Brauchtum / Feste
«Möchten Sie hier wohnen, Herr Brunner?»
Der Denkmalpfleger führte eine Gruppe von 50 Personen durch den Ortskern. Es war ein Gang durch einen Ort, der sich wandelt. Die geballte Ladung von Baugespannen zeugt davon.
Der Denkmalpfleger des Kantons erklärt auf Einladung von SchwyzKulturPlus den Dorfkern von Brunnen. Diesen Abendspaziergang liessen sich 50 Personen, die Hälfte davon Einheimische, am Mittwochabend nicht entgehen. Erste Station war das Susthaus, gleich gegenüber dem ehemaligen Kino. Das ehemalige Theater wird einem Neubau weichen. Das Susthaus ist im kantonalen Inventar geschützter und schützenswerter Bauten, Kigbo, enthalten. Hier lernte man vom Denkmalpfleger, dass aber auch Häuser, die als Einzelnes nichts Spezielles sind, im Ensemble mit anderen Häusern als Ganzes eine Identität haben, die man schützen will.
Man dürfe keinen Freipass geben
Genau darum ging es beim zweiten Halt: Zwei nicht geschützte Häuser an der Ecke der Alten Gasse sind Zeugen dieses im Ensemble wirkenden Ortsbildschutzes. «Hier ist die historische Situation noch vorhanden», erklärte Brunner. «Wollen Sie hier wohnen, Herr Brunner?», konterte ein Teilnehmer, der nicht verstehen konnte, warum in diesem Fall nicht Hand geboten wird. Der Denkmalpfleger gab zu bedenken, dass es nie darum gegangen sei, dass man die Häuser nicht ersetzen dürfe. Es gehe um öffentliches und privates Interesse. Man dürfe keinen Freipass geben. «Dass nicht jeder machen kann, was er will, kennen wir aus dem Strassenverkehr», so Brunner.
Des Denkmalpflegers geschultes Auge sieht mehr
Es gab in der weiteren Diskussion keine Annäherung der beiden Positionen. Brunner meinte: «Wenn man den Wert des Hauses nicht sieht, wird es schwierig. » Da wusste man als Laie, dass des Denkmalpflegers geschultes Auge mehr sieht oder anders schaut als die Augen der Laien, die ihm nun durch die einst bedeutende Alte Gasse vorbei an der im Kigbo enthaltenen kleinen Kapelle Richtung See folgten.
Rekonstruiert, eine Theaterkulisse
Am See, bei der Skyline der einstigen Hotelbauten, wies Thomas Brunner auf die Trauflinie bei den Dächern hin. Erst auf seinen Hinweis hin sieht man, dass sie sich über die Dächer hinweg auf gleicher Höhe hinzieht. Vor der Bundeskapelle sagt der Denkmalpfleger, dass sich hier nicht viel verändert habe. Doch die Fassade des «Schiltä-Nüüni» gibt zu reden. Nach einer Stunde Spaziergang mit wachem Blick auf Brunner Häuserfassaden springt die rekonstruierte Fassade tatsächlich ins Auge. «Es ist eine Theaterkulisse, dahinter sind die Häuser neu. Das kann nicht das Prinzip sein», erklärt der Denkmalpfleger. Man begreift, was er meint, wenn er davon spricht, dass Identität verloren gehe. Doch welche Gebäude soll man erhalten? Das sei eine politische Frage, erklärt der Denkmalpfleger. Einige Schritte weiter, an der Gersauerstrasse vor der ehemaligen Garage Inderbitzin erklärt Brunner, dass da Gewerbe am falschen Ort sei, man also einen Wohnbau realisieren könne. Doch wie weit darf man einen neuen Weg gehen? In Zusammenarbeit mit der Gemeinde habe man einen guten Weg gefunden. «Was entsteht, wird nicht allen Leuten gefallen. Es geht um einen guten Kompromiss, mit dem man leben kann», erklärt Brunner. Angesichts der omnipräsenten Baugespanne und der sanierungsbedürftigen Bauten, an denen man beim Spaziergang entlangging, wird sich Brunnen stark wandeln. Es wird noch mancher Kompromiss nötig sein.
Bote der Urschweiz (Silvia Camenzind)
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Bote der Urschweiz
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