Verbundenheit mit Einsiedeln: Anatole Taubmann. Bild Matthias Bothor
Verbundenheit mit Einsiedeln: Anatole Taubmann. Bild Matthias Bothor

Bühne

«Einsiedeln ist ein Kraftort»

Anatole Taubman - Ein Weltbürger mit Liebe zum Klosterdorf im Interview mit dem Einsiedler Anzeiger.

Der Mann ist ein sehr gefragter Schauspieler, ja, sowohl für das Kino- als auch für das Fernsehpublikum ist dieses Gesicht ein äusserst bekanntes. Man erinnere sich beispielsweise, wie Anatole Taubman im James-Bond-Film «Ein Quantum Trost» den gemeinen Cousin des Bösewichtes gespielt hat, man vergegenwärtige sich etwa, wie er in der Literaturverfilmung «Die Päpstin» den intriganten Bischof Anastasius dargestellt hat: Sind das nicht herrliche Inszenierungen von herrlich herzlosen Persönlichkeiten gewesen?

Das steht wohl ausser Zweifel, und es liesse sich lange sprechen über Taubmans Rollen sowie über dessen Fähigkeit, in diese hineinzuschlüpfen. Bloss  damit wäre das Beste nicht gesagt. Anatole Taubman ist ein wahrer Mann von Welt: Während des wunderbar erfrischenden Interviews, das am vergangenen Mittwoch im Kloster stattgefunden hat, wechselt der gebürtige Zürcher immer wieder ins Englische. Stets gibt er sich charmant, interessiert, vornehm. Allzeit achtsam blickt er mit grossen grünen Augen auf das Gegenüber. Es zeigt sich nicht nur, dass hinter der schauspielerischen Maske ein echter Charakter steckt. Es zeigt sich auch, dass der Weltbürger eine grosse Liebe zum Klosterdorf hegt.

Christian Marty: Schön, dass Sie sich Zeit für den Einsiedler Anzeiger nehmen, lieber ...

Anatole Taubman: Man darf sich doch duzen, nicht?

Gewiss, lieber Anatole ...

Das Interview mit dem Einsiedler Anzeiger ist mir eine Herzensangelegenheit! Eigentlich mache ich das Wort «Heimat» an Menschen und nicht an Orten fest. Doch etwas sei gesagt: Wenn ich einen Ort als «Heimat» bezeichnen müsste, dann wäre dies Einsiedeln. Und falls ich jemals meinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz verläge, dann würde ich ihn hierher verlegen, zu diesem wunderschönen Kraftort. Love it!

Wie ist es zu dieser Liebe gekommen?

Ich war ein Scheidungskind; es gab einen bösen Vormundschaftsstreit; mein Vater starb früh und meine Mutter arbeitete viel. Ich hatte in der Schule wie ausserhalb der Schule disziplinarische Probleme, ich flog aus einem öffentlichen Gymnasium und ich erhielt ein Verbot für alle anderen Gymnasien im Kanton Zürich. Ich war ein Rebell! Ich war «a rebel without a cause». Mein Verhalten war wohl eine Art Hilferuf nach Aufmerksamkeit, Disziplin, Struktur und so weiter. Dann, ich zählte 16 Jahre, kam es zu einer Wende: Eine kleine Gruppe, angeführt von meiner Mama und bestehend aus meiner damaligen Jugendanwältin und aus meinem ehemaligen Rektor, brachte mich zum Vorstand der Stiftsschule Einsiedeln, zum Rektor Pater Ruppert und zum Präfekten Pater Kassian. Ich weiss noch haargenau, wie das damals abgelaufen ist! Die zwei Geistlichen, meine Mama und ich unterhielten uns. Von den Herren in der Kutte wurde ich gefragt: «Möchtest Du denn in die Stiftsschule?» Ich antwortete ihnen: «Nein.» Meine Mama blieb ruhig, gefasst und trotzdem bestimmt, so, dass sie um eine kurze Gesprächspause bat und mich auf den Flur hinauszog. Dort hing ein Bild, auf dem stand: «Alles kommt zu denen, die es erwarten können.» Ich sah abwechselnd meine Mama und das Bild an. Kein Wort wurde gesprochen. Daraufhin gingen wir zu den Patres zurück und ich sagte: «Ich weiss nicht, was in mich gefahren ist  natürlich möchte ich gerne in die Stiftsschule. Bitte.» Letztlich war diese Aussage wirklich ein Wendepunkt in meinem Leben: Das Kloster, das Internat und die Stiftsschule  ich bekam ein echtes Zuhause geschenkt. Kassian beispielsweise wurde zu einer Vaterfigur für mich.

Die Stiftsschule nimmt also einen wichtigen Platz in Deinem Leben ein?

So ist es. Die Stiftsschule, das Klosterdorf, die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, die Erlebnisse, die ich hier gemacht habe  das ist tief in meinem Herzen verankert, für immer. Alles, was mich heute auszeichnet, habe ich im Laufe meiner Zeit als Stiftsschüler erhalten. Wie soll ich sagen? Ich kann mir keine bessere Stätte für die Prägung eines jungen Menschen vorstellen als das Gymnasium des Klosters Einsiedeln. Die humanistische Hal

Autor

Einsiedler Anzeiger

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  • Bühne

Publiziert am

12.12.2016

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