Staunend halten Maria (Oscar Sales Bingisser) und Josef (Andy Nzekwu) das Neugeborene in den Händen. Foto: zvg
Staunend halten Maria (Oscar Sales Bingisser) und Josef (Andy Nzekwu) das Neugeborene in den Händen. Foto: zvg

Bühne

«Messias» heilt die Herzen des Publikums

Premiere der Weihnachtskomödie «Der Messias» in Dialektfassung: Die witzige Interpretation der Weihnachtsgeschichte hat das Publikum zu manchem Heiterkeitsausbruch hingerissen.

Wenn zwei glück- und mittellose Schauspieler sich aufmachen, den Messias aufzuführen, dann darf das Publikum viel Klamauk erwarten. Denn das Chärnehus ist kein grosses Schauspielhaus und Bingi und Zeku sind nicht die gros sen Stars am Theaterhimmel. An Eifer und gutem Willen fehlt es ihnen freilich nicht, aber ihre Umsetzung der Weihnachtsgeschichte will einfach nicht der grosse Wurf werden, den sie sich erhofft haben. Es fängt damit an, dass die Musikerin Frau Rüdisühli zu spät kommt, ans Klavier rauscht, das berühmte «Halleluja» von Georg Friedrich Händel ziemlich uninspiriert in die Tasten haut und dann gleich wieder verschwindet. So viel Dreistigkeit macht die beiden Provinzdarsteller erst einmal sprachlos. Das soll sich aber bald ändern, denn Bingi und Zeku lassen sich von ihrer Messias-Mission so schnell nicht abbringen, die Aufführung nimmt ihren turbulenten Lauf.


Glorios die Darstellung …


Oscar Sales Bingisser und Andy Nzekwu sind Bingi und Zeku, die ihrerseits das ganze evangelische Personal spielen, angefangen bei der zickigen Maria, dem tölpelhaften Josef und Erzengel Gabriel bis zu Herodes und Gott, dem «Heavenly Father» im rotsamtenen Morgenrock. Mangels technischer Raf  nesse und passender Requisiten kommen eine Leiter, ein Koffer, alte Tücher zum Einsatz – und ein Drahtesel. Manchmal bleibt den beiden Schauspielern in der Not nur noch die Pantomime, um ihr Rollenspiel zu präzisieren. Glorios die Darstellung von Bingisser alias Bingi alias die jungfräuliche Tempelnäherin Maria – «und das mit fast sechzig!», wie Bingi/Bingisser seinen schauspielerischen Spagat einmal zeternd verteidigt.


Und immer wieder das Publikum


Die beiden Provinzschauspieler Bingi und Zeku lechzen nach der Anerkennung des Publikums und wenden sich deshalb immer wieder zu ihm hin, erklären das Stück und sich selbst, spielen sich auf und schwärzen sich gegenseitig an. Der angeberische Zeku betont, welche bedeutende spirituelle Entwicklung er in der letzten Zeit durchlebt habe. Bingi hingegen ist nur in sich selbst gegangen – und dabei nicht gerade weit gekommen. Das Publikum wird auch als Sprechchor in das Geschehen miteinbezogen. Fulminant: Die Volkszählungs-Szene, in welcher die Zuschauer gegen den im Stil eines arroganten FDP-Politikers auftretenden Herodes (Andy Nzekwu) aufgehetzt werden, was natürlich in einem Streit zwischen Bingi und Zeku endet. Inzwischen ist auch die Musikerin Bertha Rüdisühli (Renate Anderegg) längst wieder aufgetaucht und untermalt das Geschehen auf der Bühne mit passender Musik. Mal weihnachtlich besinnlich, mal jazzig- rockig. Auch Frau Rüdisühli hat ihre besten Tage hinter sich, was sie nicht daran hindert, unverhofft einen Rock’n’Roll mit viel Körpereinsatz zum Besten zu geben.


Sinn der Weihnachtsgeschichte


Zwischen all dem zuweilen derben Witz und Klamauk blitzt immer wieder die Botschaft des Evangeliums hervor, die stellenweise mit fast kindlicher Ernsthaftigkeit interpretiert wird. Gott (Andy Nzekwu) wird von Erzengel Gabriel darauf aufmerksam gemacht, dass es den Menschen auf der Erde schlecht gehe. «Die Menschen?», fragt der himmlische Vater, «Ach ja, die Menschen », erinnert er sich schliesslich und entscheidet, die Herzen der fast Vergessenen rasch zu heilen, indem er den Messias zu ihnen schickt. Stellvertretend für die Menschheit finndet Zeku durch die schauspielerische Erarbeitung des Messias auf der Provinzbühne am Ende seinen inneren Frieden. Oscar Sales Bingisser, Andy Nzekwu und Renate Anderegg ist zusammen mit Regisseur Alex Stoia ein Kabinettstück des Kleintheaters gelungen, das sein Publikum begeistern und erheitern wird. Die Mischung zwischen provinziellem Schwank, gespielter Improvisation und der lustvollen Darstellung der überforderten und sich selbst überschätzenden Protagonisten ist komödiantische Kleinkunst vom Feinsten. Kleine Längen im zweiten Teil vermögen das Theatervergnügen nicht zu trüben. Lachen ist gesund und hat eine heilende Wirkung. So gesehen heilt der «Messias» im Chärnehus die Herzen seines Publikums garantiert – vielleicht sogar nachhaltiger als nur einen Abend lang. Einsiedler Anzeiger / Gina Graber

Autor

Einsiedler Anzeiger

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  • Bühne

Publiziert am

12.12.2017

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