Eindrücklich der Klangkörper von Orchester und Chor, eindrücklich das Klangerlebnis in der Klosterkirche.  Fotos: Urs Fink
Eindrücklich der Klangkörper von Orchester und Chor, eindrücklich das Klangerlebnis in der Klosterkirche. Fotos: Urs Fink
Souveräne Leistung: Dirigentin Susanne Theiler (links). Im Rücken zu ihr die Sopranistin Michaela Unsinn.
Souveräne Leistung: Dirigentin Susanne Theiler (links). Im Rücken zu ihr die Sopranistin Michaela Unsinn.

Musik

Berührend und einmalig schön

Zusammen mit einem Projektchor führte die Wood and Metal Connection die Friedensmesse «The Armed Man» von Karl Jenkins in der Klosterkirche Einsiedeln auf. Das mehrsätzige Werk spricht musikalisch effektvoll und inhaltlich schonungslos über die Schrecken des Krieges und den Wunsch nach Frieden.

«Grossartig!», meinte eine Besucherin zum Schluss dieser rund Fünfviertelstunden dauernden musikalischen Demonstration zu Krieg und Frieden. Wirklich grossartig, was die 140 Mitwirkenden unter der souveränen Leitung von Susanne Theiler den überaus zahlreichen Besuchern präsentierten! «The Armed Man» ist nach «Stabat Mater» das zweite Grossprojekt aus Jenkins‘ Feder, das die Wood and Metal Connection realisiert. Karl Jenkins komponierte dieses Antikriegsstück 1999 zum Gedenken der Opfer des Kosovokriegs für Sopranistin, Muezzin, Cello, Chor und grosses Sinfonieorchester. Es wurde im April 2000 in der Royal Albert Hall in London uraufgeführt und erlebt seither unzählige Aufführungen.

Krieg, besser wäre Frieden


Zu Beginn richtete Abt Urban Federer passende Begrüssungsworte an die Besucher. Der Vorsteher der Klostergemeinschaft beschrieb die «frostige Atmosphäre», meinte nicht die aktuelle Temperatur im Gotteshaus, sondern die «zwischen den Menschen». Er erinnerte an die Konflikte zum Beispiel in Ukraine, Sudan, Jemen und im Heiligen Land. Er betonte, wie wichtig der Blick «über die religiösen Grenzen hinaus» ist. Die Osterbotschaft sei die christliche Antwort. «The Armed Man – A Mass for Peace» regt zum Nachdenken an. In seiner Friedensmesse konfrontiert uns der walisische Komponist mit Kriegstreiberei, der anfänglichen Verherrlichung und den unweigerlichen Folgen – Schlachtfeld, Tod, Gräueltaten. Und auch ein Soldat, der um seinen gefallenen Kameraden trauert, kommt zu Wort. Jenkins versteht es, diese Wechselbäder der Gefühle und Gedanken auf musikalisch vielfältige Weise auszudrücken. Und so wird seine Messe auch nicht zum jauchzenden Lobgesang. Vielmehr brechen immer wieder nachdenkliche Klänge und Motive durch. Und natürlich die kriegstreibenden Elemente, hervorragend durch Trommelspiel und einlullende Ostinato eingebracht und von Fanfaren der Blechbläser intoniert – vor allem der Trompeten.

Gemischte Gefühle


Mit Trommeln und Pfeifen zogen die Eidgenossen in den Krieg, so lernten wir es vor Jahren im Geschichtsunterricht. So beginnt auch das französische Lied «L’homme armé», «The Armed Man», «der bewaffnete Mann», inszeniert mit einem eindrücklichen Aufmarsch der Sängerinnen und Sänger zum Chor: Soldaten marschieren in den Krieg. Nach dem islamischen Gebetsruf – Irfan Musliji brachte damit eine uns fremde Welt und fremde Klänge näher – und Kyrie bit-tet der Männerchor Gott um Beistand. Erstmals rüttelt ein Perkussionsschlag – ein Kanonenschuss – alle Anwesenden auf. Das Sanctus will nicht so recht lobpreisend wirken. Wieder weltlich folgt der Lobgesang vor der Schlacht und dann: «Charge!» – Angriff! Erschreckend eindrucksvoll vertont Jenkins dieses Kriegsspiel. Fanfaren, Rhythmik, Kanonenschläge, zackige Einsätze, aufsteigende Tonfolgen und Crescendi sorgen für Gänsehaut, wirken angsteinflössend – bis Todesgeschrei zum totalen Verklingen führen. Eine Parodie auf die Kriegsherrlichkeit. «Angry Flames», ein Text aus Hiroshima von 1945, und «Torches» aus dem hinduistischen Mahabharata vertiefen das Grauen und Massensterben und zeigen anschaulich, dass das Kriegsgrauen seit Jahrtausenden überdauert. Mit dem folgenden «Agnus Dei» klingen wieder versöhnlichere Töne an. Nach dem «Benedictus» schliesst das Werk mit «Better is Peace» musikalisch schlicht und erhebend. «Frieden ist besser» – wenn diese Erkenntnis nur so einfach wäre …

Eine überzeugende Leistung


Musikalisch bedient sich Jenkins verschiedener Stilrichtungen und Satztechniken: Volksmelodien der Renaissance werden gregorianischen Gesängen sowie Chorsätzen im Klassik-Pop-Stil gegenübergestellt. Die Wood and Metal Connection und der über 70 Personen umfassende Projektchor zeigten eine gut eingespielte, reife Leis-tung, gut geführt von der überzeugenden und sicheren musikalischen Leiterin Susanne Theiler. Wirkungsvoll und ausdrucksstark präsentierte die Solistin Michaela Unsinn ihre Einlagen, solche Sopranstimmen hört man gerne. Severin Suter wirkte im Orchester nicht nur als Stimmführer, er brachte die Wärme des Cellotons gefühlvoll zum Klingen. Seine solistische Einlage im «Benedictus» klingt noch lange nach. Das Konzert war wirklich grossartig!

Einsiedler Anzeiger / René Steiner

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

25.04.2023

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