Nicht wie gewünscht: Nationalrätin Jacqueline Fehr erfuhr, dass ein Vorwärtskommen in der Politik wie in der Musik nicht immer einfach ist.
Nicht wie gewünscht: Nationalrätin Jacqueline Fehr erfuhr, dass ein Vorwärtskommen in der Politik wie in der Musik nicht immer einfach ist.
Lebensfroh: Musiklehrerin Daniela Paganini hatte die Musiker mit ihrem Charme und ihrer Lebensfreude schnell in der Hand. Bilder Christian Ballat
Lebensfroh: Musiklehrerin Daniela Paganini hatte die Musiker mit ihrem Charme und ihrer Lebensfreude schnell in der Hand. Bilder Christian Ballat
Einblick: Dirigentin Graziella Contratto gab «Berufsgeheimnisse» preis. Klare Linie: Regierungsrat Walter Stählin zeigte seine Autorität.
Einblick: Dirigentin Graziella Contratto gab «Berufsgeheimnisse» preis. Klare Linie: Regierungsrat Walter Stählin zeigte seine Autorität.

Dies & Das

Wenn Politiker den Takt angeben

Von abgehackt-chaotisch bis feinfühlig-harmonisch führte die Reise am Podium der musikalischen Art im Theresianum. Star des Abends war eine Schubertmelodie. Sechs Neudirigenten liessen sie in ihrer Weise erklingen und dabei das Publikum eintauchen in die Welten der Macht, der Führung, des Spiels und der Freude.

Musik führte Menschen aus aller Welt im Theresianum zusammen. Stardirigentin Graziella Contratto zügelt ihren Wohnsitz vom französischen Lyon ins bernische Wohlen, Gerhard Schmitt verlegt seinen Arbeitsplatz von der ETH Zürich nach Singapur. Getroffen haben sie sich vor grossem Publikum in der Aula des Theresianums mit Regierungsrat Walter Stählin, Nationalrätin Jacqueline Fehr und drei Vertreter des Theresianums – Bildungsdirektor Clemens Gehrig, Musiklehrerin Daniela Paganini und Schülerin Irene Nick. Gemeinsam gestalteten sie ein Podium der musikalischen Art. Dabei griffen sie selbst zum Taktstock. Koordination und Ausdruck «Der Dirigent muss einem Musiker nicht dessen Instrument vorspielen können. Vielmehr ist es seine Aufgabe zu wissen, wie alle Instrumente des Orchesters zusammenpassen», hielt die in Schwyz aufgewachsene und weltweit anerkannte Dirigentin Graziella Contratto in ihrem Einführungsreferat fest.

Koordination warKernstück

Die Koordination aller einzelnen Individuen sei Kernstück der Aufgabe. An zwei Beispielen zeigte sie, wie unterschiedlich Dirigenten Impulse geben. Immer wieder liess Graziella Contratto Paralellen einfliessen. Führung, Respekt und Spiel seien überall anzutreffen, auch in der Politik oder in der Bildung. Damit leitete die Dirigentin über zum eigentlichen Höhepunkt des Abends. Sechs Persönlichkeiten versuchten, die acht Profimusiker mit dem Taktstock zu bewegen und daraus einen Genuss für die Ohren entstehen zu lassen.

Spiel mit der Macht

Als Erster wagte sich Regierungsrat Walter Stählin auf die Bühne. Magistral stand er da und führte den Taktstock souverän. Sehr zum Vergnügen der Gäste verlangsamte er an unerwarteten Stellen das Tempo, um es gleich wieder ansteigen zu lassen. «Ich habe schnell gemerkt, dass Profispieler mit gut gestimmten Instrumenten am Werk sind», zog er eine erste Bilanz. «Und die haben gemacht, was ich wollte.» Schnell wurde dagegen bei Musiklehrerin Daniela Paganini klar, dass sie nicht zum ersten Mal dirigierend vor einer Gruppe stand. Ihre Lebensfreude strahlte schnell auf die Musiker über, die Schubertmelodie wurde zu einem frohen Hörgenuss.

Noten statt Takt

Der Vizepräsident der ETH Zürich, Gerhard Schmitt, hatte da anfänglich etwas mehr Mühe. Er liess sich von der Melodie hinreissen und schwang den Stock bald nicht mehr im Takt, sondern praktisch mit jeder gespielten Note. Schnell begann das Orchester «auseinanderzufallen». Wenn die Musiker nicht mehr wissen, was der Dirigent eigentlich will, dann werde es schwierig, analysierte Graziella Contratto. Führung sei wichtig, aber die eigene Kreativität auch. «Die Musiker brauchen Impulse, dann läuft es von selbst.» Nicht einfach war es für Nationalrätin Jacqueline Fehr. Sie dirigierte zwar mit einem bestimmten und intensiven Gesichtsausdruck sehr diszipliniert, die Musik aber ertönte im Bummelzugtempo. «Ich hätte gerne schneller dirigiert. Es kam mir vor wie in der Politik, irgendwie ging es einfach nicht.»

Eingriff ins Urheberrecht

Der Bildungsdirektor des Theresianums liess sich bei seinem Versuch beflügeln von den Erfahrungen der anderen. So steuerte er nach Belieben Tempo und Lautstärke. Graziella Contratto sprach von einem klassischen Eingriff ins Urheberrecht des Komponisten. Denn da, wo die Partitur eine anschwellend-laute Passage vorsah, liess er die Musiker immer leiser werden.

Schülerin begeisterte

Für Begeisterung sorgte auch der abschliessende Auftritt der Schülerin Irene Nick. Sie spielte charmant mit Musikern und Werk. Etwas verlegen kam dann ihr Fazit über die Lippen: «Es ist schon eindrücklich, wie ich hier meine Macht spüren konnte.»

Sich selbst bleiben

Graziella Contratto zeigte sich nach dem Podiumsabend tief beeindruckt vom Erlebten. Es habe sich einmal mehr gezeigt, dass Musik Körper, Seele und Geist miteinander verbinden. Sind diese im Einklang, so könne vieles bewegt werden. Angetan war die Dirigentin von der Bereitschaft der sechs Persönlichkeiten, sich auf der Bühne zu exponieren.

Autor

Bote der Urschweiz

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Publiziert am

01.07.2010

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www.schwyzkultur.ch/7rKGVX