Regierungsrat Michael Stähli (stehend) sowie die Podiumsteilnehmer (von links): Patrick Schoeck, Beat Waeber, Lucas Steiner und Anja Buschow Oechslin. Foto: Victor Kälin
Regierungsrat Michael Stähli (stehend) sowie die Podiumsteilnehmer (von links): Patrick Schoeck, Beat Waeber, Lucas Steiner und Anja Buschow Oechslin. Foto: Victor Kälin

Dies & Das

«Ohne Akzeptanz kein Schutz»

Das baukulturelle Erbe des 20. Jahrhunderts steht im Kanton Schwyz unter Druck. Dass es nicht immer am Geld liegt, sondern auch an Wissen und Willen, zeigte ein Podiumsgespräch in Einsiedeln.

Der Schwyzer Regierungsrat Michael Stähli sieht den «Denkmalschutz am Bröckeln». Das entspreche ebenso der wahrgenommenen Realität, wie dem politischen Klima auf Bundes- und Kantoneebene. Gerade die Totalrevision des Gesetzes über die Denkmalpflege und Archäologie (Denkmalschutzgesetz) habe gezeigt, «wie kontrovers die Diskussionen » auch im Kanton Schwyz seien. Um das baukulturelle Erbe erhalten zu können, ist es gemäss Stähli jedoch unerlässlich, «das politische Umfeld miteinzubeziehen ». Voraussetzung dafür seien «eine gesunde Dialogkultur, Offenheit für Neues und Respekt vor dem Gebauten».


«Am Tisch, nicht via Medien»


Diese Aussagen machte der Schwyzer Bildungsdirektor im Rahmen der Innerschweizer Denkmalwoche, welche am letzten Donnerstag, 6. September, in der Bibliothek Werner Oechslin in Einsiedeln Halt machte. Der Einladung des Architekturforms Schwyz, der kantonalen Denkmalpflege, des Schwyzer Heimatschutzes sowie der Stiftung Bibliothek Werner Oechslin folgten rund 50 Personen. Zur offenen Enttäuschung Stählis liess sich der Schwyzer Heimatschutz allerdings entschuldigen. Absicht müsse doch sein, so Stähli, am Tisch miteinander zu reden und nicht via Medien. Damit sprach er die Praxis des Heimatschutzes an, oft interne Stellungnahmen zu veröffentlichen, um so Druck auf den politischen Entscheid auzuüben.


Diskurse fehlen und die Kriterien


In Form eines offenen Podiumsgesprächs unter der Leitung von Beat Waeber, dipl. Arch. ETH BSA, thematisierten die Kunsthistorikerin Dr. Anja Buschow Oechslin, der Kunsthistoriker und stellvertretende Geschäftsführer des Schweizer Heimatschutzes Patrick Schoeck sowie Lucas Steiner, dipl. Arch. ETH SIA, das baukulturellen Erbe des 20. Jahrhunderts im Kanton Schwyz. Dabei stellte sich schnell einmal heraus, dass nicht nur die politischen Diskurse über die Baukultur des 20. und 21. Jahrhunderts fehlen, sondern – schlimmer noch – die Kriterien. Deshalb, so Waeber, würden die baukulturellen Werke der Neuzeit unter Druck geraten: «Wenn die Akzeptanz in der Gesellschaft fehlt, kann man keine Bauten schützen.» So war der Ruf nach einer «neuen Inventarisierung» rasch zu hören. «Das», so Patrick Schoeck, «würde dem Kanton Schwyz gut anstehen. » Für ihn steht ausser Frage, dass auch neue, moderne Bauten schutzwürdig sind und ins Kigbo, ins kantonale Inventar geschützter Bauten und Objekte, gehören. Stattdessen würden noch immer viele dieser baugeschichtlichen Zeugen verändert, aufgestockt oder gar abgebrochen. Die Frage nach einer allfällig zu grossen Nähe der aktuellen Baukultur gegenüber relativierte Professor Werner Oechslin: Was die Ästhetik betreffe, gehe die Wissenschaft von rund 40 Jahren Differenz aus, damit die Einordnung aus der gebotenen Distanz erfolgen könne. Selbstkritisch nahm Beat Waeber aber auch die eigene Zunft in die Pflicht: «Das Problem beginnt schon bei der Ausbildung. Die Architekten werden heute geschult als Optimierer der Ökonomie.» Die Folgen davon skizzierte Anja Buschow Oechslin als «Bauten, deren Anbindung zu Strassen, Plätzen und anderen Gebäuden völlig fehle. Die Häuser stehen da wie UFOs».


Einsiedler Anzeiger / Victor Kälin

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Einsiedler Anzeiger

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  • Dies & Das

Publiziert am

11.09.2018

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