Pulcinellas aus dem venezianischen Carnevale: Diener, Lakaien, Fischer und Bauern haben sich verkleidet und sich Zutritt zum Ball des Adels verschafft. Bild Theater Arth
Pulcinellas aus dem venezianischen Carnevale: Diener, Lakaien, Fischer und Bauern haben sich verkleidet und sich Zutritt zum Ball des Adels verschafft. Bild Theater Arth
Allein gelassen: Für einen Moment lässt der Herzog Annina allein, im Ballsaal dahinter ist das Fasnachtstreiben voll im Gang. Bild Christian Ballat
Allein gelassen: Für einen Moment lässt der Herzog Annina allein, im Ballsaal dahinter ist das Fasnachtstreiben voll im Gang. Bild Christian Ballat
Das Fischermädchen Annina (Julie Koch) im Volk von Venedig: Es mischt bei den Verkleidungs- und Verwechslungsintrigen im eigenen Interesse raffiniert mit. Bilder Remo Inderbitzin/Theater Arth
Das Fischermädchen Annina (Julie Koch) im Volk von Venedig: Es mischt bei den Verkleidungs- und Verwechslungsintrigen im eigenen Interesse raffiniert mit. Bilder Remo Inderbitzin/Theater Arth

Bühne

Theater Arth: Frisch, frech und amüsant

Theaterluft weht durch Arth. Gespielt wird die Operette «Eine Nacht in Venedig» des genialen Johann Strauss. Die Premiere löste breite Begeisterung aus, der Zugersee wird zur Laguna di Venezia. Die Inszenierung ist frisch, frech und etwas frivol, sehr professionell und vor allem absolut unterhaltsam.

Draussen die Urgewalt der Innerschwyzer Strassenfasnacht, drinnen im Theater Arth die Raffinesse des venezianischen Carnevale. Faszinierende Unterschiede und doch verblüffende Parallelen, die immer wieder während der Vorführung gewollt oder ungewollt aufblitzen und mindestens die fasnachtsgewohnten Zentralschweizer zusätzlich begeistern.

Blendende Regie-Einfälle

«Eine Nacht in Venedig» ist die klassische Verwechslungs- und Verkleidungskomödie. Die Rollen sind verteilt: hier der auf amouröse Abenteuer abonnierte Herzog, da die schusseligen Senatoren, dort die raffinierten Frauen, in den Buffo-Rollen der Makkaronikoch, die Zofe und der Leibbarbier. Was aber Regisseur Jean-Claude Bordet aus diesen Standards gemacht hat, das ist erster Güte. Es blitzt von überraschenden Ideen. Während der langatmigen Ouvertüre lässt er Figuren aus der Commedia dell’Arte – Arlecchinos und Pulcinellas – auftreten und einen «Kampf» zur Öffnung des Vorhangs führen. Faszinierend auch, wie er zweimal das lebhafte Treiben auf der Bühne zum Stillleben einfrieren lässt. Das Bühnenbild besticht durch seine Tiefe und wie es geschickt durch die Lichtführung ermöglicht, in völlig andere Szenerien zu rutschen.

Professionelle Stimmen

Entscheidend für die Qualität der Aufführung sind letztlich die Solostimmen. Der Herzog, Caramello, Annina und Ciboletta sind professionell besetzt worden, die übrigen Solisten semiprofessionell, das heisst mit ausgebildeten Stimmen. Anders geht es gar nicht mehr. Dazu kommt unverkennbar schauspielerisches Können, auch die Stimme allein reicht heute nicht mehr aus. Zwei Stimmen ragen heraus: Obwohl bei der Premiere erkältet, war dies Raimund Wiederkehr eigentlich gar nicht anzumerken. Sein männlicher Tenor hat Klasse. Noch mehr begeistert hat Julie Koch als Annina, welche die Sourbette hervorragend spielt, feurig und mit einer grandiose Stimme.

Chor:verjüngt aber besser

Auch im Chor stecken Verjüngung und neueStimmen. Er ist verkleinert worden, selektiv aber besser. In der Inszenierung stecken aber nicht nur viel Schwung, Lebenslust und Italianità, alles getragen durch starke Stimmen, sondern auch Humor und Witz. Die Politik kriegt ihr Fett ab, die drei vertrottelten Senatoren sorgen schon dafür. Ebenso amüsant wie frivol wird es in der Badewannen-Szene, wenn Herzog Guido in einer Badewanne sitzt, auf der ein «Schmidlin»-Kleber prangt und die Senatoren-Frauen mit dem Herzog eine Schaumbad- Schäkerei beginnen. Auch da hat die Arther Bühne einstige Hemmungen abgelegt und spricht die Sprache der Gegenwart, auch wenn man ein Stück aus dem vorletzten Jahrhundert spielt. Oft legen die Akteure sogar eigentliche Akrobatik hin. Wie gesagt: Es herrscht leben auf der Szenerie.

Verführt zum Mitsummen

Über jeden Zweifel erhaben ist die Musik. Sie erdrückt weder das Schauspiel noch die Texte, bleibt aber trotzdem tragend. Immer wieder blitzt das Genie von Walzerkönig Strauss auf oder das Feuer, wie es in seinen Polkas steckt. Es entsteht gelegentlich so etwas wie Neujahrskonzert-Stimmung mit den Philharmonikern. Als Publikum muss man sich dagegen wehren, nicht zu laut mitzusummen. Überraschend, wie viele bekannte Melodien in dieser Operette stecken: «Komm in die Gondel, mein Liebchen», das Schwipps-Lied oder dann natürlich «Ach wie so herrlich zu schaun» sind drei davon. Das Orchester hat die Tücken in Strauss’ Melodienzauber im Griff. Denn nicht immer ist alles einfach, was leicht klingt.

Weitere 29 Aufführungen bis 27. März 2010.

Daten, Details
und Vorverkauf:

www.theaterarth.ch
oder
041 855 34 20

Bote der Urschweiz

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

18.01.2010

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