Sie prägten zusammen mit Pater Theo Flury den Abend (von links): Abt Urban Federer, Pater Thomas Fässler, Prof. Dr. André Holenstein (Doktorvater, Uni Bern) sowie Prof. Dr. Markus Ries (Zweitgutachter, Uni Luzern). Fotos: Patrick Schönbächler
Sie prägten zusammen mit Pater Theo Flury den Abend (von links): Abt Urban Federer, Pater Thomas Fässler, Prof. Dr. André Holenstein (Doktorvater, Uni Bern) sowie Prof. Dr. Markus Ries (Zweitgutachter, Uni Luzern). Fotos: Patrick Schönbächler
Pater Thomas Fässler während seiner Ansprache im Grossen Saal.
Pater Thomas Fässler während seiner Ansprache im Grossen Saal.

Literatur

Ein Fürstabt im Wolkenbruch

Am Sonntag fand im Kloster die Vernissage von Pater Dr. Thomas Fässlers Dissertation «Aufbruch und Widerstand. Das Kloster im Spannungsfeld von Barock, Aufklärung und Revolution» statt. Das von der Universität Bern angenommene Werk ist die beste im vergangenen Jahr an dieser Universität abgegebene Doktorarbeit.

Sowohl die Masterarbeit von Pater Thomas Fässler, «Die Klostergeschichte von 1934 bis in die Gegenwart » (2013), als auch die genannte, im vergangenen Jahr an der Universität Bern abgegebene Dissertation, stehen in einer Reihe von Werken, welche die Arbeiten von Pater Odilo Ringholz und auch Pater Rudolf Henggeler zur Geschichte des Klosters Einsiedeln fortsetzen und ergänzen. Und doch nicht ganz. Die Dissertation von Pater Thomas Fässler nimmt für sich nicht mehr in Anspruch, Äbte und ihre Handlungsweisen in einem möglichst vorteilhaften Lichte darzustellen, sondern folgt den heute gängigen wissenschaftlich- objektiven Kriterien.


Mit Wohlwollen und Humor


Abt Urban Federer nahm dies in seiner Begrüssungsansprache mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis. Der Grosse Saal des Klosters, für einmal mit Bestuhlung gegen die Gemäldegalerie ausgerichtet, war praktisch voll. Gut 150 Personen lauschten den Ansprachen und der Laudatio. Diesen war gemeinsam, dass sie das Werk, dessen Entwicklung und den Autor mit viel Wohlwollen und Humor würdigten. Umrahmt wurde der festliche Anlass mit musikalischen Darbietungen zum einen des Stiftsorchesters unter der Leitung von Lukas Meister und zum anderen der Solisten Muriel Fässler (Orgel), Yuma Stäubli (Violine) und Timo Zosso (Trompete). Zum Werkthema passend gelangten Werke von Händel, Beethoven und Hummel zur Aufführung.


«Protestantische» Selbstdisziplin


Die Laudatio wurde von Doktorvater Prof. Dr. André Holenstein von der Universität Bern gehalten. Dieser (und auch sein Kolloquium) schätzte nicht nur den Austausch mit dem Einsiedler Benediktiner im reformierten Bern, sondern würdigte auch die grosse, protestantisch anmutende Selbstdisziplin des Doktoranden, der seine Arbeit im Eiltempo vorgelegt habe. Einen gewissen Neid auf die Leistungsfähigkeit des monastischen Prinzips konnte und wollte der Laudator hierbei nicht verbergen. Die Dissertation von Pater Thomas Fässler beleuchtet Fürstabt und Kloster im Spannungsfeld von Barock, Aufklärung und Revolution vorab im Zeitraum zwischen 1770 und 1803. Fässler habe hierfür Bibliotheken und Archive in Wien, Paris und Rom besucht und sich sehr intensiv mit Quellenarbeit befasst. Es handle sich um eine eigentliche Kulturgeschichte, so der Laudator. Es gehe nicht bloss um den – lange verkannten – Einfluss und Niederschlag der Spätaufklärung im Kloster und bei seinen Mönchen, sondern es liege vielmehr eine eigentliche Fallstudie zur damaligen populären Frömmigkeit, zur Migration (zahlreiche Revolutionsflüchtlinge flüchteten nach Einsiedeln) und zur Kriegsund Diplomatiegeschichte vor (das Kloster als Hort und Geldgeber der Konterrevolution). Eine wichtige Rolle würden dabei die Selbstzeugnisse der Protagonisten, allen voran dasjenige des letzten Fürstabtes Beat Küttel in seinem Tagebuch, einnehmen.


Wolkenbruch auf Morgenrot?


Pater Thomas Fässler schilderte in sympathischen und bescheidenen Worten, was ihn bewogen hat, das erwähnte Thema zu bearbeiten. Die letzte Schwierigkeit sei der Titel gewesen, wobei es klosterintern nicht an guten Vorschlägen gemangelt habe. Auf «Neue Stimmen in alten Gängen» oder «Wolkenbruch auf Morgenrot», anlehnend an die revolutionären Ereignisse nach 1789, welche das Ancien régime und den Fürstabt wegschwemmten, sei dann doch verzichtet worden. Auch ein Besuch auf dem Polizeiposten Einsiedeln habe nicht gefehlt, so der Autor mit einem Schmunzeln. Ihm waren in Luzern nämlich Koffer, Notizen und Bücher abhanden gekommen. Seine Ausführungen schlossen mit Dankesworten, vorab gerichtet an Abt Dr. Urban Federer, seine Eltern, seinen Doktorvater und den ebenfalls anwesenden Zweitgutachter Prof. Dr. Markus Ries von der Universität Luzern, den Stiftsarchivar Pater Dr. Gregor Jäggi sowie seine Mitbrüder im Kloster, die Schwestern im Kloster Fahr, die ihn während der Arbeit umsorgt hatten, und letztlich den Einsiedler Thesis Verlag mit Dr. Stephan Zurfluh und Detta Kälin. Die Vernissage endete mit einem eindringlichen Appell von Pater Dr. Theo Flury, der sinnig und humorvoll als Moderator durch den Abend geführt hatte. Das Kloster sei ein «Gesamtprojekt», in dem Forschung und die Freiheit, Kultur zu schaffen, unbedingt zu bewahren seien. Dem kann man sich nur anschliessen. Die Anwesenden bedankten sich für die kurzweiligen 90 Minuten mit einem langen, herzlichen Applaus. Die Vernissage endete in der Gartenhalle mit einem Apéro, gestiftet von den Alumni.


Veranstaltungshinweis


Vortrag von Pater Thomas Fässler «Die Fürstabtei Einsiedeln inmitten der Stürme der Französischen Revolution », Samstag, 23. März, 19 Uhr, Vortragssaal Alte Mühle, Kloster Einsiedeln.


Einsiedler Anzeiger / PS.

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

12.02.2019

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