Identitäten verschmelzen: Lya Steinegger, Vanessa Horath, Pascal Caridnaux, Stefanie Aranda und Josef Oechslin.
Identitäten verschmelzen: Lya Steinegger, Vanessa Horath, Pascal Caridnaux, Stefanie Aranda und Josef Oechslin.
Lya Steinegger und Vanessa Horath als Grossmütter. Bilder Christian Altorfer
Lya Steinegger und Vanessa Horath als Grossmütter. Bilder Christian Altorfer

Bühne

Jäger auf der Suche nach dem Ich

Mit der Premiere «Hotel zum glücklichen Jägermeister» der Theatergruppe «Fremde Vögel» wurde eine Inszenierung nach einem eigens erarbeiteten Text von Lukas Schmocker und seinem Team wurde im altgedienten, nun ausgemusterten Katharinahof eindrücklich aufgetischt.

Das Theater der Fremden Vögel ist zu einer veritablen Institution geworden. Was vor zehn Jahren durch die Idee einer Gruppe sozial denkender Miteinsiedler versucht wurde, ist heute eine immer wieder beeindruckende Verschmelzung von, wie wir es nennen, Normalen und den Behinderten. Mittels des Theaterspiels werden Dinge in diesen handicapierten Mitmenschen geweckt, die sonst verkümmerten. In solcher Art stehen sie bei uns. Und wie! Mit der Inszenierung 2012 «Der glückliche Jägermeister» nach einem eigens erarbeiteten Text von Lukas Schmocker und seinem Team wurde im altgedienten, nun ausgemusterten Katharinahof eindrücklich aufgetischt.

Das Stück und wir

Nur drei Personen durften jeweils in die sogenannte Schleuse treten. Diese Einrichtung ist gleichsam ein Übergang vom Alltag zur Suche nach dem Ich. Darin findet sich der wegweisende Hinweis: Hier werden sie zum Geschichtenleser! Bald einmal klammerte sich während der Vorführung, welche eigentlich eine Führung war, eine Frage an den Theaterbesucher: Ist der Mensch nicht ein Jäger, wenn er auf der Suche nach seinem Ich ist? Der Gast wurde zu seinem Platz in einem Halbrund gebeten. Alsbald berieselte ihn esoterisch anmutende Musik. Spannung baute der still daherkommende Jägersmann auf. Hinter einer beleuchteten Wand ertönten Texte aus Calderóns Welttheater. Nun passierten Dinge, welche hier bewusst nur angedeutet werden. Es wäre dem Stück die Brisanz genommen, würde zu viel davon berichtet. Eine Originalität sei aber verraten. Alle Figuren heissen Regula. Damit wohl andeutend, dass wir Menschen eigentlich alle gleich sind.

Von Zimmer zu Zimmer

Einer Reisegesellschaft ähnelnd machten sich, nach manchen Turbulenzen, die Figuranten zum Zimmerbezug auf. Die Besucher folgten ihnen. Aber was für Zimmer waren das! Die oberflächliche Besichtigung dieser Zimmer lässt den Gedanken schnell auf Pipi Langstrumpfs Villa Kunterbunt lenken. Bald einmal bemerkt der Betrachter aber einen entscheidenden Unterschied. Hier dienen die Räume nicht dem jugendlichen Übermut, sondern sie weisen abschnittweise auf Lebensräume hin. Jeder Schritt des Theaterbesuchers führte zu einer neuen Szene aus dem Leben, seinem Leben. Eine Rosine daraus: Ein junges Paar wälzt Gedanken über ihr eigenes Ich im Zusammenhang mit ihrem naturgegebenen Aussehen. Regisseur Lukas Schmocker leitete den Journalisten auf den Gedanken, dass man solcherart selbst zum Jäger würde. Ein anderer Vergleich sei hier erlaubt. Im Naturtheater auf dem Ballenberg wandert der Theaterbesucher mit den Szenen mehrheitlich durch die freie Natur. Im alten Hotel geschieht etwas ähnliches, die Szenen folgen sich hier beim Durchstreifen der Räume.

Wer bin ich?

Dem Jäger stellte sich mittlerweile die Frage: Wer bin ich? Wie hingeworfen fand man Zitate an den langsam verlotternden Wänden. Vom Psychologen Mercier ist zu lesen: Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben, was in uns ist. Was geschieht mit dem Rest? Der unterhaltsame Rundgang endete wieder im Startraum. Nun vertiefte sich die Ichsuche in der Form eines direkten Zusammentreffens. Durch eine geschickt geführte Steigerung dieser Begegnungen bis in die Traumwelt gipfelte das Stück in einem Finale, das zum infernalen, fast desaströsen Ende mündete.

Die Darstellung, die Leute dahinter

Erinnernd wurde eingangs auf die bisherigen Aufführungen hingewiesen. Wer diese besucht hat, stellt eine stete Steigerung in der Darstellungsweise der Fremden Vögel fest. Beim Jägermeister verwischen sich meist die Grenzen zwischen ihnen und den Normalen. Der Besucher kann Szenen erleben, die zum Staunen veranlassen. Dies ist ein Zeugnis in zweierlei Hinsicht. Einerseits wird damit bewiesen, dass die Handicapierten keineswegs in die Ecke gestellt werden sollten. Auch in ihnen schlummert mancherlei, das auf Öffnung wartet. Anderseits ist es geradezu bewundernswert, wie Lukas Schmocker diese Muschel zu öffnen weiss, damit wir die Perle darin entdecken dürfen. Dazu kommt ein Team, das mit ihm

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

22.06.2012

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www.schwyzkultur.ch/rZwHJJ