Bühne
Makaberer Splatter: Feucht-blutiger Abend
Wieso sitzen da Leute in Regenmänteln im Publikum? Was hat es mit der lachenden Wassermelone auf sich? Die Antwort lautet: Splätterli-Theater.
Mit «Schlachthuus Südpol» gastierten die drei Künstler Patric Gehrig, Nina Steinemann und Jürg Plüss am Freitag auf Einladung von Kultur Brunnen mit ihrem Splätterli-Theater im Espas. Dabei ist das originäre Puppentheater schlicht zu klein für die geballte Ladung makaberen Splatter – oder eben Gespritze. Es braucht die ganze Bühne – und den Grossteil der Sitzreihen. Kurzum: Der altehrwürdige Kinosaal im Espas wurde mit allerlei Plunder gehörig eingesaut.
Harte Tour zum Pol
Beim Splätterli-Theater spritzt Blut, und es fliegen weitere Dinge aufs Publikum. Handlung und Figuren kämen ebenso nicht im regulären Kasperlitheater vor: Die Zuschauer begleiten drei äusserst heterogene Tandems auf mörderischer Südpolreise: den durch und durch englischen Lord Sandwich und seine Magd Kennedy, welche ihr Gesicht mal flugs über die Bartheke entleert; Extremsportler Köbi und sein Grind, der alles schon erlebt hat und dementsprechend gezeichnet, nicht aber geläutert ist, auch die lebensmüden Nichtsgläubigen, Emo-Prinzessin Nütelinüt und ihr Röbi, deren einziger Sinn es ist, im Nirwana des ewigen Eises zu sterben. Das Rennen zum Südpol wird in Kasperlis letzter Bar vor dem Pol so richtig lanciert, ehe sich jedes Team in seinem schwimmenden Untersatz aufmacht. Komplettiert werden die Figuren durch Biologe Helly Hansen, der vom liederlichen Barbesitzer Kasperli gelockt und schlussendlich – für ihn äusserst spannend – doch im Haibauch verdaut wird. Oder Lars, ein wenig niedlicher Eisbär, der den Kasperli – aufgrund eines schwachen Mojitos – bald mal gefressen hat. Und ganz am Schluss steht doch wieder Kasperli als einziger Überlebender da, der das Stück aus dem Allerwertesten des Eisbären für beendet erklärt.
Keiner bleibt verschont
Wohl ist das Bühnenstück interaktiv, dem Publikum wird dabei aber die passiv-masochistische Rolle zuteil. Fliegende Bierdosen, Kunstblut, Pudding, künstlicher Vogelkot, eine explodierende Wassermelone – die Aufführung bietet erklecklich Gelegenheit, um die Zuschauer mit genügend Absonderungen einzudecken. Die Schauspieler verkörpern selbst je eine Rolle und zudem diejenigen der Handpuppen, womit die vielen Figuren überhaupt realisierbar sind. Die Dialoge von Autor Matto Kämpf gehen mancherorts in der ganzen Turbulenz oder Verdrehtheit verloren und schwappen im Gegensatz zum Blut nur partiell aufs Publikum über. Die musikalischen Einlagen, wie etwa «Boys don't cry» von The Cure, überzeugen und ergänzen das bizarr-anarchistische Treiben. Das Splätterli- Theater ist garantiert anders, ob es auch besser ist, entscheidet jeder für sich – frei nach dem Motto «to be or Splätterli».
Bote der Urschweiz
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Bote der Urschweiz
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