Karl Hensler während der Buchpräsentation von «Ein Salve Regina für den Mörder». Bild Christian Marty
Karl Hensler während der Buchpräsentation von «Ein Salve Regina für den Mörder». Bild Christian Marty

Dies & Das

Vergessenes in Erinnerung rufen

Ein Mord im Kloster – und Ungereimtheiten im Kinderheim:
Dies sind, ganz grob gesagt, die Zutaten, aus denen Karl Hensler einen gar nicht so leicht verdaulichen Krimi mit sozialkritischem Hintergrund macht.

Sein Werk sei eine Mischung aus Fiktion und Realität, sagt der Autor, die Ausführungen zum Mord seien erfunden, die Darlegungen zum Kinderheim seien historisch. «Ich konnte beim Schreiben nicht nur meine Fantasie, sondern auch meine Kenntnisse zum Besten geben », bekundet Hensler, der in seinen Jugendjahren Einblick in die Geschehnisse rund um das Dorfzentrum Einsiedeln erhalten hat – bekanntlich ist es im ehemaligen Kinderheim mehrfach zu unschönen Szenen gekommen.

Lesung und Diskussion

Am vergangenen Freitag hat in den Räumlichkeiten des Museums Fram die Buchpräsentation stattgefunden. Während der ersten Hälfte des Abends las der Autor einige Passagen vor, und im Anschluss daran wurde das Publikum in eine Diskussion miteinbezogen. Im Zuge der Veranstaltung erfuhr man, dass es sowohl dem Autor als auch dem Publikum weniger um die Fiktion als vielmehr um die Realität ging: Wie konnte es sein, dass es an einem Ort, der eigentlich für das Wohl von Kindern zu sorgen hatte, in vielen Fällen zum blanken Gegenteil kam? Die im Verlauf der letzten Monate intensiv geführte Debatte um die «KESB» – die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde – hallte beim Gedankenaustausch anscheinend nach: Das Thema sorgte bei einigen Stimmen für eine erhöhte Tonlage. Hensler sprach von der «Überforderung der Heimleitung». Gäste verwiesen auf den «Zeitgeist». Und einig waren sich die Wortmelder, dass es heute, rund 60 Jahre nach der Spielzeit des Romans beziehungsweise rund 60 Jahre nach den in Rede stehenden Ereignissen, um die Situation in den Heimen «besser» stehe. Im vorgestellten Buch nimmt dies alles einen breiten Raum ein; ein Polizeikommissar, «Detektiv Stöber», macht sich auf eine Tour de Force durch eine Ortschaft, die derjenigen des Klosterdorfs bis aufs Haar gleicht, findet man sich doch manchmal vor einer prachtvoll barocken Kulisse wieder, ist man doch zuweilen von düsteren Wäldern umgeben.

Die Gewalt und der Zeitgeist?

Allzu viel sollte man nicht verraten – die Auflösung des Falls erfolgt erst ganz am Ende von «Ein Salve Regina für den Mörder». Auf einer guten Recherche ruht die Arbeit, ja, als Grundlage der Erzählung dienen einerseits viele mündliche und andererseits zahlreiche schriftliche Quellen. Ungeachtet dessen bleiben gewisse Mankos nicht aus: In welchen Kontexten entsteht Gewalt? Gibt es überhaupt so etwas wie Zeitgeist? Über derlei Problematiken hätte man etwas beschlagener schreiben können, denn zu beidem gibt es reichlich Literatur. Dass Gewalt etwas mit dem Zeitgeist zu tun hat, bezweifeln viele Theoretiker – eher besässen Menschen eine grundsätzliche Veranlagung zur Gewalttätigkeit, und in spezifischen, für die Gewalttätigkeit Prämien aussetzenden Situationen liege es nahe, gewalttätig zu werden. «Ungeheuer ist Vieles. Doch nichts ist ungeheurer als der Mensch.» Vielleicht – es liegt wohl im Auge des Betrachters – sind diese Mankos bloss eine Nebensache. Für diejenigen Leser, die das Ganze unter dem Gesichtspunkt der Aufarbeitung eines düsteren Kapitels der Einsiedler Geschichte betrachten, erinnert Karl Henslers Stück an eine Geschichte, die eigentlich zum Vergessen ist – so gesehen ruft er damit also Vergessenes in Erinnerung.

Buch «Ein Salve Regina für denMörder»

im Buchhandel erhältlich,in Einsiedeln bei Buchhandlung
Benziger.

ISBN-Nummer
978-3-7103-3190-9

Einsiedler Anzeiger (chm)

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

27.06.2017

Webcode

www.schwyzkultur.ch/1ZY5C7