Jonas Züllig in der Hauptrolle als Mani Matter (vorne links) und die restlichen Schauspieler des Theaters zeigten eine fantastische Leistung. Foto: Franz Kälin
Jonas Züllig in der Hauptrolle als Mani Matter (vorne links) und die restlichen Schauspieler des Theaters zeigten eine fantastische Leistung. Foto: Franz Kälin
Mit «S letschti Lied» wagte sich das Stiftstheater Einsiedeln mit Regisseur Oscar Sales Bingisser, dem musikalischen Leiter Lukas Meister und den 15 theaterlustigen Jugendlichen in eine neue Richtung. Die Premiere des Liederabends rund um die Werke Mani Matters überzeugte restlos.
Mit «S letschti Lied» wagte sich das Stiftstheater Einsiedeln mit Regisseur Oscar Sales Bingisser, dem musikalischen Leiter Lukas Meister und den 15 theaterlustigen Jugendlichen in eine neue Richtung. Die Premiere des Liederabends rund um die Werke Mani Matters überzeugte restlos.

Bühne

Musik

Hemmungslos wunderbare Hommage

«S letschti Lied» – das Stiftstheater lud zu einem «liederlichen Abend» rund um Mani Matter ein. Die Schauspielenden zeigten an den drei Aufführungen vom vergangenen Wochenende nebst der choreografischen Leistung auch eine gesangliche.

Der Theatersaal wurde abgedunkelt, aus dem Orchestergraben ertönte das «Zündhölzli» und der Vorhang öffnete sich. Auf der Bühne präsentierte sich ein Klassenzimmer mit alten Schulbänken, einer Wandtafel und einem zu Schrott gefahrenen Auto. Mani Matter, dargestellt von Jonas Züllig, stieg mit Schnauz und Koffer aus und der bekannte Liedermacher schien für einen Abend lang ins Leben zurückzukehren. Ein Schüler erzählte zu Beginn in skurrilen Sätzen, wie schade er es fände, dass er kein Musiker sei. «Denn wäre ich einer, wäre ich nicht überfahren worden, weil ich dann achtsam gewesen wäre.» Man vermutete einen Zusammenhang mit dem Tod Mani Matters, der nur gerade 36 Jahre alt geworden war. Auf dem Weg nach Rapperswil zu einem Konzert kam er damals am 24. November 1972 bei Kilchberg durch einen tragischen Autounfall ums Leben. Obwohl viel zu früh verstorben, hat er uns Schweizerinnen und Schweizer mit wunderbaren Liedern und Gedanken beschenkt, die bis heute noch von verschiedenen Generationen gerne gesungen werden. Auffallend ist, dass Mani Matter gegen Ende seines Lebens vermehrt in der Molltonart geschrieben hat und man mag sich fragen, was ihn dazu veranlasst hat.


Mani Matters Suddelhefte


Einen Teil dieser Gedankenwelt hatte der Regisseur Oscar Bingisser, gemeinsam mit den 15 theaterfreudigen Jugendlichen, aus Matters Suddelheften zusammengestellt. Überhaupt sei das Ganze ein Zusammenspiel gewesen, erklärte der musikalische Leiter Lukas Meister. Er war es, der den Impuls für einen musikalischen Abend gegeben hatte. Ein Musical wäre zu hoch gegriffen gewesen, weshalb man den Liederabend mit Mani Matter realisieren wollte. Nebst den Liedern, die alle live gesungen wurden, wurde auch die Musik selbst an zwei Keyboards und einem Schlagzeug begleitet. Nach dem ersten Dialog betraten weitere junge Frauen und Männer die Bühne und man fühlte sich in die Zeit von anno dazumal versetzt: Latzhosen, Miniröcke, Blusen, Schuhe, Brillen und bis zu den Frisuren stimmte einfach alles. So boten sie auch zum Lied «Bim Coiffeur» eine fantastische Choreografie. Eine philosophische Abhandlung zum Thema Wissen folgte und Mani Matter schrieb an die Wandtafel im Hintergrund: «Wer glaubt, er wisse, muss wissen, er glaubt.» Warum er dafür in die Rolle des Lehrers schlüpfte, schien nicht ganz klar, auch nicht, weshalb das Unfallauto in einem Klassenzimmer aufgebaut worden war. Aber der Bühnenbauer Fredy Trütsch hatte auch diesmal wieder auf kleinste Details geachtet, etwa, dass die Wanduhr 19.15 Uhr, die Unfallzeit Matters, anzeigte.


Eskimo, Kater, Sportflugzeug


Da spazierte ein angelnder Eskimo über die Bühne, der seine Geschichte erzählte, wie er in Grönland einem Eisbären in die Krallen geraten war. Eine Sängerin hüpfte über die Tische, um den verstorbenen Kater Ferdinand zu betrauern. Zu tanzenden Beduinenfrauen bekam Sidi Abdel Assar aus El Hamma die Erkenntnis, dass er besser früher gespart hätte. Natürlich durfte das schielende «Lotti» nicht fehlen, die «zwei Fründe im ne Sportflugzüg» und auch nicht die Schlägerei im Löie z Nottiswil, in dem der «Wilhelm Tell» aufgeführt worden war. Die lustig inszenierten Szenen heiterten die manchmal trübsinnigen Gedanken Mani Matters auf. Er hatte die Gabe, aus einer ganz alltäglichen Situation etwas Tiefsinniges, Philosophisches, manchmal aber auch etwas ganz Unverständliches oder Schwermütiges herauszuholen. Es wurde über den menschlichen Willen nachgedacht und Sokrates zitiert: «Ich weiss, dass ich nichts weiss», oder die Frage gestellt, wodurch dieser menschliche Wille denn wohl entstehe, bis hin zur Erkenntnis, dass die Suche nach Gott wohl unbegrenzt sei.


Hemmungslos bis zu «Hemmige»


Die kurzen Szenen zwischen den einzelnen Liedern wurden überzeugend durch verschiedene Talente gespielt. Diesmal gab es nebst dem Protagonisten Mani Matter keine eigentlichen Hauptrollen. Einzelne Gymnasiastinnen und Gymnasiasten hatten ein Solo vorzutragen, und obwohl es sich beim Stiftstheater um eben eine Theatergruppe und nicht einen Chor handelt, wurden die von Lukas Meister und Oscar Bingisser ausgewählten Lieder sehr gut gesungen. Die Regie hatte nicht den Anspruch, gesanglich perfekt zu sein, viel wichtiger war ihnen, dass das Publikum die Worte von Mani Matter spüren konnte. So war für die 15 Schülerinnen und Schüler bei diesem Projekt wohl die grösste Herausforderung, ihre Hemmungen zu verlieren, um vor einem Publikum zu singen. Vor allem den jungen Männern ist an dieser Stelle ein Kränzchen zu winden, brillierten sie nämlich ganz besonders in der Szene, als sie über die Psyche der Frau debattierten, über die sie keinen blassen Schimmer hätten. Als letzten Beitrag sang Tara Zehnder stimmsicher «Hemmige» und man hätte von ihr gerne noch eine Zugabe gehört. Diese gab es dann aber nur in Kurzform: Der Vorhang öffnete sich ein letztes Mal, die 15 jungen Menschen entzündeten ein Zündholz und sangen zum Schluss: «Gott sei Dank, dass ich’s vom Teppich wieder fort han gno.» Der anhaltende Applaus zeigte, dass dieser Liederabend eine gelungene Entscheidung gewesen war.


Einsiedler Anzeiger / Franz Kälin

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne
  • Musik

Publiziert am

21.03.2018

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