Bücher aus dem Benziger Verlag und Gegenstände aus der Sammlung Karl Hensler (Tell).
Bücher aus dem Benziger Verlag und Gegenstände aus der Sammlung Karl Hensler (Tell).
«Die Sammlungen, wie hier des Benziger Verlags, sind ein Hort der Inspiration»: Walter Kälin im Archiv des Fram Museums. Fotos: Victor Kälin
«Die Sammlungen, wie hier des Benziger Verlags, sind ein Hort der Inspiration»: Walter Kälin im Archiv des Fram Museums. Fotos: Victor Kälin

Dies & Das

«Ab und zu fällt mir eine Idee zu – ein Zufall eben»

Als Programmleiter sorgt Walter Kälin seit Jahr und Tag für anregende Abende im Museum Fram. Der EA erkundigte sich, wie er all die spannenden Leute vor sein Mikrofon kriegt.

Ein Berufs-Leben lang war Walter Kälin bei Schweizer Radio DRS. Im August 2009 wurde er, damals als stellvertretender Programmleiter und Bereichsleiter Moderation und Musik von DRS 1, im Alter von 62 Jahren vorzeitig pensioniert. Nationale Bekanntheit erreichte er als langjähriger Moderator der Sendung «Persönlich». Wäre der heute 76-Jährige noch immer beim Schweizer Radio, wäre Walter Kälin wahrscheinlich immer noch Stellvertreter des Chefs. Im Fram-Club hat er es aber zum Programmleiter gebracht. Das Programm ist entsprechend glanzvoll (siehe Kasten).

Victor Kälin: Wie schaffen Sie es nur, Jahr für Jahr mit einem derart spannenden Programm zu überraschen?


Walter Kälin: Das ist von verschiedenen Zufällen abhängig – von den Ausstellungen des Museums Fram, den Autoren des früheren Benziger Verlages, von Anlässen in Einsiedeln, die mich inspirieren … Und dann gehe ich mit offenen Augen durch die Welt und lese viel, vor allem Zeitungen. Und so geschieht es, dass mir ab und zu etwas zufällt. Ein Zufall eben.

Nehmen wir den nächsten Anlass vom 2. Februar: Da blickt Pirmin Meier hinter die Kulissen von Thomas Hürlimanns neuestem Roman «Der Rote Diamant ». Ein doppelter Leckerbissen. Ich nehme an, Sie haben kurz mal zum Hörer gegriffen und Meier sagte: Selbstverständlich! Punkt. Fertig?


Nein. Gerade diese Veranstaltung kam ganz anders zustande, als es üblicherweise der Fall ist. Es war Pirmin Meier, der das Museum Fram anfragte. Diese Idee ist also nicht auf «meinem Mist» gewachsen. Ich dachte zwar auch an diesen Roman. Aber Hürlimann habe ich in den letzten fünf Jahren bereits zweimal in der Fram interviewt. Und zudem habe ich mit dem «Roten Diamanten» meine liebe Mühe; das Buch habe ich nur mit Mühe fertig gelesen. Und in dieser Situation klopft Meier bei uns an! Wir überlegten im Vorstand, ob das gut kommt …

Ob das gut kommt?


Meier weiss ungeheuer viel, kommt vom Hundertsten ins Tausendste und überfordert manchmal das Publikum. Wir sagten ihm trotzdem zu.

Weshalb?


Pirmin Meier ist so gebildet und – im Gegensatz zu mir – dermas-sen vom «Roten Diamanten» begeistert, dass das mit Sicherheit gut kommt.

Einen Monat später gibts bereits das nächste Schmankerl: Unter dem sinnigen Titel «Der Maler und sein Porträtist» bitten Sie im März Christian «Jimmy » Lienert und Filmemacher Franz Kälin in die Fram. Einsiedlerisches pur! Was hat es damit auf sich?


Es gibt zwei Stränge: Einerseits den Filmemacher Franz Kälin, den ich schon länger einladen will. Und dann sah ich in seiner Cineboxx den Trailer «Der Förster und St. Benedikt». Die Idee eines kombinierten Gesprächs war geboren. Es ist dem Fram-Club wichtig, dass unsere Abende etwas mit Benziger, Meinrad Lienert und mit Einsiedeln zu tun haben. Da hat sich diese Geschichte mit Franz und Jimmy geradezu aufgedrängt. Und da Jimmy im Trailer erzählte, Gitarre zu spielen, allerdings nicht vor Publikum und nicht einmal vor seiner Katze, fragte Vorstandsmitglied Ingrid Fässler auch noch Beat Zehnder an. Und der spielt bekanntlich ausschliesslich vor Publikum.

Am 24. November 2022 gabs einen Mani-Matter-Abend. Sie und Franz Kälin besuchten dazu Franz Hohler und filmten das von Ihnen geführte Interview. Auch hier meine Frage: Da rufen Sie Franz Hohler an und der sagt: Ja, kommt vorbei!


Das war wieder anders. Eigentlich wollte ich zum 50. Todestag Matters eine Collage machen wie zum Diogenes Verlag. Der Aufwand wuchs mir dann über den Kopf, zumal ich auch noch am Schwyzer Heft zum 100. Geburtstag der Welttheatergesellschaft schreibe. Und so erinnerte ich mich, dass Franz Hohler im Benziger Verlag ein Buch über Mani Matter veröffentlicht hat. Es war der eigentliche Befreiungsschlag für mich.

Und da haben Sie Franz Hohler telefoniert?


Ja, das habe ich getan. Ich kannte ihn noch aus meiner Zeit bei Radio DRS. Er würde gerne kommen, sagte er. Doch mit inzwischen 80 Jahren habe er entschieden, nur noch zweimal die Woche einen Anlass zu besuchen. Als ich ihm anbot, nach Zürich zu ihm zu kommen, willigte er sofort ein. Franz Kälin filmte, ich befragte.

Beteiligt sich auch der Vorstand des Fram-Clubs an der Themensuche?


Die Ideen kommen meistens von mir, was für meine Arbeit wichtig ist: Sind mir Mensch oder Thema fremd, habe ich Mühe, den Abend zu moderieren. Die weiteren Vorstandsmitglieder Marann Schneider, Ingrid Fässler und Jutta Skocic diskutieren meine Ideen weiter und formen sie manchmal um. Und niemand ist mir böse, wenn ich dann die Endversion ablehne. Das ist eine komfortable Situation für mich.

Und welche Rolle spielen die persönlichen Beziehungen?


Für die Programmgestaltung sind sie eigentlich nicht wichtig, helfen mir aber ab und zu. Ich lade immer wieder Gäste ein, die ich persönlich nicht kenne. Das war damals schon so, als ich bei Radio DRS Gastgeber der Sendung «Persönlich» war.

Wieweit muss das Programm auch Ihrer persönlichen Neigung entsprechen? Organisieren Sie auch Abende «contrecoeur»?


Nein. Das mache ich nicht. Es muss meinen Neigungen und Eignungen entsprechen.

Und inspiriert Sie auch das Museum Fram als Ort der Sammlungen Benziger Verlag, Karl Hensler oder auch Meinrad Lienert?


Es ist auf jeden Fall ein Ort der Inspiration. Darauf baut auch unsere unregelmässige Serie, ehemalige Autoren und Autorinnen des Benziger Verlags einzuladen, wie zum Beispiel Emil Zopfi, Federica de Cesco, Eveline Hasler, Klara Obermüller … Es ist uns wichtig, das Andenken für den für Einsiedeln so bedeutsamen Benziger Verlag aufrecht zu erhalten. Es war ein toller Verlag, der – damals unter der Leitung von Oskar Bettschart – so aufmüpfige Bücher wie Hans Küngs «Unfehlbar?» publizierte. Es ist mir aber bewusst, dass dieser Fundus nicht endlos hält.

Wahrscheinlich lassen sich nicht alle Ideen realisieren. Gab es auch schon «Körbe»?


Spontan kommt mir nur Othmar Keel in den Sinn, der Bruder von Diogenes-Gründer Daniel Keel. Doch der Theologieprofessor aus Fribourg liess ausrichten, dass er zwar gerne nach Einsiedeln kommen würde, aus gesundheitlichen Gründen dies aber nicht mehr möglich sei.

Das ist aber nur ein halber Korb!


Ja, stimmt eigentlich.

Welche Person, welches Thema möchten Sie unbedingt noch in die Fram bringen …?


Etwas Konkretes kann ich so auf die Schnelle nicht aufzählen. Wichtig erscheint mir aber, Einsiedler und Einsiedlerinnen einzuladen, welche überregional eine Bedeutung erlangt haben – wie zum Beispiel Harro von Senger, Silvan Engeler oder Roman Kälin … Auf Roman Kälin bin ich übrigens in der Chronik des Einsiedler Anzeigers aufmerksam geworden. Dort stand, dass er einen Preis für seine Visual Effects erhalten habe. Am 13. April ist er in der Fram mein Gast. Und ich erhoffe mir, dass wir damit auch ein etwas jüngeres Publikum erreichen können.

Normalerweise sind Sie Moderator und Interviewer in Personalunion. Wenn nun Sie Gast statt Gastgeber wären: Mit welcher Frage würden Sie gerne begrüsst werden?


(überlegt) Haben Sie keine einfachere Frage (lacht)! Vielleicht würde ich gerne Antwort geben auf die Frage, ob ich nicht selbst auch finde, die Fram-Abende schon viel zu lange zu moderieren?

Und was würden Sie antworten?


Ja, das finde ich auch. Es wäre schön, gäbe es andere, jüngere Leute. Ich bin überzeugt, dass es solche gibt. Aber ich habe die Suche danach noch nicht aufgenommen. Und wenn jemand dieses Interview bis zur letzten Antwort liest und sich angesprochen fühlt, soll er oder sie sich einfach bei mir melden. Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste.

Einsiedler Anzeiger / Victor Kälin


Ein Museum, ein Club und viele Gäste


Vi. Das Museum Fram an der Eisenbahnstrasse gehört der 2003 gegründeten privaten Stiftung Kulturerbe Einsiedeln. Ihr erstes Ziel ist es, Kulturgut aus der Region Einsiedeln zu sammeln, zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Stiftung wird vom Bezirk Einsiedeln mit einem jährlichen Beitrag finanziell unterstützt. Der Stiftungsrat besteht aus Walter Kälin (Präsident), Marann Schneider-Schnyder (Vizepräsidentin), Lydia Birch-ler, Heinz Nauer, Anne-Diane Deprez und Philipp Fanchini. Alle Mitglieder des Stiftungsrats sind ehrenamtlich tätig.

Der Fram-Club wiederum ist die Gönnervereinigung des Museums Fram und unterstützt dieses ideell und finanziell. Er organisiert öffentliche Veranstaltungen zu aktuellen Themen und Aktivitäten rund um das Museum. Der Vorstand besteht aus Marann Schneider-Schnyder (Präsidentin), Walter Kälin (Veranstaltungen), Jutta Skocic (Finanzen) und Ingrid Fässler-Heinzer (Organisation). Aktuell zählt der Club rund 430 Mitglieder.

Nächste Programmpunkte sind Pirmin Meier und «Der Rote Diamant», Christian «Jimmy» Lienert und Franz Kälin, der Filmer Roman Kälin und seine Visual Effects, das Schwarzkunstwerk mit Paul Jud oder auch ein Hauskonzert zur Feier der Schenkung eines Flügels. Unlängst zu Gast waren die Archäologin Evelyne Marty, Silvan Engeler von Threema oder auch der Autor Pascal Zehnder, der aus seinem Roman «Das verschluckte Tal» vorgelesen hat. Mit all den genannten Personen führte Walter Kälin ein Interview.

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

27.01.2023

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