Eigenwillig mit Geschichte und Charakter: das Schulhaus in Alpthal. Bild: Bruno Füchslin
Eigenwillig mit Geschichte und Charakter: das Schulhaus in Alpthal. Bild: Bruno Füchslin

Dies & Das

Ein Schulhaus als Gedanken provozierendes Schmuckstück

Die Gemeinde Alpthal feiert dieses Jahr ihr 1000-jähriges Bestehen. Es sind diesbezüglich diverse Festanlässe geplant.

Alpthal – ein Bijou von Dorf und Gemeinde, zwischen Einsiedeln und Brunni gelegen. Statistisch ist «die Perle der Region » so erfasst: Postleitzahl 8849, 996 Meter über Meer, 22,9 Quadratkilometer gross, 612 Einwohner (per 31. Dezember 2016), 27 Einwohner pro Quadratkilometer, 8,2 Prozent Ausländeranteil (Einwohner ohne Bürgerrecht; per 31. Dezember 2015). Die Gemeinde besteht aus den Ortsteilen Alpthal, Brunni und Eigen. Sie liegt im hinteren Teil des Alptals und wird von der Alp durchflossen. Geschichtlich ist folgendes markant: Im Jahr 1018 schenkte Kaiser Heinrich II. das Albetal dem Kloster Einsiedeln. Im Marchenstreit zwischen der Abtei und Schwyz sprach laut einer auf 1217 datierten Urkunde Graf Rudolf der Alte von Habsburg das Tal den Schwyzern zu, was mit dem Frieden von 1350 bestätigt wurde.


Zeitreise rückwärts


Gleich neben der markanten Kirche steht besagtes Schmuckstück – die Schule, erbaut im Jahr 1893 in spätklassizistischem Stil, reich verziert mit allen Kantonswappen und Sinnsprüchen. Letztere lassen einen gedanklich rückwärts zeitreisen, schmunzeln, vielleicht vergleichen. Wobei: Vergleiche haben diesen Charakter, dass in der Gegenüberstellung so gut wie immer das eine Beleuchtete besser, vorteilhafter, angepasster, vielleicht moderner scheint als das andere. Ob dem auch tatsächlich so ist? Erwähnte Sinnsprüche widerspiegeln den einstigen Zeitgeist. Mag sein: Wer noch hat, dem könnten die Haare zu Berge stehen – wer keine hat, dem könnten sie wieder zu wachsen beginnen. Umgekehrt provozieren sie auch diese Reaktion: «Damals» war noch «Zucht und Ordnung», wiesen klare Vorgaben gesellschaftsmarkante Leitlinien. Gerade in der aktuellen Zeit der Globalisierung mit all ihren Folgen kommen Gefühle der Unsicherheit auf, die wiederum Futter und Nährstoff für jene Parteien sind, die irgendwie rückwärts schauend vorwärts gehen wollen. Spätestens beim Autofahren, dann, wenns knallt, wird dieses Beispiel als untauglich vorgeführt. «Früher war alles besser», «die Schweiz ist längst kein Paradies mehr» – diese «Erkenntnisse» stammen vielfach von Leuten, die in Nostalgie schwelgen und so auf eine ganz eigene Art das Heute verleugnen. «Paradies»: Wenn die Ur-(Ur-)Grossmutter noch leben würde, könnte sie erzählen, wie eben dies nachträglich Gepriesene aussah. Arbeiten bis zum Umfallen, ein Leben lang weder Ferien noch Fünf-Tage-Woche, je nach Familiengrösse jeden Rappen sieben Mal umdrehen, bevor man ihn doch ausgeben muss, fest installiert in gesellschaftliche Vorgaben und Zwänge. Eine individuelle Entfaltung war so gut wie unmöglich. Schön erfüllen, was «die Gesellschaft» von einem verlangte.


«Der Jugend zur Zucht…»


In genau diese Richtung zielt der (für heutige Verhältnisse) provokanteste Satz: «Der Jugend zur Zucht, dem Alter zur Frucht». Kinder als unfertige Wesen, die via «Zucht» auf den rechten Weg geführt werden mussten. Wenn diese damalige Einstellung schon in den acht Worten so markant bis gewalttätig zum Ausdruck kam – wie viele Schläge, Demütigungen, Bestrafungen mussten in der Praxis angewendet worden sein? Ein Machtmissbrauch der gröbsten Art. Und dies sollte letztlich eine «Frucht» absetzen? Wenn – dann fragt sich nur, welche. Gehorsam üben, nie aufbegehren, wenn etwas wider das persönliche Empfinden ging. So wachsen Menschen heran, die relativ leicht zu lenken sind. Schweigend ertragen, bis die eigene Psyche aufgibt und man halt macht, was via Gesellschafts- und Gruppendruck gefordert wird.


Wenn es doch erzählen könnte…


So vieles hat sich in relativ wenigen Jahrzehnten gewandelt. Einstige gesellschaftliche «Wahrheiten» haben sich – zum Glück – nicht halten können. Und so bleibt dieser Fakt: Das Schulhaus Alpthal ist ein wunderschönes seiner Art. Eigenwillig, kein «Nullachtfünfzehn- Bau»; es hat Charakter, Historie – und könnte so viel erzählen, was sich in seinem Innern in all den Jahren so zugetragen hat, positiv wie negativ. Man würde schweigend daneben sitzen, die Ohren spitzen und einfach nur zuhören.


Festanlässe in Alpthal


2. September: Grosses Jubiläumsfest
20./21. Oktober: Gewerbeausstellung
26. Oktober: Herbstversammlung der Muotathaler Wetterschmöcker


 


Bote der Urschweiz / Bruno Füchslin

Autor

Bote der Urschweiz

Kontakt

Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

10.08.2018

Webcode

www.schwyzkultur.ch/fvcg6F