Kommen, sehen und sich durch die vielen Exponate individuell ansprechen lassen: Werner Oechslin in der neuen Ausstellung «Stadt und Staat». Bilder Victor Kälin
Kommen, sehen und sich durch die vielen Exponate individuell ansprechen lassen: Werner Oechslin in der neuen Ausstellung «Stadt und Staat». Bilder Victor Kälin
Immer wieder faszinierend, welche «Schätze» die Bibliothek Oechslin hortet: Hier zelebriert Jean Jacques Moll (1743–1828) mit seinem städtebaulichen Vorschlag eine rigide geometrische Ordnung. .
Immer wieder faszinierend, welche «Schätze» die Bibliothek Oechslin hortet: Hier zelebriert Jean Jacques Moll (1743–1828) mit seinem städtebaulichen Vorschlag eine rigide geometrische Ordnung. .

Dies & Das

Vom Traum der «perfekten» Stadt

Zur Ausstellungseröffnung der Stiftung Bibliothek Werner Oechslin: Auf welcher grundlegenden Ordnung lässt sich die «perfekte» Stadt bauen? Anschauungsunterricht für die Gegenwart liefert eine Ausstellung, die konsequent aus der Vergangenheit schöpft.

Werner Oechslin ist ein origineller Mensch. Das Erste, was dem emeritierten ETH-Professor zur aktuellen Architektur-Ausstellung über die Ordnungen der Stadt einfällt, ist das Glück! «Der Mensch hat das Bedürfnis, glücklich zu sein», stellt der Hausherr kategorisch fest. «Und jeder, der eine Stadt plant, muss sich dem Glück der Menschen annehmen.»

Motor des Zusammenlebens

Unter dieser Prämisse vermag das erste Exponat der neuen Ausstellung dann nicht mehr zu überraschen: Das Büchlein von Filippo Beroaldo, eine Inkunabel aus dem Jahr 1495 (!), heisst schlicht «De felicitate opusculum» - eine kleine Schrift über das Glück. Auf einer leicht verständlichen Schautafel ist nachzulesen, dass das «gemeinsame und geteilte Glücksstreben den Motor des Zusammenlebens in einer Stadt bildet. Aus diesem Grund, wegen eines gemeinsamen Gutes, fügt man sich in einer Stadt zu einer - communio -, zu einer Gemeinschaft mit gemeinsamen Regeln, einer gemeinsamen Verfassung und gemeinsamen Vor- und Nachteilen zusammen. Das ist der tiefere Grund einer Stadt, dem die regelhafte Form - ganz wörtlich im Grund-Riss - einprägsam und symbolhaft hinzugefügt wird.» Die Stadt (und im übertragenen Sinn auch der Staat) soll also Raum und Rahmen sein, in welchem sich «das Glück» des Menschen entfalten kann: Sie muss Platz bieten zum Wohnen, Möglichkeiten für den Erwerb, Schutz vor Feinden, die Hygienebedürfnisse abdecken und die Ästhetik befriedigen.

Denkanstösse liefern

«Die Stadt ist eine ordnende Massnahme - allerdings in einer komplexen und widersprüchlichen Realität», fasst Oechslin zusammen. Das Thema Städteplanung sei deshalb von kaum nachlassender Aktualität; derzeit setzt gerade die Revision des Raumplanungs gesetzes die wesentlichen Akzente. «Ökonomie und Landschaftsschutz» seien die beiden Pole, an denen sich Politiker, Planer und Bauherren mehrheitlich orientieren würden - «und das hat», so Oechslin bedauernd, «zu keinem Konsens geführt. Ein gemeinsames Bewusstsein zu entwickeln, ist unter diesen Voraussetzungen natürlich schwierig.» So versteht er die Ausstellung durchaus als «Denkanstoss»: Mit rund 150 Exponaten aus sieben Jahrhunderten liefert sie Anschauungsmaterial in noch nie gesehener Dichte. Trotz offensichtlicher Geschichts lastigkeit ist für Oechslin die Aktualität gegeben: «Der Betrachter kann die alten Bilder problemlos auf die Gegenwart übertragen. Darauf vertraue ich.» Die Ausstellung liefert keine Antworten, sondern zeigt die Breite der geführten Diskussion in didaktischer Form auf: Der Städtebau kennt grundsätzlich zwei Alternativen, zwei Konflikte geradezu: Alles abreissen und komplett neu beginnen; oder am Bestehenden weiterbauen und verbessern. Die Ausstellung wertet nicht, sondern liefert - mehrheitlich spektakuläre - Bilder und Aussagen zu den beiden Denkmodellen.

Beeindruckend und begeisternd

Die Ausstellung richtet sich aber nicht ausschliesslich an ein Fachpublikum. «Die Leute sollen kommen, sehen und sich individuell ansprechen lassen», sagt Werner Oechslin. Er findet die Ausstellung «sehr grifflich, be-greifbar». Das wird jeder Betrachter bestätigen, wenn er sich erst einmal unvoreingenommen von Vitrine zu Vitrine bewegt. Man braucht kein Städteplaner zu sein, um sich von der Vielfalt der gezeigten Exponate beeindrucken und begeistern zu lassen.

Die aktuelle Ausstellung belegt einmal mehr, welche unglaublichen Schätze Werner Oechslin in seiner einzigartigen Sammlung zusammengetragen hat - und ab morgen Samstag der Öffentlichkeit mindestens ansatzweise zugänglich macht.







«Staat und Stadt: Ordnungen - himmlische, mensch-ge

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Publiziert am

06.03.2015

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www.schwyzkultur.ch/ePsRrx