Sich an eine gültige Form herantasten: Test-Projektion an die Front der Klosterkirche. Bild Welttheater Gesellschaft
Sich an eine gültige Form herantasten: Test-Projektion an die Front der Klosterkirche. Bild Welttheater Gesellschaft

Bühne

Kleine Menschen auf einem viel zu grossen Platz

An der traditionell national ausgerichteten Medienkonferenz gaben Vorstand und künstlerische Leitung Einblicke in ihre Arbeit. Das Unterfangen ist auf Kurs.

Ins Museum Fram, dessen aktuelle Ausstellung dem Welttheater gewidmet ist, lud die Welttheater Gesellschaft gestern Donnerstag die Journalisten zur traditionellen, national ausgerichteten Medienkonferenz. Das Echo auf die Einladung war erfreulicherweise ziemlich gross. Rund 20 Redaktionen waren vertreten – Zeitungen, Radios und Fernsehen.

«Einmaligkeit verloren»

Präsident Peter Kälin erinnerte daran, dass das Einsiedler Welttheater im Laufe der Jahre seine «gewisse Einmaligkeit» verloren hätte, da es heute «in jedem kleineren und grösseren Ort, an Seen und selbst im Hochgebirge Theateraufführungen» gäbe. Einsiedeln stehe im Wettbewerb und somit in Konkurrenz mit anderen Freilichtspielen. Er gab sich aber überzeugt, mit Autor Tim Krohn und Regisseur Beat Fäh jene Personen gefunden zu haben, welche zusammen mit dem künstlerischen Stab «befähigt sind, die grosse Tradition des Einsiedler Welttheaters erfolgreich weiterzuführen». Zieht man mangels anderer Vergleiche den Vorverkauf zu Rate, scheint die präsidiale Einschätzung mindestens derzeit nicht falsch zu sein, liegen doch die 12'500 abgesetzten Tickets um 15 Prozent über der Marge der letzten, ebenfalls erfolgreichen Spielzeit (mit letztlich 66'000 Zuschauern).

«Wir predigen nicht»

Tim Krohn rief noch einmal den Gestehungsprozess in Erinnerung, dass er drei Stücke geschrieben und zwei verworfen hätte, ehe nach zweijährigem «Ringen» die jetzige Fassung entstanden sei. «Das Ganze war ein ziemlicher Spagat», meinte der eben erst Vater gewordene Schriftsteller. Hier die von Calderón entworfenen Prototypen, da die Ansprüche des Regisseurs, der «Menschen aus der heutigen Zeit» auf der Bühne haben wollte. Mit dem Ergebnis, dass Krohn Calderóns Figuren zwar auftreten, sie aber aktuelle, zeitgemässe Fragen stellen lässt. «Wir sind nicht mehr die dem Schicksal unterworfenen Menschen wie zur Zeit Calderóns. Heute haben wir eine Flut an Möglichkeiten. Doch was passiert, wenn wir in der Lage sind, Gottes Schöpfung zu ‹verbessern›? Nach welchem Kriterium entscheide ich?» Krohn verneint, Antworten geben zu müssen: «Wir predigen nicht. Aber vielleicht machen wir mit unserem Spiel Sachen wieder denkbar, welche man meint, bereits beantwortet und damit erledigt zu haben.»

«Wer kann unser Meister sein?»

Diesen Gedanken führte Beat Fäh fort: «Es ist heute nicht mehr so einfach, in richtig oder falsch zu unterscheiden.» Das hätte Auswirkungen auf die Inszenierung. Sich auf Goethes «Zauberlehrling» berufend, verriet der Regisseur, mit der «Lawinenproblematik» zu arbeiten. Einer habe eine Idee und beginne mit etwas … Bei Goethe war es der Zauberlehrling, der lediglich seine Lebensbedingungen verbessern wollte. «Sein naiver Traum vom Schlaraffenland», so Fäh, «endete beinahe im Untergang.» Zum Glück habe sein Meister die richtigen Worte gefunden: «In die Ecke, Besen! Besen! Seids gewesen!» Doch wer, so Fähs Frage, «kann heute rollende Lawinen stoppen? Wer kann unser Meister sein?»

Diese Begeisterungsfähigkeit!

Fasst Beat Fäh seine bisherigen Erfahrungen zusammen, gerät er ins Schwärmen: «600 Leute arbeiten während 8 Monaten zusammen – das ist eine extrem optimistische Botschaft.» Diese Begeisterungsfähigkeit sei sensationell und degradiere das Theater «zum Gegenstand». Lob verteilte er auch seinem künstlerischen Stab und der Produktionsleitung, was Carolin Mittler (Bühnenbild und Kostüme) nur bestätigen konnte. In ihrem Atelier im «Rebstock» arbeiten über 20 Männer und Frauen; der jüngste 8, der älteste 91 Jahre alt. «Und alle sind begeistert.»

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

05.04.2013

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