So etwas Gefährliches, da zieht sich doch einer einfach aus: Die Recycling-Menschen können es nicht fassen.
So etwas Gefährliches, da zieht sich doch einer einfach aus: Die Recycling-Menschen können es nicht fassen.

Bühne

«Fremde Vögel» recyceln die Zukunft

Im Einsiedler Industrie-Gebiet, zwischen ARA und Recyclingcenter, spielt die Theatergruppe «Fremde Vögel» ein Stück Zukunft.

Bereits zum vierten Mal spielen die «Fremden Vögel» zusammen Theater. Die Truppe besteht aus nicht behinderten und behinderten Darstellern und hat sich bei den Proben für das Welttheater 2000 gefunden.
Zum Thema «Unbrauchbar» haben die «Fremden Vögel» mit Regisseur Lukas Schmocker gemeinsam ein eigenes Stück entwickelt. Schmocker war Regieassistent des Welttheaters und Regisseur der Bergsturzoper. Mit den Spielerinnen und Spielern hat er improvisiert, bis die neue Produktion auf den Beinen stand.

Nummer-Menschen zeigen Gefühle
Gespielt wird in einem Zelt, und ähnlich wie bei Volker Hesses «Tell» in Altdorf, ist die Bühne ein langer Laufsteg zwischen zwei Publikumsreihen von je 40 Personen. Petflaschen säumen die Bühne, darauf die Schauspieler, die nicht Namen, sondern Nummern tragen, C38 oder R55. Sie tragen Recycling-Design, aus alten Jeans zusammengenähte Kleider, darunter Ganzkörperanzüge und Handschuhe. Die Gesichtsfarbe ist weiss, die Augen sind rot unterlaufen. Es gibt keinen Raum für Gefühle inmitten der Arbeit zwischen Petflaschen und Altpapier.
Und fällt einer um, weil er von der Nanoverschleimung befallen ist, bringen die anderen die Bahre, doch sich darauf zu legen, ist Sache des Gefallenen. Jeglicher Hautkontakt ist gefährlich. Doch sogar diese Nummer-Menschen haben Gefühle. Sie zeigen sich dem Publikum im Geheimen, wenn sie aus der Recyclingware Verstecktes hervorkramen und ihren eigenen Gedanken nachhängen.

Kontrolle und Gesundheitswahn
Die Geschichte zeigt: Die «Fremden Vögel» sind auch schräge Vögel. Nicht alles wird gleich verstanden, was die Recyclingspezialisten auf der Bühne vorführen. Doch man assoziiert mit Aktuellem, wenn jemand auf dem Operationstisch liegt, sich einer der ständigen Kontrollen entziehen will oder sich ganz einfach der Kleider entledigt, um sich selber wieder zu spüren. Sind wir nicht heute schon Kontrollfreaks, auf dem Gesundheitswahn oder gleichgültig dem Nächsten gegenüber?

Sympathie des Publikums
Das Stück braucht nicht viel Text, um viel zu sagen. Es lebt von starken Bildern. Faszinierend bei den «Fremden Vögeln» ist das Zusammenspiel der Menschen mit und ohne Behinderung. Die Sympathie des Publikums ist allen gewiss. Der Applaus nach der Premiere lange anhaltend. Und wenn sich einer der Spieler strahlend vor den Klatschenden immer wieder in Siegespose wirft, dann ist das der berechtigte Stolz nach langer Arbeit, und man fragt sich: Warum machen das Schauspieler eigentlich nicht immer?
Unbrauchbar ein Stück Zukunft
Eigenproduktion der Theatergruppe Fremde Vögel,
Regie: Lukas Schmocker

Weitere Aufführungen bis 11. Juli,
Vorverkauf: Paracelsus-Apotheke Tel. 055 418 40 75
Erwachsene: Fr. 25.-- Studenten, Lehrlinge, IV-Bezüger Fr.18.-, Theaterbeiz ab 19.00 Aufführung um 21.00 Parkplätze vorhanden
Bote der Urschweiz (Sylvia Camenzind)

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

19.06.2009

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