Welttheater-Präsident Hanspeter Kälin: «Müssen uns gegenüber der riesigen Konkurrenz behaupten.» Foto: Victor Kälin
Welttheater-Präsident Hanspeter Kälin: «Müssen uns gegenüber der riesigen Konkurrenz behaupten.» Foto: Victor Kälin

Bühne

«Ein Fest für Mitwirkende und Zuschauer»

In zwei Jahren findet die Welttheater-Premiere statt. Vorstand und künstlerische Leitung sind längst an der Arbeit. Präsident Hanspeter Kälin spricht schon jetzt von einer intensiven Zeit.

Viktor Kälin: Wann haben Sie sich letztmals mit dem Welttheater beschäftigt?


Hanspeter Kälin: Am Abend vor diesem Interview. Was war der Grund? Wir führten die zweite Runde des Grafik-Wettbewerbes durch. Dazu haben wir rund 30 Grafiker und Designer aus Einsiedeln und der weiteren Umgebung eingeladen. Zirka die Hälfte hat darauf reagiert. Da unser Stück jedes Mal neu geschrieben und inszeniert wird, fehlt uns zu Beginn unserer Arbeit jeweils eine Bildmarke – es gibt noch nichts zu zeigen. Im Hinblick auf 2020 haben wir einen neuen Weg beschritten: Statt bereits eine Agentur zu beauftragen, haben wir einen Wettbewerb unter Gestaltern lanciert, um möglichst früh über eine Bildmarke zu verfügen. Dem Sieger winkt der Grafik-Auftrag für das Welttheater 2020.


Wer sitzt in der Jury?


Autor Lukas Bärfuss, Regisseur Livio Andreina und Mitglieder des Vorstandes. Vorbereitung und Durchführung bedeuteten viel Arbeit. Es gab und gibt viel zu tun. Aber es lohnt sich. Ich hoffe, im Herbst die Ergebnisse präsentieren zu können. Dann hätten wir noch anderthalb Jahre Zeit bis zur Premiere.


Weiten wir den Fokus: Wo steht die Gesellschaft auf dem Weg zur Premiere organisatorisch, künstlerisch, personell …


Das gesamte Organigramm ist erstellt; wir suchen nun nach und nach Leute, um die verschiedenen Chargen zu besetzen. Als nächstes werden wir den technischen Leiter bestimmen. Angesichts der Klosterplatz-Sanierung ist das jetzt schon nötig, damit wir unsere Bedürfnisse rechtzeitig einbringen können. Ein wichtiger Aspekt, der uns derzeit ebenfalls stark beschäftigt, ist das Foundraising. Auch das wollen wir neu aufziehen. Mit 650’000 Franken an Einnahmen erwarten wir doch eine stattliche Summe. Andere vergleichbare Theaterproduktionen haben jedoch deutlich höhere Sponsorenbudgets; das Welttheater hat dafür den höchsten Einnahmen-Anteil an verkauften Tickets. Das relativiert doch unsere Erwartung ans Foundraising: Wir sind keine Traumtänzer. Um Partner finden zu können, wollen wir diesen auch eine Gegenleistung bieten. Daran arbeiten wir derzeit.


Welche wesentlichen Pflöcke stehen als nächstes an?


Irgendwann nach den Sommerferien laden wir zu einer Pressekonferenz ein. Der Fokus dieser Veranstaltung liegt beim künstlerischen Stab. Er äussert sich dann zur Inszenierung. Das dürfte spannend werden.


Autor Lukas Bärfuss und Regisseur Livio Andreina betonen ausdrücklich, dass sie möglichst viele Mitwirkende auf der Bühne sehen wollen: Spieler, Musiker, Sänger, Tänzer, Akrobaten …. Was ist geplant für die Rekrutierung des Spielvolkes, aller Mitwirkenden?


Wir haben damit schon begonnen: Aktuell laufen Gespräche mit den Schulen in Einsiedeln. Unser Choreograf Graham Smith möchte dort als freiwilliges Angebot Tanz- und Bewegungskurse anbieten. Als nächstes wird auch unser Komponist Michael Wertmüller Kontakte zu allen herstellen, die sich zwischen Jodel und Heavy Metal bewegen. Hier bietet sich eine Chance, mit internationalen Kapazitäten zu üben und zu profitieren – sozusagen ein Mehrwert für mein Hobby. Zuständig für die Rekrutierung ist Markus Kälin, der Betreuer des Spielvolks. Er ist interessiert daran, das Potenzial der 200 Einsiedler Vereine zu integrieren. Ich betone es: Es kann niemand zu wenig – alle können etwas. Ich hörte schon in den Vierteln, dass man bei einem Landtheater schon mitmachen kann, aber nicht doch beim Welttheater. Dieses Bild wollen wir korrigieren: Es sind alle willkommen. Jeder hat irgendwo mindestens ein Talent. Das Engagement der Leute, die Dienstleistungen und der Goodwill der Bevölkerung in Einsiedeln sind immens. Das ist unser grösster Foundraising-Posten. Es wird zwar zahlenmässig nicht erfasst, doch das ist unser grösstes Kapital. Das ist einmalig. Ohne das ist ein Spiel dieser Dimension nicht möglich.


Welchen «Spirit» wollen Sie erwecken, damit Hunderte von Kindern und Erwachsenen auf und neben der Bühne stehen?


Stellen Sie sich vor: Die ganze Bevölkerung von Einsiedeln spielt Welttheater! Es wird ein Fest für Mitwirkende und Zuschauer. Das ist unsere Botschaft. Wir probieren den Barock und Calderons Zeit auszuschöpfen und umzusetzen in prägende Bilder, in Musik und Tanz. Die Inszenierung soll als Fest wahrgenommen werden. Auswärts wird Einsiedeln bewundert, da es sich identifiziert und begeistern lässt. Die grosse Gemeinschaft vermittelt ein unglaublich starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Nur schon das ist ein Fest.


Was wissen Sie aktuell von Autor Lukas Bärfuss und Regisseur Livio Andreina?


Sie sind mit Herzblut dabei. Sie sind oft in Einsiedeln und wir haben häufig Kontakt. Ich sehe, wie die beiden intensiv arbeiten, wie eng sie mit dem künstlerischen Stab vernetzt sind. Zum Inhalt kann ich noch nichts sagen, da vertröste ich auf die Pressekonferenz vom Herbst dieses Jahres.


Als Aktivmitglied der Theatergruppe Chärnehus kennen Sie Regisseur Livio Andreina aus eigener Erfahrung, hat er doch zwischen 2002 und 2010 in Einsiedeln gleich vier Mal Regie geführt. Was für ein Welttheater erwarten Sie 2020?


Es ist sehr angenehm, mit Livio zu arbeiten. Er geht auf die Leute ein, kann gut zuhören. Trotz Kompetenz und Autorität ist er ein Kumpel. Der Gedanke eines Festes ist bei ihm gut aufgehoben. Dafür bürgt zusätzlich seine Frau Anna Maria Glaudemanns, die für Bühne, Kostüm und Maske zuständig ist und vor Kurzem mit «Dr Casanova im Chloster» wunderschöne Figuren, Farben und Formen ins Kino Etzel gezaubert hat. Nur schon davon verspreche ich mir wunderbare Bilder auch auf dem Klosterplatz.


Gespielt werden soll zwischen Juni und September 2020. Ist der Vorstand seit der GV vom 11. April weitergekommen mit der Detailplanung?


Es ist noch nicht offiziell. Sicher ist, dass wir ab Mitte Juni bis Anfang September spielen werden. Geplant sind zirka 36 Aufführungen an Mittwoch, Freitag und Samstag. Ob es an Sonntag oder Donnerstag Reservetermine gibt, wissen wir spätestens an der besagten PK. 50’000 bis 55’000 Zuschauer sind budgetiert.


Die letzte Spielperiode brachte 2013 46’000 Zuschauer nach Einsiedeln. Warum sollen es 2020 wieder deutlich mehr sein?


Wir wissen, was wir verbessern müssen. Wir brauchen eine einmalige und unverwechselbare Inszenierung und ein gutes Gesamt-Konzept. Gezielt werden wir die Öffentlichkeitsarbeit verstärken: Wir müssen mehr machen als früher und wir müssen auch andere Wege beschreiten.


Auffallend ist, dass der Vorstand an der GV ein grosses Spiel ankündigte – nicht nur inhaltlich, sondern auch finanziell und organisatorisch.Mehr Zuschauer und mit 4,85 Millionen Franken das höchste Budget in der Geschichte der Gesellschaft. Welche Überlegungen liegen hinter dieser Strategie?


Auch das Welttheater muss sich gegenüber einem riesigen Konkurrenzangebot und einem Publikum mit gesteigerten Erwartungen behaupten. Wir gingen nach 2013 über die Bücher und analysierten die Auswirkungen auch einer kleineren Produktion. Mögliche Einsparungen gehen immer zu Lasten der Umsetzung: Ein Theater kleiner zu machen, führt ins Nichts – ausser zu einer Einschränkung der künstlerischen Attraktivität. Wir wollen hier in Einsiedeln ein Theaterereignis schaffen. Und das bedingt nun einmal eine gewisse Grösse.


Beschleicht einen da nicht ab und zu so etwas wie Angst vor dem eigenen Mut?


Angst habe ich keine, aber einen riesigen Respekt. Ich versichere aber, dass der Vorstand nicht blauäugig handelt. Wir stellen uns gerne der Aufgabe, im Bewusstsein auch, eine grosse Verantwortung zu tragen. An der GV informierte der Vorstand ausführlich über die neue Spielzeit.


Welche Rückmeldungen haben Sie erhalten?


Durchwegs positive. Die Leute sind gespannt, neugierig, was da entsteht. Gefreut habe ich mich auch, dass das Welttheater nicht nur in Einsiedeln ein Thema ist. Aufgrund der Berichterstattung gab es auch Neumitglieder.


Was bestärkt Sie in der Meinung, dass 2020 «schon gut kommt»?


Alle sind mit Leidenschaft dabei. Hier ist eine höchst professionelle Truppe am Werk, um das neue Konzept zu entwickeln. Das bestärkt mich in der Meinung, dass man um das Welttheater 2020 nicht umhin kommt. Das muss man sich einfach vorstellen: Rund 600 Personen, ein ganzes Dorf spielt mit einem hochprofessionellen Team Theater. Das sollte doch auch nicht Theater-affine Leute «gluschtig» machen.


Einsiedler Anzeiger / Interview: Victor Kälin

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

12.06.2018

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