Die Bücher über die Krankenpflege als Mission: Schwester Liliane Juchli hat ihr Krankenpflegebuch immer wieder überarbeitet, dem Wandel der Zeit und ihren neuen Erkenntnissen angepasst. (Bild: Marianne Pletscher)
Die Bücher über die Krankenpflege als Mission: Schwester Liliane Juchli hat ihr Krankenpflegebuch immer wieder überarbeitet, dem Wandel der Zeit und ihren neuen Erkenntnissen angepasst. (Bild: Marianne Pletscher)

Literatur

Vom Naturtalent zum Vorbild

Die Ingenbohler Ordensschwester und Pflegefachfrau Liliane Juchli erreichte mir ihren Büchern eine Millionenauflage. Eben wurde sie in einem Film porträtiert, und heute erscheint ein Buch über ihr Leben.

Am Sonntagmorgen in der «Sternstunde» am Schweizer Fernsehen: Schwester Liliane Juchli steigt im Porträt von Marianne Pletscher in ihrem Büro auf einen Stuhl und zeigt im obersten Regal ihr Lebenswerk. Ihre Bücher über die Krankenpflege erreichten eine Millionenauflage. Locker kommt sie zurück auf den Boden – die Frau, die dieses Jahr 80 Jahre alt wird und über die auf Wikipedia steht: Sie hat die Entwicklung, Professionalisierung und Lehre der Pflege im gesamten deutschen, zum Teil auch im holländischen und italienischen Sprachraum Europas in den letzten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts tiefgreifend und nachhaltig beeinflusst. «Der Juchli» nennen Pflegefachleute in der Umgangssprache das Lehrmittel. Und die Autorin, die Juchli? Sie strahlt im Filmporträt Lebensfreude und Jugendlichkeit aus, hat Schalk in den Augen, ist voller Energie.

Vater war gegen Eintritt in Orden

Schwester Liliane wurde 1933 geboren. Getauft auf den Namen Klara, wuchs sie im aargauischen Nussbaumen auf. Obwohl ihre Mutter für sie eine Saallehre vorgesehen hatte, setzte sie sich durch und konnte in Zürich am Theodosianum Krankenschwester erlernen. Mit 17 Jahren traf es sie mitten auf der Strasse wie ein Blitz: «Ich gehöre ganz meinem Gott. Für immer.» Ein Geheimnis hatte sie ergriffen. Klara Juchli wollte Missionarin werden. Sie trat in den Orden der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz in Ingenbohl ein, dies gegen den Willen ihres Vaters. Im Buch von Trudi von Fellenberg-Bitzi, das heute in Zürich Vernissage feiert, sagt Schwester Liliane dazu: «Es brauchte noch viele Jahre, bis er sich mit mir und meinem Weg aussöhnen konnte.»

Von der Wandtafel zum Buch

Weil das Leben das ist, was einem zwischen den Plänen passiert, wurde es nichts mit dem Wirken in der Mission. Die junge Krankenschwester wurde gebraucht und schon an der Kaderschule für die Krankenpflege als Naturtalent entdeckt. Als Klosterfrau dem Gehorsam verpflichtet, musste sie in St. Gallen als Schulschwester die Schülerbetreuung übernehmen. Sie war eine strenge und fürsorgliche Schulschwester, die mit grosser Berufserfahrung ins Unterrichten einstieg, nur gab es damals keine Lehrmittel. Die Schülerinnen schrieben ihre Wandtafelbilder ab, später wurden mit dem Umdrucker Alkoholmatrizen erstellt. Eine Mitschwester hatte die Idee, das Material zu sammeln und den Schülerinnen Unterlagen in einem Ringheft abzugeben. Im Frühling 1969 war das Handbuch fertig, es hiess «Umfassende Krankenpflege», es war im A4-Format, 500 Seiten stark. Bald schon war es unter Insidern ein heisser Tipp. Ein medizinischer Fachverlag wollte das Lehrmittel herausgeben. Liliane Juchli ahnte bereits zu jenem Zeitpunkt, dass irgendeinmal die ganze Arbeit an ihr haften würde. Sie wuchs an ihrer Aufgabe: Das Schreiben wurde ihre Mission. Heute lebt Schwester Liliane Juchli im Theodosianum in der Stadt Zürich. Ihre Agenda ist reich befrachtet. Sie hält Vorträge über die «Pflegegeschichte» oder über «Spiritualität und Sinnfindung in der Pflege».

Gestärkt nach tiefer Krise

Liliane Juchli musste in ihren besten Jahren, als 45-Jährige, durch eine tiefe Krise. Der Beruf und das Schreiben des Manuskripts für eine Neuauflage ihres Buches forderten sie aufs Äusserste. Sie litt an einem Burnout: «Die Depression verschlingt mich, und keiner kann mich erreichten – nichts und niemand», hielt sie damals im Tagebuch fest. Die Krise dauerte lange und erschütterte die Klosterfrau in ihrem Innersten. Die Depression verarbeitete Liliane Juchli in Buchform. Danach kehrte sie gestärkt zurück. Neue Erkenntnisse einer ganzheitlichen Pflege wurden in die Neuauflage ihres Lehrmittels aufgenommen. Sie reiste viel, hielt Vorträge und erhielt die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg.

«Sternstunde»

Wiederholung am Samstag, 2. März, um 07.45 Uhr auf SRF info oder zurzeit noch als Online-Stream.

Buch

«Liliane Juchli – ein Leben für die Pflege» von Trudi von Fellenberg-Bitzi, Thieme Stuttgart 2013.

Film

«Le

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

26.02.2013

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www.schwyzkultur.ch/s43HcN