Erst über den Leichen von Romeo (Kerem Arslan) und Julia (Mia Caspar – im Bühnenvordergrund) begraben die verfeindeten Familien ihre mörderische Feindschaft. Bild Franz Kälin
Erst über den Leichen von Romeo (Kerem Arslan) und Julia (Mia Caspar – im Bühnenvordergrund) begraben die verfeindeten Familien ihre mörderische Feindschaft. Bild Franz Kälin

Bühne

Ausgezeichnet gespieltes Liebesdrama

Vorhang auf und man befand sich mitten in einer Strassenschlägerei, mitten in den 60er-Jahren, mitten in Elvisfrisuren und Petticoats. Doch nicht die West Side Story wurde aufgeführt, sondern Romeo und Julia.

Regisseur Oscar Sales Bingisser liess die jungen Theaterspieler der Stiftsschule schon von Beginn an austoben, indem er Shakespeare's Liebesdrama in die Moderne transferierte, von der Renaissance des 16. Jahrhunderts in die Rock'n'Roll-Zeit von heute, von Duellen mit Degen in Kämpfe mit Baseballschläger und Eisenketten. Dementsprechend rasant begann die Tragödie. «Hier wütet der Hass», stellt der Fürst von Verona fest und befiehlt Einhalt zwei verfeindeten Familien. Und genau aus diesen beiden verlieben sich zwei junge Menschen ineinander und müssen diese Liebe geheim halten.

«Liebe macht verrückt»

«Liebe macht verrückt, treibt einen in die Raserei», bemerkt auch Romeo, hervorragend gespielt von Kerem Arslan. Lederkluft und Anzug mit Krawatte, Ambivalenz von gut und bös, freie Liebe und traditionelle Familienzwänge stellen bei diesem Pärchen ein fast unüberwindbares Hindernis dar. Julias altjüngferliche, geschwätzige Amme muss Vermittlerin spielen, ausgezeichnet gespielt von Mareen Beutler, welche bei Krisensituationen immer auf Schnaps setzt, um die blank liegenden Nerven zu beruhigen. Neben rassigen, schnellen Spielszenen setzten die liebliche Julia, Mia Caspar, und der stürmische Romeo auch romantische Akzente, Liebesschwüre unter dem Sternenhimmel mit Grillenzirpen und stille Momente der Zweisamkeit in schönen Versformen und Reimen.

Verona Inn

Das im ersten Moment verwirrende Bühnenbild passte sehr gut zur Handlung. Die einmal mehr begeisternde Bühnencrew (Leitung Fredi Trütsch) fertigte einen riesigen Viadukt an, unter dem eine Imbissbude («Verona Inn») stationiert war, bei welcher sich die Akteure trafen. Auch konnten die verschiedenen Spielplätze so gut auf- und zugeteilt werden, spielten sich doch einige Szenen oben auf der Brücke ab, anstelle von Julias Balkon in Verona.

Anstössig und schockierend

Und plötzlich ist wieder Krieg zwischen den Familien Montague und Capulet und lässt die junge Liebe verzweifeln. Obwohl sie zueinander stehen, sind sie ihren Familien verpflichtet. Romeos Kollegen, insbesondere Mercutio, mit grosser Begeisterung und Engagement gespielt von Delio Malär, wussten das Publikum mit ihren flotten, frechen und anstössigen Sprüchen zum Thema Liebe bestens zu unterhalten und zu schockieren. Sein unverschämtes Gerede und anzüglichen Bemerkungen provozierten den Streit erneut und spitzten ihn zu. Richtig in Fahrt kamen die Stiftsschüler in den wilden Kampfszenen mit beleidigenden Sprüchen und bösen Scherzen, da konnten sie loslegen und sich profilieren.

Trauriges Ende

Diese Schlägereien endeten auf der einen Familienseite fatal, was zur Verbannung vom liebeskranken Romeo führte. Mit einer List und einem Elixier wollte Pater Lorenzo, dargestellt von Emanuel Vogel, aus edlen Motiven heraus die beiden wieder zueinander führen. Doch ein Missverständnis oder das Schicksal zeigte sich nicht gnädig. Romeos Qualen, Julias bedingungslose Liebe, die fast aussichtslose Situation, zwingt die beiden zu handeln, was tödlich endete, wie man es auch von der wohl berühmtesten Liebesgeschichte her kennt. Der lautstarke Auftritt von Julias Vater, Mutters Hilfsverweigerung, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit endeten im Desaster, welches nicht nur optisch, sondern sich auch akustisch widerspiegelte. Starr, stumm und schockiert endete das Stück auf der Theaterbühne, schweigend traten die übrig Gebliebenen ab, die grosse Trauer war greifbar, das Entsetzen spürbar. Dafür sorgten auch Matthias Meier mit passender Musik und Ton und Veit Kälin mit der Lichteinstellung.

Grosses Kompliment

Grosses Kompliment für die Spieler, die einzelne Monologe so echt rüberbrachten, die Shakespeares Verse in moderner Art ergänzten und mit frechen Bemerkungen bespickten, die im Outfit der sechziger Jahre zu Elvis' Musik ihre Rolle super darstellten und das eigentlich tragische Stück frisch, frech und stürmisch interpretierten. Liebe und Hass liegen nahe beieinander, was jedoch Hass auslösen kann, wurde dem Premierenpublikum wirksam u

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

22.03.2011

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