Die Macher inmitten ihrer Ausstellung (von links): Die beiden Co-Kuratoren Heinz Nauer und Giulia Passalacqua sowie Fram-Präsident Hanspeter Pfister. Bild Victor Käliln
Die Macher inmitten ihrer Ausstellung (von links): Die beiden Co-Kuratoren Heinz Nauer und Giulia Passalacqua sowie Fram-Präsident Hanspeter Pfister. Bild Victor Käliln
Benziger druckte auch profane Produkte: Ausser Lebensmittelmarken, Werbeplakate oder Briefmarken kamen beispielsweise auch Banknoten für die Kantonalbank Schwyz hinzu. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte jeder Kanton sein eigenes Geld. Bild Patrizia Pfiste
Benziger druckte auch profane Produkte: Ausser Lebensmittelmarken, Werbeplakate oder Briefmarken kamen beispielsweise auch Banknoten für die Kantonalbank Schwyz hinzu. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte jeder Kanton sein eigenes Geld. Bild Patrizia Pfiste
«Irgendwie lebt Benziger weiter»: Fotografierte Erinnerungen an eine Weltfirma, gesehen in der alten und neuen Welt. Bild zvg
«Irgendwie lebt Benziger weiter»: Fotografierte Erinnerungen an eine Weltfirma, gesehen in der alten und neuen Welt. Bild zvg

Dies & Das

Als Einsiedeln keine Provinz war

Geschichte und Gegenwart vereint die neue Ausstellung im Museum Fram. Mit dem Thema «Benziger» kommt nach Einsiedeln zurück, was zuvor von hier aus 200 Jahre lang selbst in die Welt exportiert wurde.

Wer den Original-Nachlass der einst weltweit tätigen Firma Benziger hütet, steht spätestens dann vor der Qual der Wahl, wenn er zu diesem Thema eine Ausstellung konzipiert. So ist es den beiden Co-Kuratoren Heinz Nauer und Giulia Passalacqua, Designer Mathis Füssler und Fram-Präsident Hanspeter Pfister ergangen, als sie aus einer Fülle von Objekten auswählen mussten.

Das Buch und die Ausstellung

«In dieser Ausstellung stecken mehrere Ausstellungen drin», fasst Nauer die thematische Breite zusammen. Die Bedeutung zu Einsiedeln, die Angestellten, Produktion und Technik … «sind alles Themen, die eine eigene Schau wert wären. Benziger – in diesem Wort stecken Welten drin». Nauer weiss, wovon er spricht, hat er sich im Rahmen seiner Dissertation sieben Jahre lang mit «Benziger» befasst. Seine Arbeit liegt pünktlich zur Ausstellung auch in Buchform vor: «Fromme Industrie. Der Benziger Verlag Einsiedeln 1750–1970». Das 400 Seiten zählende Buch erhält am Sonntag, 17. Dezember, im Rahmen einer Sonderveranstaltung den würdigen Rahmen, natürlich im Museum Fram an der Eisenbahnstrasse. Dennoch ist das Buch an der Ausstellung omnipräsent, bildet dessen Inhalt die Grundlage der Schau.

200 Jahre in sechs Themen

Die Ausstellungsmacher haben Recht, wenn sie nicht ohne Stolz behaupten, dass das, was im Museum Fram gezeigt wird, «zuerst einmal eine Augenweide ist». Unzählige, teilweise noch nie gesehene Exponate veranschaulichen das «Imperium Benziger». In sechs thematischen Blöcken wird der Besucher auf eine Zeitreise geschickt. • Benziger und Einsiedeln • Benziger und die Welt • Benziger und der Papst • Verleger und Angestellte • Massenprodukte • Aufbruch und Abbruch Aus dieser mehrschichtigen Perspektive reflektiert die Ausstellung die Geschichte des Benziger Verlags. Von der Bedeutung der Firma für die Region, die bemerkenswerte Expansion nach Übersee und die Verbindung in den Vatikan und zum Papst; sie gibt Einblicke ins Innenleben der Verlegerfamilie und macht anschaulich, wie aufwendig es im vordigitalen Zeitalter war, Bücher und Bilder in hohen Auflagen zu produzieren. Die Ausstellung schöpft dabei in erster Linie aus dem reichen Fundus an historischen Originalobjekten aus dem Nachlassarchiv des Verlags und zeigt, wie sich die Verlagsprodukte über 200 Jahre hinweg veränderten. Zu den Produkten gehörten zunächst vor allem Gebetbücher und Andachtsbilder, später auch Schul- und Sachbücher, Zeitschriften und Romane. Unter den benzigerschen Druckerpressen entstanden aber auch Werbeplakate oder Banknoten für die schweizerische Eidgenossenschaft. Auf den Aufbruch der Nachkriegszeit folgte ab Ende der 1970er-Jahre der jähe und für viele Beobachter unerwartete Niedergang des Unternehmens. 1984 wurde die Firma Benziger von einer deutschen Verlagsgruppe übernommen. 1995 schloss der Standort Einsiedeln nach über 200 Jahren definitiv seine Tore. Ein Stück internationaler Schweizer Kulturgeschichte nahm sein Ende.

Bis in die Gegenwart hinein

Die äusserst aufschlussreiche Ausstellung erlaubt dem Betrachter die Möglichkeit, in die wechselvolle Geschichte eines Verlags einzutauchen, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts begann und im auslaufenden 20. Jahrhundert endete. Es ist ein Stück Geschichte, das eng mit der Entwicklung des Klosterdorfs verbunden war. Es macht den besonderen Reiz der Ausstellung aus, dass Benziger eben mehr als nur Geschichte ist. Zahlreiche einstige Mitarbeitende haben die Kuratoren bereits im Vorfeld der Ausstellung befragt (der EA berichtete). Diese Zeitzeugen kommen am Donnerstag, 2. November, im Museum Fram nochmals zu Wort: «Arbeiten bei Benziger. Ehemalige Mitarbeiter des Verlags im Gespräch mit Heinz Nauer» heisst der öffentliche Anlass. Und wer in der Ausstellung selbst Zeugnisse der letzten Firmenjahre sucht, wird spätestens bei Gerd Heckmanns Tagebuch fündig, der 1983 «Den zeitlichen Ablauf der Affaire Benziger » minutiös aufzeichnete. Benziger: Das war gestern. Und ist doch heute geblieben.

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Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

13.10.2017

Webcode

www.schwyzkultur.ch/eRTn42