Aus der halben Schweiz zusammengewürfelt: (v.l) Patricia Ulrich, Clarigna Küng, Andreas Gabriel und Barbara Betschart , Pirmin Huber, Fabian Müller, Christoph Pfändler, Markus Flückiger, Andreas Ambühl und Dani Häusler. Bild Ivan Steiner
Aus der halben Schweiz zusammengewürfelt: (v.l) Patricia Ulrich, Clarigna Küng, Andreas Gabriel und Barbara Betschart , Pirmin Huber, Fabian Müller, Christoph Pfändler, Markus Flückiger, Andreas Ambühl und Dani Häusler. Bild Ivan Steiner

Musik

Flückigers Ethno-Feuerwerk gezündet

Er löst musikalische Grenzen auf, holt seine Inspiration an jeder Ecke und hat daraus eine fantastische Volksmusik-Suite gemacht: Komponist Markus Flückiger und seine «AlpeNordsitige».

Was haben die «jungen Wilden» da nur angerichtet? Gut, ganz jung sind sie auch nicht mehr, und die Wildheit ist heute gefragt wie nur etwas. Diese neuen Volksmusiker haben die Szene tüchtig aufgemischt, alten Staub weggefegt und der Volksmusik bei allem Respekt für Tradition ein begeisterndes Retrofit-Programm verpasst. Ganz vorne dabei: Markus Flückiger. Ein Konzentrat seiner Ideen und seines untrüglichen Gefühls für Volksmusik wird von seinem Orchester «AlpeNordsite» umgesetzt. Am Samstagabend trat dieses Ensemble auf, vor ausverkauftem Haus im Salon des Grand Palais in Brunnen.

Eigentlich sieben Schloffä-Tänzchen

Aufgeführt wurde der «Schloffä-Tanz». Mit einer engen Kammer – einem Schloffä – hatte das aber gar nichts zu tun. Das war schon grosse Musik und grosses Kammerorchester, faszinierend besetzt mit drei Geigen, Bass, Cello, Klavier, Hackbrett, zwei Klarinetten und natürlich demSortiment von Flückigers Schwyzerörgeli und diatonischen Handorgeln. Das Gesamtwerk einzuordnen, ist schwierig, am ehesten kann es unter Volksmusik-Suite laufen. Genau gesehen wurden aber sieben einzelne Kompositionen aufgeführt, die unter den Titeln «Gueti Besserig», «Gibel», «Wurmloch », «Hinkebein», «Mondliecht», «Rophaien » und «Furggele» laufen, sich aber als Gesamtwerk ausbilden lassen und dabei wie klassische Sätze eigenen Charakter behalten. In diesem Feuerwerk findet dann die grosse Überraschung statt, die Begeisterung für Flückigers Kreationen. Er verwebt den Klang und den Charakter der Instrumente auf ganz neue Art ineinander.

Verbindend

Der Urklang schweizerischer Volksmusik verbindet sich mit Elementen der Welt-Ethno-Musik, Harmonien fliessen in Dissonanzen über, Tempi wechseln, Rhythmen variieren raffiniert, und die ganze Komposition steigert sich von Satz zu Satz mehr, es wird geradezu ekstatisch. Plötzlich glaubt man Tango zu hören, dann tauchen mit den schnellen Geigen irische Tanzelemente auf, oder Kletschmer, oder Englischwalzer, und halluzinativ glaubt man sogar, der Bass spiele Didgeridoo. Oder im fünften Satz, da wird es rockig wie nur etwas. Flückiger kennt keine Grenzen, er löst sie alle auf und hat ein Welt-Ethno- Konzert zu bieten. Auch die «Abfalltöne », wie Flückiger sie nennt, haben Platz: Klappengeräusche, gelegentlich ein stampfender Fuss, das Schnaufen des Orgelbalgs, das Ganze lebt. Das Publikum reagiert mal verblüfft, mal staunend, dann strahlend und total begeistert. Auch weil dieses Ensemble hervorragender Musikerinnen und Musiker seine Spielfreude spüren lässt. Wenn während der Aufführung sogar die Musiker bei aller Konzentration strahlen und lächeln, dann kann es nur gut sein. Dieses Konzert hat gezeigt, dass die schweizerische Volksmusik dank einer neuen Generation von technisch hervorragend ausgebildeten, talentierten und virtuosen Musikern völlig neue Impulse erhalten hat. Höchst erstaunlich ist eigentlich nur, dass diese «Schloffä-Tänz» jetzt erst zum dritten Mal aufgeführt worden sind. Noch etwas zur akustisch hervorragend geeigneten Lokalität: Der Saal aus der Belle Epoque war von einem Hauch an Besonderheit umwebt, wie Flückigers Kompositionen.

Bote der Urschweiz (Josias Clavadetscher)

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

18.05.2015

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