An der Buchvernissage im Foyer des Theaters Luzern interviewte die Lektorin Liliane Studer (links) die Autorin Martina Clavadetscher zu ihrem neuen Buch. Bild Silvia Camenzind
An der Buchvernissage im Foyer des Theaters Luzern interviewte die Lektorin Liliane Studer (links) die Autorin Martina Clavadetscher zu ihrem neuen Buch. Bild Silvia Camenzind

Literatur

Sofia rennt, und die Leser rennen mit

Martina Clavadetscher nennt ihre Erzählung «Sammler» einen Scheinkrimi, denn ihr Erstling handelt von einem Mord, aber nicht nur.

Martina Clavadetscher hat ihr erstes Buch geschrieben. Es ist eine Erzählung. Es geht um eine zufällig entdeckte Sammlung von Gedichten. Das klingt ziemlich ereignislos, zeitlos auch, ist es aber nicht. Es ist ein modernes Buch. Die Sammlung nämlich fällt der Journalistin und Literaturkritikerin Sofia in die Hände, und sie lässt sie nicht mehr los. Sie will wissen, was dahintersteckt. In ein Heft geklebt sind Gedichte bekannter Dichter wie Heinrich Heine, Conrad Ferdinand Meyer oder Franz Kafka. Martina Clavadetscher schreibt selber auch Gedichte: «Sie entstehen flüchtig, es sind so Blitze», erklärte sie am Sonntagabend an der Buchvernissage im Foyer des Theaters Luzern vor rund 30 Personen.

Randnotizen wecken Neugier

Als Studentin kaufte Martina Clavadetscher jeweils in Antiquariaten Bücher. Da gebraucht, waren sie mit handgeschriebenen Randnotizen versehen. Das regte die Fantasie der Autorin an. In ihrem Debüt sind diese Randnotizen nun zentral, denn sie wecken die Neugier der Protagonistin Sofia, die das mysteriöse Buch gefangen nimmt.

Puzzleteilchen in der Krimispur

Als ein Zettel aus dem Buch fällt, geht Sofia dieser Spur nach und erfährt tatsächlich mehr und mehr. Das treibt die Geschichte voran, dazu sind es immer wieder die Zitate aus den Gedichten, die sich vieldeutig interpretieren lassen, ein Puzzleteilchen hinzufügen und dennoch vieles offen lassen. Das macht die Autorin ganz raffiniert. Sofia rennt los und der Leser mit ihr. Es ist diese Krimispur, die Sofia am Schluss, so lässt sich vermuten, in die richtigen Arme treibt.

Der Gedichtband als Flucht

Doch es gibt in dieser Geschichte auch Nebengeleise. Die Hauptfigur scheint sich lieber mit dem Gedichtband zu beschäftigen als mit sich selber. Der mysteriöse Band ist gelegene Flucht aus der Realität. Denn Sofia steckt seit einem Schicksalsschlag in einer gefühllosen Leere. Das wird subtil beschrieben, in den zwischenmenschlichen Begegnungen, in ihrer Lust und Bindungsunfähigkeit. Neben dem Rätsel mit den Gedichten finden sich auch Reflexionen, in denen man sich wiedererkennt. Sei es, was einem Gedichte bedeuten, wie wertlos Sammeln wird, wenn man über den Tod der Liebsten trauert, die doch so viel bedeutender waren als alles Materielle zusammen. Das Buch hat 139 Seiten. Man liest es zügig und gerne. Martina Clavadetscher hat diese Affinität zur Sprache, diese Leidenschaft für das geschriebene Wort, und sie versteht es, Gedanken und Gefühle zu beschreiben, in denen sich der Leser wiedererkennt. Ein Buch also, aus dem man etwas für sich rausnehmen kann.

«Das ist genau wie ich»

Davon sprach Martina Clavadetscher auch an der Vernissage. Im besten Fall ist es so, dass der Leser sagt: «Stimmt, das ist genau wie ich.» Sie erklärte auch ihre Faszination für die Sprache: «Kennt man die Regeln, kann man alles damit machen.» Und habe man die Faszination, dann sei man verloren. «Im positiven Sinne», ergänzt sie. Dem Debüt werden garantiert weitere Bücher folgen.

Sammler

Martina Clavadetscher
Erschienen im Verlag Martin Wallimann

Bote der Urschweiz

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

08.04.2014

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