

 

Das sind mindestens 20’000 Franken

Am Morgen danach treten die beiden Knechte Köbu und Ueli, verbunden durch die gemeinsame Sauferei, auf den Plan, beziehungsweise finden sich in der Gartenwirtschaft der Dorfbeiz. Und wie es halt so geht, haben die Unbedarftesten am meisten Glück – wenigstens vorerst. Ueli findet beim Stochern per Zufall einen Migros-Sack, drin «mindestens 20’000 Franken. Die beiden erschrecken erst und begreifen dann ihr grosses Glück: «Han i Gäld? Oder han i Keis?» Sie bestellen Flüssiges, trinken einen kräftigen Schluck und meinen dazu: «Grad wie eim äs Ängeli würd’ dä Hals abä brünzlä!» Und richtig, sie stellen überzeugt fest: «Das bitzeli Glück hand mir üs verdient!» Sie überlegen, was sie nach dem Teilen mit dem vielen Geld machen könnten: «Nie mehr arbeiten! Und immer genug zu trinken haben!» Nachdem das Ganovenpärchen am andern Tag realisiert, dass das Geld weg ist – und wer es jetzt hat, beschliessen sie, die offenen Stellen in der Dorfbeiz, er Koch, sie Serviertochter, anzunehmen. Damit man in der Nähe des Geldes ist. Sie meint bei der Bewerbung zur Wirtin: «Ich kann sehr gut mit Geld umgehen, am besten mit fremdem!» Nun kommt die launige Briefträgerin ins Spiel. Sie schickt, völlig überlastet, die beiden Knechte auf Posttour. Die Geldcouverts der beiden bleiben derweil auf dem Tisch liegen und beginnen ihre Wanderung! Das Grit-li, immer auf Männersuche und Frau Meier, die Nachbarin, dürfen kurz vom grossen Geld träumen. Und dann kommt es in die Hände von Briefträgerin Dora. Die kann sich damit endlich den Traum von der Hochzeitsreise erfüllen – ja, wenn! Doch es kommt schlussendlich alles anders. Aber wie? Erleben Sie es mit, indem Sie die Aufführung besuchen – es lohnt sich.

 

Ungewohnte Rollenverteilung

Regisseur Marcel Schönbächler hat das grosse Glück, in seinem zweiten Jahr als «Chef» seine Leute in die Rollen einzuteilen. Und er überrascht, indem er Leute für «ihre» typischen Rollen bekannt, anders agieren lässt. Allen voran ist da Vroni Kälin zu nennen, die man als bärbeissige Magd mit Haaren auf den Zähnen kennt. Diesmal ist sie die gewitzte Briefträgerin, die schon mal Liebesbriefe öffnet – und dann – plötzlich zu Geld gekommen, als arme Frau vom grossen Gewinn träumt und in der Hawaiibluse in die Hochzeitsferien möchte. Oder Heidi Ott, die man als sonst lebensfreudige, leichtlebige, attraktive Dame (2022 als «Olga la Bouche) schätzt und liebt – die spielt die behäbige, solide Wirtin überzeugend. Brigitte Schönbächler, die man als überbrave, fast scheue Frau kennt, spielt die Ganovenbraut, als wenn es das leichteste der Welt wäre, einen Raub zu begehen. Köbu und Ueli, die Knechte, gespielt von Arnold Gyr und Fredi Stössel, braucht man – undankbarerweise – fast nicht mehr zu erwähnen, da sie ihre Rollen ganz einfach überzeugend «leben ». Auch alle andern Rollenträger passen sehr gut ins Stück um Geld und Träume. Über das Ende sei wie immer nichts verraten! Es wird turbulent und löst sich in bester Komödienart auf. 

 

Einsiedler Anzeiger / Paul Jud

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Volksmusik

Publiziert am

29.12.2023

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