Leta Bolli, Präsidentin der Kulturkommission, überreicht Susann Bosshard den Preis «Goldigä Chräh» und den symbolischen Check über fünftausend Franken. Fotos: Gina Graber
Leta Bolli, Präsidentin der Kulturkommission, überreicht Susann Bosshard den Preis «Goldigä Chräh» und den symbolischen Check über fünftausend Franken. Fotos: Gina Graber

Dies & Das

Literatur

«Dieser Preis ist das Ergebnis von Teamwork»

Am Samstag fand die gut besuchte Übergabe des Einsiedler Kulturpreises in der Fram statt. Susann Bosshard-Kälin wurde für ihre Bücher und Taten zum Bewahren von Einsiedler Frauen- und Emigrations-Geschichte( n) geehrt. Die Eggerin ist die dritte Empfängerin des 2019 von der Kulturkommission ins Leben gerufenen Preises.

An Preisverleihungen ist gelegentlich mit langatmigen Lobhudeleien auf die geehrte Person zu rechnen. Die Rednerinnen und Redner der Kulturpreisübergabe verstanden es am Samstag jedoch, in persönlichen Anekdoten trefflich über das Leben und Schaffen von Susann Boss-hard Kälin zu informieren und zu unterhalten. Die Egger Journalistin und Buchautorin war von der Kulturkommission aus zehn hochkarätigen Vorschlägen als Preisträgerin ausgewählt worden. Leta Bolli, Präsidentin der Kulturkommission Einsiedeln, ehrte in ihrer kurzen Einführung das langjährige, erfolgreiche und wichtige Schaffen von Susann Bosshard. Diese setzt sich seit Jahren für die Aufarbeitung von Geschichten von und über Menschen ein. Ihre zahlreichen Bücher aus der Perspektive von Frauen und Einsiedler Emigrantenfamilien sowie ihre Aufzeichnungen von Begegnungen mit Klosterfrauen und Bäuerinnen tragen dazu bei, dass scheinbar unscheinbare Biografien und Lebenssituationen niedergeschrieben und somit vor dem Vergessen bewahrt wurden.

 

«Ich bin anstrengend»

Susann Bosshard bezeichnet sich selber als anstrengend, eine ehrliche Selbsteinschätzung, die viele bestätigen, die mit ihr zu tun haben. Wenn sie sich ein Projekt vorgenommen hat, lässt sie es sich nicht mehr ausreden und setzt es beharrlich um. Sie verfolgt ihre Ziele fordernd und hartnäckig. Eines dieser Projekte ist «Einsiedeln elsewhere – Einsiedeln anderswo », das aufgrund einer USA-Reise entstand. Mit ihrem transatlantischen Engagement schuf sie eine Brücke zu Nachkommen von Einsiedler Auswanderern in Kentucky. So förderte sie den kulturellen Austausch und ermöglichte Verbindungen zwischen Einsiedler Familien hier und dort. Im Zusammenhang mit «Einsiedeln elsewhere» reiste 2018 sogar eine Delegation des Bezirks nach Kentucky, mit dabei auch Bezirksammann Franz Pirker, der in heiteren Anekdoten von dieser Reise berichtete. Er erfuhr Susann Bosshards Dickköpfigkeit immer wieder während gemeinsamen Gesprächen, in welchen «die Fetzen flogen». In seinem Rückblick auf die turbulenten Begebenheiten im fernen Kentucky schwang viel Bewunderung mit für die unbändige Kreativität, die Entscheidungskraft und den Willen der Preisträgerin, ihr Werk zu den Leuten zu bringen.

 

Unbrav sein als Erfolgsrezept

Die Laudatio hielt die freie Journalistin und Lektorin Claudia Hiestand. Auch sie ist des Lobes voll für den Ideenreichtum und die Hartnäckigkeit von Susann Bosshard. «Well-behaved women rarely make history (brave Frauen schreiben selten Geschichte)» zitierte sie einen beliebten feministischen Slogan und fuhr fort: «Sie schwimmt gegen den Strom, setzt sich über gesellschaftliche Konventionen hinweg und trifft mutige Entscheidungen: ‹Unbrav sein› ist Susann Bosshards Erfolgsrezept. » Ihre Vorgehensweise zeuge von empathischer Neugier, gespiesen von Menschenliebe: «Sie stellt präzise Fragen, forscht nach, will Verborgenes sichtbar machen. Sie hat mit ihren Geschichten Geschichte geschrieben und das Verständnis für die Rolle der Frauen geweckt. Jedes ihrer Bücher ist historisch wertvoll und sie geniesst zu Recht grosses Renommée.» Sie sei eine Frau, die in Bewegung sein will, nicht nur körperlich, sondern auch im Geist, Stillstand sei ihr ein Gräuel, charakterisierte Claudia Hiestand die Preisträgerin. Susann Bosshard definiert sich selbst aber nicht nur über Bewegung, sondern vor allem über Begegnungen. Das Zitat des Religionsphilosophen Martin Buber «Alles wirkliche Leben ist Begegnung » bezieht sich bei ihr allerdings nicht nur auf das Zusammentreffen mit anderen Menschen. Auch sich selber zu begegnen, sich selbst in der Stille zu erfahren gehört zu den Stärken der geehrten Autorin und Journalistin. Claudia Hiestand schloss ihre Laudatio mit den Worten: «Susann kanns nicht lassen, sie ist immer auf der Suche nach Neuem.»

 

Der Weg zum Gipfel

Auf die Frage, was der Preis für sie bedeute, bediente sich Susann Bosshard einer Metapher der Bewegung: «Der Preis fühlt sich an, wie die Ankunft auf einem Berggipfel nach einer langen Wanderung, wobei der Weg viel wertvoller war, als auf dem Gipfel zu stehen.» Oft musste sie das Geld für ein neues Projekt zusammenkratzen, denn ihre Ideen lösten nicht immer auf Anhieb die Begeisterung aus, die sie sich gewünscht hätte. Auf ihren Reisen ist sie vielen Menschen begegnet, die ihr Werk beeinflusst haben: «Die Geschichten dieser Menschen sind zu mir gekommen, wie Federn, die vor mir auf dem Boden gelegen sind, ich habe sie einfach aufgelesen», erklärt die Preisträgerin den unerschöpflichen Quell ihrer Projekt-Ideen und fährt fort: «Dieser Preis ist das Ergebnis von Teamwork, viele wichtige Menschen haben mich auf dem Weg zum Gipfel begleitet.» Allen voran erwähnte Susann Bosshard ihren Mann Jürg: «Seit 44 Jahren ist er mein zuverlässiger Partner und Freund, mein gnadenloser Kritiker und verlässliche Stütze. » Und auch ihre Töchter Annina und Catherina hätten sich mit ihrer «loud and gutsy Mum», mit ihrer lauten und draufgängerischen Mutter längst arrangiert.

Der stimmungsvolle Anlass wurde musikalisch vom Familientrio Zehnder «Tree!ouh» begleitet, das den Faden nach Kentucky mit lüpfigen Country-Songs aufnahm. Den Kulturpreis «Goldigä Chräh» gestaltete der Einsiedler Künstler Toni Ochsner.

 

Einsiedler Anzeiger / Gina Graber

Autor

Einsiedler Anzeiger

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  • Literatur

Publiziert am

12.09.2023

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