Hausautor Housi Denz (vorne) spielt in seinem Stück «Träumli – oder ein Ohrwurm mit Folgen» selber mit: in der Rolle eines absoluten Kotzbrockens. Bilder: Josias Clavadetscher
Hausautor Housi Denz (vorne) spielt in seinem Stück «Träumli – oder ein Ohrwurm mit Folgen» selber mit: in der Rolle eines absoluten Kotzbrockens. Bilder: Josias Clavadetscher
Eines der Lieder von Arthur Beul: «Übre Gotthard flüged Bräme» wurde auch szenisch dargestellt.
Eines der Lieder von Arthur Beul: «Übre Gotthard flüged Bräme» wurde auch szenisch dargestellt.
Erstmals führte der Schauspieler Edward Piccin Regie: Für das Produktionsteam mit Anita Strub ist dies ein Glücksfall.
Erstmals führte der Schauspieler Edward Piccin Regie: Für das Produktionsteam mit Anita Strub ist dies ein Glücksfall.

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Alte Schlager mit Humor entlarvt

Das Theater Brunnen begeistert erneut mit einer witzig-tragischen Eigenproduktion.

Es ist jede Saison spannend, was das Team des Vereins Theater Brunnen inszeniert. Spannend, was die Thematik angeht, die Eigenproduktion, die Location und die Zusammensetzung des Ensembles. Kurz gesagt: Es ist dieses Jahr erneut überraschend und begeisternd. Hausautor Housi Denz, ein hervorragender Beobachter, nimmt diesmal im Stück «Träumli – oder ein Ohrwurm mit Folgen» die alten Gassenhauer unserer Eltern und Grosseltern ideenreich ins Visier. Das fängt bei den «Bräme» vom Gotthard an, geht über «Stägeli uf, Stägeli ab» oder das «Guggerzytli» weiter bis zum legendären «Träumli» der Boss- Buebe. Insgesamt werden sechs solche Ohrwürmer regelrecht seziert und mit dem nötigen Witz gleichzeitig entschuldigt. Es geht vor allem darum, wie weit diese Liedtexte heute aus der Zeit gefallen oder zu süss, zu kitschig oder zu schrottig geworden sind.

 

Kollision mit der heutigen Genderwelt

Angesiedelt ist diese wirblige Tragikomödie in der Vorstandssitzung eines Theatervereins, genau so, wie man sich das vorstellen kann. Dort ist man sich ziemlich uneinig, was gespielt werden soll. In diesen Diskussionen macht sich dann die Genderdiskussion breit, alte Lieder werden zum Rap umgewandelt oder kollidieren mit einer befürchteten kulturellen Aneignung. Manchmal fällt auch noch Kritik für die Aula Brunnen ab, die ihre besten Zeiten als Dorfzentrum gehabt hat. Und trotz aller Disharmonie auf der Bühne werden die Lieder doch immer vom Ensemble vorgetragen, im Rahmen einer geschickten Choreografie und manchmal begleitet von Livio Müller auf dem Schwyzerörgeli – obwohl einige der Schauspieler immer wieder erklären: «Ich singe nid.» Begleitet wird die Szenografie durch Einspielungen am Bildschirm und auf der Leinwand. Teils wirken die Schauspieler in diesen Aussenaufnahmen selber mit, teils werden stereotypische Objekte gezeigt, teils laufen die Bilder ins Geschehen über.

Neue Regie 

Erstmals hat diese Saison Edward Piccin Regie geführt. Ein ausgebildeter Film-, TV- und Bühnen-Schauspieler, den man wohl am ehesten von der Sitcom «Mannezimmer» her kennt. Nicht nur ein Zufall, sondern eher ein Glücksfall, dass er sich auf eine Ausschreibung von Theater Brunnen gemeldet hat. Piccin erklärt, dass er Erfahrung im Regiefach sammeln wolle und auch mit Laienspielern gut arbeiten könne. Der Inszenierung sieht man dies an. Der Spiellauf ist sehr flüssig und präzise, die Dialoge perfekt, die Dramaturgie steigert sich in Wellen. Sehr clever sind die Blackouts, die immer wieder durch einen gespielten Kurzschluss im Vereinssäli ausgelöst werden. Das wirkt wie ein Vorhang auf offener Szene und erlaubt schnelle Umstellungen. Der ganze Vereinsknatsch nimmt dann im Finale eine völlig unerwartete, dramatische Wendung. Diese macht dann plötzlich deutlich, dass man eigentlich ein verstecktes Lehrstück gesehen hat, wie man gegenüber den Mitmenschen mehr Respekt und Toleranz zeigen sollte. Das neunköpfige Ensemble überzeugt in allen Besetzungen. Die Typologisierung der Rollen ist perfekt, es ist da alles zu haben, von der Tussi bis zum Neunmalklugen. Faszinierend sind die verschiedenen Dialekte, welche gesprochen werden und irgendwie den schweizerischen Alltag widerspiegeln. Wie Autor Housi Denz erklärte, habe ihn dies dazu gezwungen, den Text in Hochdeutsch zu schreiben, jede Rolle konnte ihn dann auf ihren eigenen Schnabel anpassen. Speziell ist erneut die Szenerie. Wie schon bei den sieben bisherigen Eigenproduktionen hat man einen ganz speziellen Aufführungsort gewählt. Gespielt wird in Dachgeschoss des BZ Ingenbohl. Geschichtsbelastet, zwischen massiven Balken, auf rohem Bretterboden, so entsteht schon vor Beginn eine ungewöhnliche Atmosphäre.

 

Bote der Urschweiz / Josias Clavdatscher

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne
  • Volkstheater

Publiziert am

20.01.2024

Webcode

www.schwyzkultur.ch/AjqVgd