Der Inhaber Arno Müller mit genähten Schindeln. Bilder Urs Attinger
Der Inhaber Arno Müller mit genähten Schindeln. Bilder Urs Attinger

Dies & Das

Die Zeit der Schindeln ist noch nicht vorbei

In Pfäffikon produziert die Firma «Schindeli Müller» pro Jahr Schindeln für rund hundert Bauten. Hergestellt werden die Schindeln in halbautomatischen Verfahren an selber entwickelten Maschinen.

In der Schindelmacherei an der Rösslimatte in Pfäffikon rattern die Maschinen. Geruch von Holz liegt in der Luft. Auf drei Etagen befinden sich die Produktion und das Lager. Draussen lagern dicke Stämme. Der Inhaber Arno Müller schaut auf eine lange Familientradition zurück. Seine Vorfahren haben bereits im 16. Jahrhundert im Winter Schindeln hergestellt – von Hand notabene und für den Gebrauch im näheren Umkreis. Dem Ur-Urgrossvater Kaspar Müller (1830-1896) glückte dann erstmals die Herstellung einer Schindelmaschine mit einem Messer. Urgrossvater und Grossvater trugen den Namen Peter Müller. Sie entwickelten die Mechanisierung des Schindelhandwerks weiter und gründeten eigene Betriebe in Horgen und seit 1924 in Pfäffikon. Insbesondere der gelegentlich noch aktive Vater von Arno, Peter Müller (geboren 1935), hat mangels Ausbildungsplatz keine Lehre als Schindelmacher absolviert, sondern die des Werkzeugmachers. Dies erlaubte ihm, Maschinen für die Schindelherstellung selber zu konstruieren und zu unterhalten. Der heutige Inhaber Arno Müller ist dem Beispiel des Vaters gefolgt und liess sich ebenfalls zum Werkzeugmacher ausbilden. Ob jemand der nächsten Generation auch Freude am Schindelmachen hat, muss sich erst noch zeigen.


Holz nähen


Ursprünglich bestand das Schindelmachen daraus, Fichten- oder Lärchenholz mit Beil und Messer so weit zu spalten, dass nur noch dünne Plättchen – Schindeln – übrigblieben. Bauern wie Peter Müllers Vorfahren übten diese Tätigkeit als Winterbeschäftigung aus. Heute sind in der Schindelfabrik Pfäffikon die meisten Arbeitsschritte halbautomatisch eingerichtet. Doch es braucht immer noch menschliche Arbeitskräfte, die Firma zählt fünf Mitarbeiter, inklusive den Geschäftsführer. Zu den Maschinen gehört zum Beispiel ein grosses Schindelrad, an den ein Mitarbeiter die Holzstücke mittels eines Holzdaumens hält. Heraus kommen konische Schindeln, die von zwei Mitarbeitenden sortiert und an die Stanzmaschine übergeben werden, wo die definitive Form entsteht. Dann ist da natürlich die klassische Spaltmaschine, die die 20 bis 40 Zentimeter hohen Rugel in sogenannte Mösel spaltet. Die genialste Erfindung scheint jedoch eine Schindelnähmaschine zu sein. «Alle haben sich an den Kopf gegriffen, als wir bekannt gaben, Holz nähen zu wollen», beschreibt es Arno Müller. Doch er zeigt es vor. Der weisse Faden hält etwa zweimal zehn Schindeln zusammen. Diese Art der Fabrikation trägt der Forderung Rechnung, möglichst viele Arbeitsschritte im Betrieb und nicht erst auf der Baustelle auszuführen. «Schindeln isolieren gut, regulieren den Wasserdampfhaushalt eines Gebäudes optimal und sind aus einem einheimischen, nachwachsenden Rohstoff», macht Arno Müller Werbung für sein Produkt. Noch heute seien viele Häuser im Toggenburg, in Luzern oder Schwyz mit Schindeln eingekleidet. Seine Firma stellt Schindeln für rund 100 Bauten im Jahr her. Die Lärchen- und Fichtenstämme müssen im Winter geschlagen worden sein und kommen oft aus dem Kanton Graubünden. 500 Kubikmeter Holz gelangen in Pfäffikon jährlich zur Verarbeitung.


Berühmte Referenz


Anschauungsobjekte von Gebäuden, die mit Schindeln von «Schindeli Müller» gefertigt wurden, gibt es jede Menge. In der March zum Beispiel der Kirchturm von Altendorf oder in den Höfen die Mehrfamilienhäuser Rietbrunnen in Pfäffikon. Willerzell, Sumvitg, Egg ZH, Weesen, Ebnat-Kappel, Wattwil sind einige wenige der vielen weiteren Standorte. Auch ein ganz Berühmter ist darunter. «Die Kirche St. Peter in Zürich mit dem grössten Zifferblatt Europas trägt auf dem Dach unsere Schindeln», sagt Arno Müller.


Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Urs Attinger

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Publiziert am

19.07.2019

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