Angesichts der wenigen Zuhörer meinte Renato Kaiser, dass hier und heute Abend in Ein-siedeln zu viele Leute anwesend seien. Foto: Franz Kälin
Angesichts der wenigen Zuhörer meinte Renato Kaiser, dass hier und heute Abend in Ein-siedeln zu viele Leute anwesend seien. Foto: Franz Kälin

Bühne

Ein wahrer Irrwisch in 3-D!

Der Künstler/Literat Renato Kaiser trat am Freitagabend vor einem kleinen Kreis Interessierter auf. Seine Sprache, sein Ausdruck – und vor allem sein irrwitziges Tempo vermochte zu beeindrucken.

Der Poetry-Slam, diese neue Literatur-Kunstform, ist noch nicht im «Kulturhauptort» des Kantons angekommen. Zu diesem Fazit kommt man, wenn man auf die geringe Anzahl Zuhörer abstellt, die den Slammer – oder eben seine 3-D Figur hören und sehen wollten. Eine verschworene Fan-Gemeinschaft von Eingeweihten war es, die sich den abendfüllenden Quasi-Nachruf auf den dahingegangenen «begnadeten» Dichter Renato Kaiser zu Gemüte führte. Und dieses Leben war durchaus turbulent, war doch sogar eine Erinnerung an die Geburt noch vorhanden (erste Schreie!).

«Ein-siedeln» – ihr seid zu viele!

Schon zu Anfang herrschte schwarzer Humor vor: Angesichts der wenigen Zuhörer meinte Renato Kaiser, dass hier und heute Abend in Ein-siedeln zu viele Leute anwesend seien. Auch sei er sich sicher, dass in diesem Kulturort die richtigen Leute hergekommen seien, mehr über Leben und Werk des verschwundenen Renato Kaiser zu vernehmen. Der Künstler beamte den Verschwundenen mittels 3-D-Show auf die Kleinbühne. Und der so Dargestellte war ein rasender Irrwisch in Sprache und Gestik. Was da mit Hochgeschwindigkeit verbal von der Bühne prasselte, stellte an die Zuhörer eine Herausforderung dar, wollte alles in allen Nuancen verstanden sein. Und Nuancen, Kleinigkeiten, Ecken, gab es allemal – mal nachdenkenswert, mal ein Lachen hervorzaubernd. Die einzelnen Sequenzen gerieten mit sich dicht auf dicht folgenden Sätzen zum sprühenden Vortrag, denn: «Auch ein Gedicht ist nie zu kurz, um Literatur zu sein!»

Underdog

Im Verlaufe des Abends wurde ein Nekrolog über einen notorischen Underdog zum Besten gegeben, einen Underdog, der in seinen Phantasien sich alles so schön ausmalte, der aber, dick und nicht hübsch, gehemmt, halt immer wieder in sein Leben zurückgestellt wurde. So ging – typischerweise – seine erste grosse Liebe mit Sieben in die Brüche – aber eben: «Meitli sind blöd!», der Trost. Nach dem Scheitern sich immer wieder auch die Schuld geben – woher kommt diese schon traumatische Zerrissenheit? – Ja, so war es schon fast logisch, dass Renato mit dem Satz: «Ich bin nicht so», irgendwann auf mysteriöse Weise verschwand – und sich sein 3-D-Bild auflöste und sein immer vermutetes, wahres Ich sich im Vortragenden zu erkennen gab. Ein anregender Abend war’s, über die Unbill und die (inneren) Plagen eines zeitgemässen Hiob. PS: Warum wurde denn Renato Kaiser zum Poetry-Slammer? Für seine Eltern hätte er Lehrer werden sollen, doch: «Um nicht Lehrer zu werden, ist es literarisch allemal gut genug!» – Ob diese Zerrissenheit des Renato Kaiser wohl daher rührt?

Einsiedler Anzeiger

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Einsiedler Anzeiger

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  • Bühne

Publiziert am

04.10.2011

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