
Musik
Französische Romantik – neu gehört
Der zweite Arther Orgelabend wartete wiederum mit einem vielversprechenden Programm und einem anerkannten Solisten auf. Beide Ansprüche wurden mehr als nur eingelöst. Es war für die breite Zuhörerschaft eine eigentliche Offenbarung, wie vielgestaltig, farbig und hörgefällig französische Orgelmusik sein kann.
Abgeholt wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer in den vertrauten Klanggegenden der höfischen Musik des frühen 18. Jahrhunderts, in welcher das Cembalo tonangebend war. Dieses hörte man auch dem Offertorium «O filii et filiae» für Orgel von Jean-François Dandrieu unverwechselbar an. Auch das folgende Werk tönte vertraut – allerdings nicht, weil man es bereits im vergangenen ersten Orgelabend zu hören bekam. Eher weil der Bolero eine bekannte musikalische Tanzform darstellt. Die Interpretation von Lefébure-Welys «Boléro de concert» durch den Organisten Emanuele Jannibelli aber war so farbig registriert und dynamisch derart fein durchgestaltet, dass in keinem einzigen Moment das Gefühl des Déjà-vu aufkam.
In der Kürze liegt die Würze
Die nächsten Programmpunkte entführten das aufmerksam lauschende Publikum in andere, aber immer noch französische Klangwelten. Ob ältere oder neuere, bekanntere oder weniger bekannte Komponisten – der Organist wusste auch deren eher ungewohnten Klänge durch eine differenzierte Registrierung beliebt zu machen. Ob liturgische Werke (Tournemire), Carillons (Vierne, Duruflé), Gelegenheitskompositionen oder Experimentalmusik (Guilmant, Langlais, Koechlin) – es ist dem Interpreten hervorragend gelungen, die relativ kurzen Stücke den Zuhörerinnen und Zuhörern verständlich zu vermitteln. Ein besonderes Hör-Erlebnis war das «Pièce d’orgue» des modernen Schweizer Komponisten Boris Mersson. Schliesslich war der interpretierende Organist nicht ganz «unschuldig » an der Entstehung dieses eindrücklichen Orgelstücks – er hatte es seinem Klavierlehrer angeregt…
Bestechende Interpretationskunst
Mit Widor und Franck kehrte das Programm wieder in vertrautere Klangsphären zurück. Aus einer der gewaltigen Orgelsinfonien von Charles-Marie Widor ertönte das eher selten gehörte «Allegro cantabile». Es bestach vor allem durch eine sorgfältig gewählte Dynamik. Mit César Francks «Final» setzte der Solist einen fulminaten Schlusspunkt. Die deutsche Schwere und Dichte dieser Komposition (virtuoses Pedalspiel) fand in der differenzierten Interpretation eine geradezu französische Lockerheit und Frische. Diese Charakterisierung der Spielweise des Solisten gilt im Grunde genommen für das gesamte Programm des zweiten Orgelabends. Emanuele Jannibelli, Organist an der Glarner Stadtkirche, vermochte vor allem durch seine farbige Registrierung und seine feine dynamische Nuancierung zu überzeugen.
Das dritte Konzert im Rahmen des Arther Orgelzyklus findet am nächsten Sonntag, 20. Juni, um 20.15 Uhr in der Pfarrkirche St. Georg und Zeno in Arth statt.
Bote der Urschweiz
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Bote der Urschweiz
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