Inspiriert durch das Hundertwasser-Gemälde «Die Bäume sind die Blumen des Guten» haben die Kindergärtler eine riesige bunte Wand gestaltet. Fotos: Marlies Mathis
Inspiriert durch das Hundertwasser-Gemälde «Die Bäume sind die Blumen des Guten» haben die Kindergärtler eine riesige bunte Wand gestaltet. Fotos: Marlies Mathis
Wohl noch nie hat die Toilette im ehemaligen Kindergarten des Einsiedlerhofs dank seiner Blumenpracht so einladend gewirkt!
Wohl noch nie hat die Toilette im ehemaligen Kindergarten des Einsiedlerhofs dank seiner Blumenpracht so einladend gewirkt!

Dies & Das

Ein Paradies für kleine Künstler

Wenn Wände, Decken, Böden und Fenster zum Kunstwerk werden: Mit einer Kunstausstellung haben die Kindergärtler von Petra Fässler-Uhr und ihrer Teampartnerin Linda Bernasconi dem Einsiedlerhof sozusagen die letzte Ehre erwiesen. Die echten Künstler wären gewiss stolz auf die kleinen Nachahmer ihrer Werke gewesen.

Keith Haring, Joan Miró, Friedensreich Hundertwasser, Piet Mondrian oder Vincent van Gogh – für die Kindergärtler, welche bis vor eineinhalb Monaten im Einsiedlerhof in der «kleinen Villa Kunterbunt», wie die engagierte Kindergärtnerin Petra Fässler-Uhr ihren Kindergarten liebevoll nannte, unterrichtet wurden, sind dies nicht einfach irgendwelche leeren Worthülsen. In rund sechs Wochen haben sich die Dreikäsehochs zusammen mit ihren zwei Kindergärtnerinnen intensiv und ganzheitlich mit dem Thema bildnerische Kunst und so auch mit diversen Malern auseinandergesetzt. Entstanden ist daraus eine geniale und vielfältige Kinder-Kunstausstellung, welche beinahe das ganze erste Stockwerk, das Treppenhaus und etliche Fenster des Einsiedlerhofs einnimmt. Gelegenheit für dieses einzigartige Projekt, das am vergangenen Dienstagabend und während des ganzen Mittwochs der Öffentlichkeit präsentiert wurde und sehr viel Anklang fand, bot die Tatsache, dass der Einsiedlerhof in absehbarer Zeit abgerissen werden wird. So packte Petra die Chance, die sie schon lange als Idee im Hinterkopf gehabt hatte, und eroberte zusammen mit ihrer Kollegin und den Kindern das alte Gebäude mit Farben und Gestaltungstechniken aller Art – ein begeisternder Volltreffer!

Jeweils alle Sinne einbezogen


Bereits das Treppenhaus ist ein einziger Blickfang. Die Figuren des bekannten, früh verstorbenen amerikanischen Künstlers Keith Haring wurden von den Kindergärtlern zuerst mit viel Eifer im Turnen dargestellt, bevor es an die Ausführung an den Wänden ging. Die Kunstrichtung des spanischen Malers Joan Miró wurde auf raffinierte Weise erarbeitet, indem die Kids durch die von ihren Lehrerinnen vorgegebene spielerische Aufgabe, bei der sie würfeln durften, seine Bilder entstehen liessen. Dessen verspielte Bildsprache und die linienförmigen Zeichnungen in seinen abstrakten Gemälden eigneten sich dafür geradezu ideal.

Hundertwasser war Favorit


Einen grossen Teil an eigentlicher Bildbetrachtung nahmen die Werke des Österreichers Friedensreich Hundertwasser ein, der ja bekannt für seine warmen Farben und krummen Linien ist, bevor es an die gelungene Umsetzung ging. Er war zugleich einer der Favoriten der jungen Künstler, und so wurde der grösste Raum zu einem eigentlichen Hundertwasser-(Friedens-) Reich: Die Mauer, an der zuvor die Wandtafel gehangen hatte, wurde zu einer seiner typischen Häuserreihen, gegenüber der alte Einsiedlerhof in seine Art von Malerei eingekleidet und die grösste Wand zur wunderschönen, bunten und warmen Wiedergabe seines Werks «Die Bäume sind die Blumen des Guten», mit zahlreichen Spiralen aus Styropor. Ja selbst die Decke wurde mit verlängerten Pinseln und auf der Leiter oder dem Stuhl in strenger Arbeit in ein Kunstwerk umgewandelt!

Ausdauer, Spass und Stolz


Dass der Niederländer Piet Mondrian einen besonderen Platz in den Herzen der Kids einnahm, zeigen die vielen geometrischen Kompositionen mit den gradlinigen schwarzen Konturen und den Rechtecken in den Hauptfarben rot, gelb und blau. Da hüpfte doch das Herz der Schreiberin vor Freude, als sie die so originell nachgeahmten Mondrian- Eulen entdeckte. Einen weiteren Höhepunkt bildete sicher die Einführung mit vielen Fotos in Vincent van Gogh und sein Werk, und seine weltberühmten Sonnenblumen strahlten den Besuchern auch im ehemaligen Kindergarten entgegen. Zur Abrundung dieses intensiven, alle Sinne ansprechenden Projekts durfte jedes Kind ein Kunstwerk nach seinen eigenen Vorstellungen und seiner Fantasie gestalten. Dabei zeigte sich, dass in diesen Wochen in jeglicher Beziehung erlebnisbetont, spielerisch und mit Herz und Hand unglaublich viel gelernt worden war. Ganz selbstbewusst und zielgerichtet wurden der Kindergärtnerin von jedem Einzelnen klar der Raum und die Bildgrösse angegeben, Pinsel und Farbkübel geholt und auf der Leiter oder vom Boden aus das Werk Schritt um Schritt kreiert, begleitet von ruhiger klassischer Musik. Dabei legten die kleinen Künstler nebst ihrer Selbstständigkeit und Freude eine unglaubliche Konzentration und Ausdauer an den Tag, ja gingen selbst die Pausen vergessen. So durfte schliesslich jedes Kind zurecht stolz auf seine Arbeit sein. Daran erinnert auch das einzigartige Kunstbuch mit Steckbriefen, Fotos und Werken der kleinen Künstler, das jedes Kindergartenkind von Petra Fässler-Uhr und Linda Bernasconi zum Abschluss erhielt. Und wurde es dem einen oder anderen während dieses spannenden und aufwendigen Projekts doch einmal zu viel, so konnte im «Usprobieri-Zimmer» nach Herzenslust die Energie in gesprayte Kunstwerke umgewandelt werden. Ebenfalls riesigen und einmaligen Spass für Kinder wie für Kindergärtnerin bereitete das Spielen mit den Unihockeyschlägern und dem in Farbe getunkten Ball, analog der sogenannten Murmelbilder. So wurde selbst der langweilige Boden plötzlich zu einer farbigen Augenweide. Bloss schade, dass diese Ausstellung nicht länger für die Öffentlichkeit zugänglich ist, zumal ja via QR-Code auf dem Smartphone noch köstliche Sprachaufnahmen der Kindergärtler mit zahlreichen Informationen zu ihren eigenen Werken und zu den Künstlern zu hören sind; nebst dem visuellen also auch ein berührendes akustisches Erlebnis.

Einsiedler Anzeiger / Marlies Mathis

Autor

Einsiedler Anzeiger

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  • Dies & Das

Publiziert am

08.07.2022

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