Theater im alten Kursaal des Hotels Bellevue: Sandro Tobler spielt den Hoteldirektor, Haschi Annen seinen Angestellten. Bild Silvia Camenzind
Theater im alten Kursaal des Hotels Bellevue: Sandro Tobler spielt den Hoteldirektor, Haschi Annen seinen Angestellten. Bild Silvia Camenzind

Bühne

Hotel-Theaterstück in Brunnen

Die Luzerner Autorin Gisela Widmer hat die zeitkritischen Motive aus Meinrad Inglins Roman «Grand Hotel Excelsior» gerafft. Alles läuft nun dicht auf einen Höhepunkt zu. Dieser Höhepunkt ist ab 2. Oktober in Brunnen zu sehen.

Der Ort könnte nicht besser gewählt sein: im alten Kursaal des Hotels Bellevue zu Brunnen. Ein Hotel-Theaterstück in einem Hotel: Das Ambiente trifft.

Die Totenschädel-Komödie

Dazu noch am Rande eines Sees. An solcher Stelle steht das Hotel schon in Inglins Excelsior-Roman. Und das ist dort interessanter, als man auf den ersten Blick denkt. Denn da gibt es einen Geländerpfosten am Ufer, darauf stellt einer etwas Verwirrendes. Dieses verwirrende Etwas belustigt einige, löst helles Gelächter aus; andere ängstigt, entrüstet, empört es. Eine merkwürdig peinliche Komödie entfaltet sich … Dieses Etwas ist nämlich ein Totenschädel. Der fällt dann, dümmer noch, ins Wasser; dort ist er erst recht nicht mehr so schnell wegzuschaffen. Trotz der Seeoberfläche, die eine idyllische Bergwelt spiegelt, ist er aber deutlich sichtbar auch dort. Er erinnert auf dem Seegrund, durch die gespiegelten Bilder hindurch, an die Wirklichkeit, die nicht wegzuleugnen ist, sobald wir auch unserem Dasein auf den Grund gehen: an denTod. Der See wird zum Grab. Er verweist auf die andere Welt, die wir in unserem Alltag gern verdrängen. Das Hotel bei Inglin gleicht der Oberfläche, die idyllische Bilder spiegelt, darum leicht ins Illusionäre abdriftet –Tod und Sterben aber, die andereWelt eben, das ist das Unabänderliche, gegeben mit unserer Natur. Es durchschlingt den ganzen Excelsior- Roman, schimmert durch den bildreichen Glanz und das berauschende Gloria der hohen Glamour-Gesellschaft im Hotel hindurch. Die möchte es noch so gern in ein Nirgendwo wegstecken – es geht nicht.

Ein Bauer gegen Glanz und Gloria

Todesverdrängung, das ist bei Inglin verlorene Liebesmüh. Bei allem künstlichen Licht, bei allem glänzenden Gepränge der Belle-Epoque, bei allem blendenden Bluff des grossartigen Redens der eitlen Hotelbewohner, die Natur mitsamt ihrem Stirb und Werde macht sich immer wieder bemerkbar.Auch im Grand Hotel Excelsior: Sie ist plötzlich da, zuerst verstörend,dann zerstörend. Genau in der Romanmitte zeigt sie sich im Bauern, der in ungebügelten Zwilchhosen und im Hirthemd, mit Heuspuren daran, plötzlich gemächlichen Bergschrittes durch den geschäftigen Speisesaal marschiert. Von mächtiger Naturgewalt ist dann ebenso das Feuer am Schluss des Romans, das die Herrlichkeit des Grand Hotels zerstört und doch irgendwie in den Himmel aufgehen lässt.

Gisela Widmers Dramatisierung

Die Luzerner Autorin Gisela Widmer hat diese starken Themen aus Natur und Todeswelt für ihre Theaterbearbeitung aufgenommen. Was ist dabei gewonnen? Sehr viel. Sie hat die hier genannten starken Motive, die bei Inglin zum Teil zerfasern und zerfransen oder sonst irgendwie ins Leere laufen, gestrafft, dann auch raffiniert verwebt und stringent verknotet. So entfaltet ihre Fassung einen unheimlichen dramatischen Drive auf den Höhepunkt zu, der auch bei ihr mit Tod und Leben zu tun hat.

Windlin als Regisseurin im Sog

Im Sog dieser Motive, die Annette Windlin als Regisseurin einmal mehr gekonnt ins Bild setzt, werden die symbolischen Verweise nachgerade leibhaftig sichtbar. Und zugleich durchsichtig wie durch den Wasserspiegel eines klaren Sees. Durchsichtig wird dabei, wie sehr wir modernen Menschen uns in Scheinwelten verheddern. Das Hotel als Symbol für die moderne Welt, die eigentlich Komödie spielt. Richtig gelesen: Bei allerTrauer, die das Stück in sich hat, es gibt auch einiges zu lachen.

Aufführungen:

2. Oktober bis 13. November

Ort:

ehemaliger Kursaal Brunnen

Reservationen und Vorverkauf:

Brunnen Tourismus
T 041 825 00 40
www.grand-hotel-excelsior.ch

Bote der Urschweiz

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

09.09.2010

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