Ein farbiges Spektakel. Bild Claudio Pfister
Ein farbiges Spektakel. Bild Claudio Pfister
Die Theatergruppe Sapperlot stellte die sieben Figuren des Welttheaters vor (von links): die Reiche, die Weisheit, die Armen, die Schönheit, die Königin, die Bauern und die ungeborenen Kinder.  Foto: René Hensler
Die Theatergruppe Sapperlot stellte die sieben Figuren des Welttheaters vor (von links): die Reiche, die Weisheit, die Armen, die Schönheit, die Königin, die Bauern und die ungeborenen Kinder. Foto: René Hensler
 Judith Michel und Michael Fuchs leiteten ins Spektakel ein.  Foto: Angela Suter
Judith Michel und Michael Fuchs leiteten ins Spektakel ein. Foto: Angela Suter

Bühne

1300 Kinder erobern den Klosterplatz und das Dorf

Das theaterpädagogische Projekt zum 100-Jahr-Jubiläum des Welttheaters begeisterte total. Bunt, originell, musikalisch, singend, laut, überraschend, berührend, imposant, einmalig und überwältigend präsentierten sich die rund 1600 Kinder und Jugendlichen in den sieben Rollen des Welttheaters am Samstag auf dem Klosterplatz und während der Prozession durch Einsiedeln.

«Ich freue mich sehr auf ein gelungenes Fest und hoffe, dass ich dasselbe auch am Ende dieses Vormittags sagen kann», fasste eine Lehrerin der über 200 Kindergärtler, Schüler und Schülerinnen aus Feusisberg und Schindellegi, kaum waren sie auf dem Brüelplatz den vier Cars entstiegen, ihre Erwartungen an das 100-Jahr-Jubiläumsspektakel des Welttheaters Einsiedeln zusammen. «Vor allem hoffe ich, dass uns keines der Jüngsten in dieser Menge untergeht.» Und sie schwärmte am Schluss dieser Veranstaltung von einem tollen, einzigartigen und unvergesslichen Erlebnis für Gross und Klein: «Äs isch super gsi!» Das Ganze war denn auch eine enorme logistische Meisterleistung, die schliesslich zur Zufriedenheit aller vollends geklappt hat. Was angesichts der theaterpädagogischen Lektionen mit den verschiedenen Klassen im Vorfeld, der aufwendigen Gestaltung der Charaktere der einzelnen Rollen in den Schulhäusern, des Einübens des Welttheaterlieds, der minutiösen Vorbereitung der Hin- und Rücktransporte aus den Vierteln an der Hauptprobe und am Aufführungstag selber und der sich aus Gründen der Optimierung immer wieder ändernden Vorgaben des Ablaufs gar keine Selbstverständlichkeit war. Hut ab vor diesen engagierten und ausdauernden Lehrpersonen!

 

Der Tag gehörte den Kids

«Meine Mutter hat mir dieses Kleid geschenkt», meinte eine hübsch geschminkte Erstoberstufenschülerin stolz, angesichts ihres wunderschönen Tüllkleides, welches die Rolle der Schönheit unterstrich. «Drum freue ich mich sehr, an diesem Umzug teilzunehmen und mich mit meiner Klasse zu zeigen. » Einige ihrer männlichen Kameraden waren allerdings in dieser Beziehung etwas weniger euphorisch und sagten: «Zuerst wollten wir eigentlich nicht unbedingt mitmachen, aber jetzt ist es ganz okay.» Oder wie ein Zweitoberstufenschüler in der Rolle der Weisheit schon fast philosophisch fragte: «Was bringt mir das fürs Leben?» Das dominierende Rot des Hofstaats gipfelte gar in einem Hochzeitskleid, das von der Mutter einer Lehrerin an deren Hochzeit getragen wurde. Man liess sich also nicht lumpen, das Beste für den Auftritt vor den über 2000 begeisterten Zuschauern auf der Tribüne des Welttheaters und der Tausenden von Besuchern, welche die Prozessionsroute im Klosterdorf säumten, hervorzuholen, der Rolle entsprechend anzupassen und zu präsentieren. In der Tat wurden die Gewänder, der Schmuck, die Kopfbedeckungen, die Accessoires, die Transparente, Banner und Requisiten, ja selbst etliche Musikinstrumente sehr aufwendig und grösstenteils in der Schule mit den Klassen- und Fachlehrpersonen oder den Lehrerinnen des Textilen Gestaltens selber hergestellt. So tauchte denn Gross und Klein in die Welt des Theaters ein und machte dem Jubiläum alle Ehre, indem die Kids mit vollem Enthusiasmus sangen, tanzten, Musik spielten, skandierten und demonstrierten, bettelten oder Geld, weise Sprüche und allerlei Essbares verteilten. Sogar Geissen unterhielten das Publikum und sie waren wohl die einzigen Umzugsteilnehmer, die sich nicht so diszipliniert verhielten. 

 

Strahlen überall

Belohnt für ihren engagierten Umzugsauftritt wurden die Kindergärtler, Schülerinnen und Schüler auf der ganzen Strecke mit herzlichem Applaus und zahlreichen Bravorufen seitens der vielen Zaungäste und es war nicht auszumachen, ob die Augen der Kleinen oder jene der stolzen Eltern und Grosseltern mehr strahlten. Zumal sich auch das Wetter von seiner besten Seite gezeigt und das Jubiläum mitgefeiert hatte. Die Erwachsenen hielten denn auch nicht mit Komplimenten und emotionalen Reaktionen zurück, besonders wenn sie von den Kindern noch unerwartet mit Blumen oder einem weisen Spruch beschenkt wurden oder einem beispielsweise der Spiegel mit den Worten «Du bisch wunderbar! » vorgehalten wurde. «Ein toller Anlass!» – «Dieses Gesamtbild, einfach grossartig!» – «Ich bin total begeistert!» – «Hey, super!» – «Diese tollen Bastelideen, so kreativ!» – «Es ist kaum zu glauben, dass so etwas in dieser Dimension heute noch möglich ist, welche Freude! Ich kann mich nur an die alle neun Jahre stattfindenden Einsiedler Jugendfeste in diesem Ausmass erinnern.» – Die Zuschauer kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Aber auch die Akteure selber liessen sich von diesem Umzugsfieber anstecken: «Wir machen am liebsten nochmals eine Runde! » Die Wahrnehmung dieser zwei kleinen Knirpse war hingegen ganz unterschiedlich: «Isch es jetz scho verbii?» – «Wie lang gaht’s no?» Auf alle Fälle belagerten nach dem Umzug alle Kinder und Jugendlichen friedlich den Studentenhof des Klosters und genossen zufrieden das von der Welttheatergesellschaft und den Lieferanten gesponserte Würstli mit Bürli und ein wohlverdientes Getränk. «Sie sind dure», meinte denn eine hingerissene Zuschauerin ganz im doppeldeutigen Sinn und hätte die jungen Darsteller gerne nochmals gesehen, aber Zutritt war nur den jungen und davon hoffentlich einigen zukünftigen Welttheater-Spielern gestattet.

 

Einsiedler Anzeiger / Marlies Mathis

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

28.05.2024

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