Musik
Abschied von Meinrad Küchler vom «Accento musicale»
Nach 15 Jahren ist Schluss. Mit dem traditionellen Weihnachtskonzert verabschiedete sich der Einsiedler Violinist Meinrad Küchler Ende Dezember vom Schwyzer Kammermusik-Ensemble «Accento musicale». EA-Redaktorin Angela Suter sprach mit ihm.
Ich kenne Meinrad Küchler schon sehr lange. Das Gespräch mit ihm in seinem Haus am Arvenweg fühlte sich für mich an wie ein Heimkehren. Es war, als ob ich erst kürzlich einmal wöchentlich dort ein und aus ging. Ich war nämlich selbst Violinschülerin, ungefähr von 1996 bis 2004 spielte ich Geige und besuchte sowohl bei Meinrad Küchler als auch seiner Frau Helen den Musikschulunterricht. Meinrad war auch Dirigent des Jugendorchesters (bis 2011), bei welchem ich auch Mitglied war. Mit einem ihrer drei Söhne, Lorenz, der heute mit der Bratsche als Profimusiker auftritt, besuchte ich die Stiftsschule und unterlag ihm, damals noch Geigenspieler, immer kläglich beim alljährlichen Instrumentalvorspiel im Maturawahlfach Musik am Stift …
Küchler und «Accento musicale»
Aber hier soll es um Meinrad Küchler und seine Zeit beim professionellen Schwyzer Kammermusik- Ensemble «Accento musicale » gehen, das sich seit 2003 der Pflege und Verbreitung der klassischen Kammermusik verschrieben hat. «Accento musicale » versteht sich als freier Zusammenschluss von in der Region wirkenden und beheimateten Musikerinnen und Musikern, die es lieben, Kammermusik zu spielen und aufzuführen. Geleitet wird das Ensemble von Urs Bamert, Klarinettist aus Siebnen. Zu den Musikern gehört der Einsiedler Lorenz Küchler (Bratsche) und eben auch Mein-rad Küchler, der regelmässig als zweite Geige mitwirkt. Mitwirkte – genau genommen. Der 71-Jährige hört altershalber in diesem Ensemble auf: «Da spielen die besten Profis des Kantons und man muss eine Leistung garantieren können. 2022 erlitt ich vor dem Weihnachtskonzert einen Hexenschuss, der mein Spiel einschränkte. Daher habe ich mich im vergangenen Jahr entschieden, dass nun der Moment gekommen sei, aufzuhören.» Und dieser war nun Ende Dezember in Form zweier Weihnachtskonzerte. Sozusagen als Abschlussgeschenk durfte er das Streichquartett Nr. 13 «Rosamunde» von Franz Schubert spielen. Er freute sich sehr, dass viele Weggefährten, auch ehemalige Fussballkollegen, zu diesem Konzert gekommen sind.
Die Leidenschaft zur Musik
Urs Bamert weiss über Meinrad Küchler viel Positives zu erzählen: «Meinrad zeichnet sich für mich durch seine Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Hartnäckigkeit, aber auch seine grossartigen Spieltechniken aus.» Regelmässig durfte das «Accento musicale » zum Proben Gastrecht bei Küchlers geniessen, wo es immer auch einen Kaffee gegeben habe. Und Bamert weiss: Johann Sebastian Bach liegt Küchler in der Orchestermusik sehr am Herzen. Eines von dessen Violinkonzerten konnte er vor bald sieben Jahren auf seinen eigenen Wunsch hin als Solist mit dem Sinfonieorchester Kanton Schwyz (SOKS) spielen. Küchlers Vater spielte bereits Geige und so begann der junge Meinrad schon in der Primarschule mit dem Geigenspiel und genoss Unterricht bei verschiedenen Lehrern. In seiner Zeit an der Stiftsschule Einsiedeln gab er bereits Mitschülern Geigenstunden. Während des Biologiestudiums besuchte er den Geigenunterricht bei Ottavio Corti, der ihm ermöglichte, in der «Orchesterschule der Kammermusiker» mitzuwirken, in welcher angehende Berufsmusiker spielten. Seine Ausbildung als Geiger setzte er bei Peter Rybar fort. Nach Abschluss der Dissertation in Biologie erwarb er 1980 das Violindiplom beim Schweizerischen Musikpädagogischen Verband SMPV. Küchler gilt als Vater der Streichinstrumentenausbildung an der Musikschule Einsiedeln. Zusammen mit seiner Frau Helen gab er jahrelang Unterricht. Sie initiierten und bauten unter anderem das Jugendorchester auf.
Schrittweise zurücktreten
Küchler scheint etwas wehmütig über den Abschied bei «Accento musicale». Er erzählt, dass er erwartet hätte, dass er altershalber nicht mehr so schnell spielen könne oder dass sein Spiel qualitativ nicht mehr reiche und er deshalb aufhören müsse. Aber dass es an kleinen körperlichen Beschwerden liege, sei schon überraschend gekommen. «Aber ich merke selber, ich war letztens erkältet und konnte einfach nicht mehr gleich gut spielen wie früher!» Er war stets ein strenger Kritiker mit sich selbst und meint: «Ich spiele nicht mehr so gut, wie ich es von mir erwarte.» Und so sei der Moment gekommen, sich schrittweise ersetzen zu lassen: «Das fällt mir leicht, wenn ich sehe, dass adäquate Nachfolger da sind.» Nicht so leicht fällt ihm das Kürzertreten an und für sich: «Mich reut es am meisten, dass es wegfällt, Neues kennenzulernen.» Die Pensionierung im Berufsleben fand zwar schon 2017 statt, doch er steht bis heute gerne im (teilzeitlichen) Dienst der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL und zählt neben der Musik die Botanik zu seinen Hobbys. Als ersten Schritt gab er im SOKS die Stimmführung ab. Nun folgte der zweite Schritt mit dem Rücktritt aus dem «Accento musicale». Doch wer jetzt denkt, Meinrad Küchler hänge die Geige ganz an den Nagel, hat weit gefehlt. «Ich höre ja nicht auf, Musik zu machen!», meint der pensionierte Biologe. «Ich brauche mehr Zeit für die gleichen Dinge», gesteht sich Küchler ein. Und gleichzeitig freut er sich auf mehr Freiheiten und darauf, sich die Zeit freier einzuteilen – als Pensionär.
Doch es geht weiter!
Nach seinem Abschlusskonzert am 27. Dezember hatte er bereits am 2. Januar ein weiteres Konzert. Ende Januar steht mit dem SOKS die Aufführung der Oper «La Traviata» auf dem Programm und am 9. März spielt der Orchesterverein Einsiedeln in der Jugendkirche unter dem Motto «Comeback». Dort hat Meinrad Küchler ein Solo und spielt den Frühling von Vivaldi. Viele seiner unzähligen früheren Schützlinge spielen hier mit und es freut ihn ausserordentlich, dass der neue Dirigent Michael Mächler viele ehemalige Streicher zum Mitwirken überzeugen konnte. In all diesen Formationen spielt übrigens auch seine Frau Helen mit der Bratsche mit. Die Beiden singen neben der Streichmusik im VOKALENSEMBLE16 mit, das im November eine Messe aufführt. Doch Meinrad wird hier für einmal nicht singen, sondern den Chor mit einem Streichquintett begleiten. Der älteste Sohn Urs spielt Cello und der Jüngste, Martin, lernte neben Kontrabass auch noch Trompete und Hanottere (eine Art Mandoline). Eine Musikerfamilie durch und durch! Früher gab es regelmässig Familienkonzerte, diese Zeit sei jedoch vorbei, erzählt Meinrad: «Es sind alle ausgeflogen!» Apropos Familie – zurück zu mir: Unsere Tochter Tamara besucht seit vergangenem Sommer den Geigenunterricht – gänzlich auf eigenen Wunsch. Und ich griff seither tatsächlich immer mal wieder zur (ihrer) Geige und es klappte noch immer! Fast so wie Fahrradfahren. Mal schauen, ob es auch bei mir irgendwann ein «Comeback» geben wird …
Einsiedler Anzeiger / Angela Suter
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Einsiedler Anzeiger
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