Der superreiche Prinz Orlofsky (Gianna Lunardi), eine sogenannte Hosenrolle, wird in Arth zur Conchita Wurst, hier in einer Statisten-Szene mit Adalbert Ulrich aus Walchwil und Brigitte Heller aus Schwyz.
Der superreiche Prinz Orlofsky (Gianna Lunardi), eine sogenannte Hosenrolle, wird in Arth zur Conchita Wurst, hier in einer Statisten-Szene mit Adalbert Ulrich aus Walchwil und Brigitte Heller aus Schwyz.
Um dieses Trio dreht sich alles: (von links) Rosalinda (Mélanie Adami), Eisenstein (Simon Witzig), Notar Falke (Andreas Büchler) als Fledermaus.
Um dieses Trio dreht sich alles: (von links) Rosalinda (Mélanie Adami), Eisenstein (Simon Witzig), Notar Falke (Andreas Büchler) als Fledermaus.
Die ohnehin schon lebhafte Inszenierung wird durch das Arther Theaterballett wie schon immer in den letzten Jahren auch mit einem Schuss Erotik angereichert. Bilder Christian Ballat
Die ohnehin schon lebhafte Inszenierung wird durch das Arther Theaterballett wie schon immer in den letzten Jahren auch mit einem Schuss Erotik angereichert. Bilder Christian Ballat

Bühne

Höhenflug mit Arther «Fledermaus»

Die Operettenbühne am Zugersee legt nochmals einen drauf: Der melodienstarke Klassiker «Die Fledermaus » wird mit viel Tempo, witzig und ironisch, mit Charme, mit starken Stimmen und guten Regie-Einfällen gespielt.

Wegen der Handlung sieht sich kein Mensch mehr eine Operette an. Auch diesen Johann-Strauss-Klassiker nicht. Aber: Es sind die populären Melodien, der Zauber der Bilder, die Stimmen, der Charme und die Ironie, die merkwürdigerweise in jeder Operette stecken. «Die Fledermaus» liefert das alles auf der Arther Bühne perfekt ab. Eine temporeiche Inszenierung, mit überraschenden Effekten und Ideen, mit starken Stimmen, Witz und Slapstick, mit einem Schuss Frivolität, alles leicht, genussvoll serviert. Die Wirkung an der Premiere: zahlreicher Szenenapplaus, saalfüllende Lacher und ein Schlussapplaus mit Standing Ovations.

Viele aktuelle Seitenhiebe

Mit der Stückwahl 2015 hat die Operettenbühne Arth in die oberste Schublade gegriffen. Allerdings in eine, in der man sich auskennt. «Die Fledermaus» wurde schon 1990 und 2002 in Arth gespielt. Sie ist so gut, dass sie auch vom Publikum immer wieder verlangt wird. Regisseur Jean Grädel hat das weltberühmte Strauss-Werk – inzwischen neunmal verfilmt! – dort abgeholt, wo Strauss es haben wollte. Es wird nicht eine romantisierte Märchenhandlung gezeigt, sondern die Doppelbödigkeit des realen Wiener Bürgertums vor 150 Jahren enthüllt. Grädel baut in das Libretto schweizerische Aktualität ein, ein satirisches Feuerwerk wird losgeschossen. Geri-Gate, die Zuger Sex-Affäre, Dichtestress, Sondersetting und vieles mehr, immer witzig, überraschend, frech. Eine Persiflage ganz im Stil der Wiener Couplets. Das Publikum kann sich da göttlich amüsieren, schliesslich ist ja auch Fasnacht.

Ouvertüre mit stummer Szene

Genau dort startet die Operette auch, an der Fasnacht. Mit einem als Fledermaus kostümierten Dr. Franke (Andreas Büchler), der betrunken dem Hohn und Spott ausgesetzt wird und sich dann durch ein Spiel mit Intrigen und Verwirrungen rächt. Die Inszenierung in drei Akten wird – eine ganz tolle Idee – quasi durch einen vierten Vorakt ergänzt. Während der relativ langen Ouvertüre, eines der Hauptwerke von Strauss überhaupt, wird eine stumme winterliche Szene gespielt, mit Schneefall, Maskeraden, Kindern, und selbst Johann Strauss steigt von seinem berühmten goldenen Denkmal runter und geigt durch die Szenerie. Die folgenden Bühnenbilder schaffen es erneut, den doch relativ beschränkten Dimensionen der Bühne optisch geschickt Tiefe zu geben. Auch der Palast-Charakter im zweiten Bild oder das Keller-Gefühl im Gefängnisbild kommen gut rüber. Einzig der Weihnachtsbaum im ersten Bild kann etwas irritieren, gerade mit Bezug auf den Maskenball. Aber vielleicht ist das auch Ironie. Oder dann hat das junge Ballett erneut damit zu kämpfen, dass es an allen Ecken und Enden zu wenig Platz hat für die grosse Geste. Choreografisches Schicksal.

Gelungene Besetzung

Stark ist erneut die Besetzung. Gabriel von Eisenstein (Simon Witzig), ein ausserordentlich kräftiger Tenor, zeigt erneut eine schauspielerische Höchstleistung. Genau gleich Rosalinda (Melanie Adam) mit ihrem warmen Sopran und souveräner Präsenz. Oder dann in der dritten Hauptrolle des Stubenmädchens Adele (Sara Hugelshofer), die als Koloratur-Soubrette verblüfft, also mit einer sehr beweglichen Stimme in den hohen Lagen. Auch die anderen sechs Solostimmen sind sehr gut besetzt, entsprechend ihrer Stimmfarbe individuell der Rolle angepasst.

Hosenrolle mit Conchita Wurst

Eine besonders witzige Idee setzt die Regie mit der Rolle des Prinzen Orlofsky (Gianna Lunardi) um. Im Original eine Hosenrolle für einen Mezzosopran, wird in Arth daraus eine Conchita Wurst. Sehr amüsant. Oder dann kann Gerichtsdiener Frosch (Marius Meier) sein komisches Talent in ganzer Breite ausleben, auch oder weil es «nur» eine Sprechrolle ist. Und auch eine weitgehend stumme Figur amüsiert sehr: Orlofskys dicklicher Diener strahlt so viel doppelbödiges Mitwissen aus, dass er fast vom Geschehen ablenkt. Getragen wird die Operette natürlich auch von den Melodien, viele davon eine Art Vorläufer der Schlager. «Trinke Liebchen», «Glücklich ist, wer vergisst», «Der Herr Marqu

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

19.01.2015

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