Was steht wohl auf der Rückseite dieser alten Ansichtskarte? Fotos: Paul Jud
Was steht wohl auf der Rückseite dieser alten Ansichtskarte? Fotos: Paul Jud

Dies & Das

Wertvolles Kulturgut präsentiert

Ausstellung «Grafika 2017» im Kultur- und Kongresszentrum Zwei Raben in Einsiedeln.

Die «Grafika 2017», Markt und Ausstellung für gedruckte Grafik, lockte im Inneren des Kultur- und Kongresszentrums Zwei Raben mit einem breiten Angebot kostbarer Drucksachen aus der Zeit, als Bleisatz und Buchdruck ihre Blütezeit hatten, wo Drucker echte Kunsthandwerker waren. Schöne Bücher aus dem Zeitraum von 1850 bis 1950 waren zu bestaunen, so ein Pilzbuch, herausgegeben um 1900. Oder es lockte ein Plakat der Südostbahn zum Kaufen, ein Plakat, das verkündete, dass die Bahn nun elektrifiziert sei. Das war noch die Ära des greifbaren Fortschritts. Heute wäre auf der Einsiedler Strecke eine Dampfbahn eine Sensation – die Zeiten ändern sich. «Am Morgen gute Geschäfte!» Etliche Einsiedler sassen hinter den Tischen und verkauften ihre zum Teil während Jahrzehnten gesammelten Kostbarkeiten – unter ihnen das Einsiedler «Sammler-Urgestein » Karl Hensler, «Tell». Seine Raritäten lassen den Kenner mit der Zunge schnalzen. Fast ein bisschen resigniert meint er, dass der Markt «am Boden» sei, dass die Leute gar nicht mehr wissen, welche Kulturgüter hier versammelt sind. Einen Stand weiter meint Marty aus Rothenthurm, dass der Morgen sehr erfolgreich verlief. Da seien die vergifteten Sammler gekommen und hätten nach Raritäten gesucht – und sie gekauft. Karten und Drucke seien gut weggegangen. Bei den Briefmarken herrschte grosse Flaute. Und bei Büchern? Viele schöne Werke lagen auf – sie wüssten von grossen, vergangenen Zeiten zu erzählen. Sie lagen auch noch am späteren Nachmittag am gleichen Ort, auch wenn sie zu einem Spottpreis zu haben gewesen wären. So war die «Schweizer Geschichte» von Peter Dürrenmatt, ein Werk von 730 Seiten, erschienen 1963 im Schweizer Verlagshaus, mit vier Franken angeschrieben! Besser erging es am Stand von Eugen Schädler dem gebundenen Jahrgang 1891 aus dem Verlag Benziger, «Alte und neue Welt», illustriertes katholisches Familienblatt. Für geradezu lächerliche fünf Franken wurde es gekauft. Noch ein Wort zum Einsiedler Fotografen Louis Schönbächler. Ja, ja, neben Foti Fränzel gab es noch ihn. Er fotografierte in den 50ern und 60ern an Schwingfesten und für den Turnverein, war also Spezialist für Sportaufnahmen. Patrick Schönbächler suchte sich für seine ohnehin schon grosse Sammlung von alten Karten und Fotos ein paar besonders schöne Aufnahmen heraus. Ja, und dann beeindruckte die Bilderschau von vielen alten Aufnahmen aus den Vierteln, gezeigt auf der Saalbühne. Sie zeigten das Leben in den Dreissigerjahren. Da war die mäandernde Sihl noch zu sehen, das Gasthaus auf dem Etzel- Kulm, St. Meinrad, die Viertel und so weiter. Man hätte ewig sehen mögen. Wehmut tauchte auf, ein «Erinnerungsschneuzen» gehörte dazu. Schöne, untergegangene Zeit, reich an Kultur. Vieles wurde an diesem Sonntag zu einem Preis angeboten, der nicht erneut als Schnäppchen bezeichnet werden kann, in der Hoffnung, verkaufen zu können. Aber es fand sich kein Käufer dafür. Wir oder spätere Generationen werden wohl erst merken, was da verloren ging, wenn all die schönen – jetzt noch gehorteten – Sachen verschwunden sind – auf ewig. Schön, gibt es die «Grafika » noch und hoffentlich noch lange! / Einsiedler Anzeiger lj

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Einsiedler Anzeiger

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  • Dies & Das

Publiziert am

12.12.2017

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