

Film
«Hexenkinder» – Vorpremiere: Licht in traurige Geschichte gebracht
Am vergangenen Donnerstag wurde in der Cineboxx Einsiedeln die Vorpremiere des Films «Hexenkinder» gezeigt. Die Hauptprotagonisten des Films waren anwesend.
Eine grosse Besucherzahl, die sich diesen Film nicht entgehen lassen wollte, versammelte sich frühzeitig im Foyer der Cineboxx. Viele der Filmszenen handelten vom damaligen Einsiedler Waisenhaus. Wäre diese Vorpremiere nur einen Tag später angesetzt gewesen, hätte sie wegen der rigorosen Massnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus wohl gar nicht stattfinden können. Kulturfrau Nadja Bürgi, Luzern, begrüsste die Anwesenden herzlich und zwar auch verschiedene Leute aus Politik, Kirche und Kultur, so Regierungsrat Michael Stähli und Pater Lorenz Moser vom Kloster Einsiedeln.
Licht ins Dunkel bringen
Sie freue sich auf diese Filmpremiere in diesem Rahmen und gab das Wort an den Einsiedler Bezirksammann Franz Pirker. Er sagte, dass wir diese schwarze Geschichte nun einmal haben und jetzt dazu stehen müssten. Die Taktik des «unter den Tisch wischen» und des Vergessens habe einfach nicht funktioniert, und es gehe nun darum, Glaubwürdigkeit zu schaffen. Edwin Beeler, der Innerschweizer Filmpreisgewinner 2017, habe mit dem Film «Hexenkinder» Licht in die traurige Geschichte gebracht. Viele Szenen des gut eineinhalbstündigen Filmes gingen unter die Haut. In vielen Heimen, die bis in die 1970er- und 1980er-Jahre von kirchlichen Einrichtungen betrieben wurden, geschah Unerhörtes. Für angeblich sündhaftes Verhalten von Eltern, die gesellschaftlich oder wirtschaftlich nicht der Norm entsprachen, wurden Kinder mit brutaler Gewalt bestraft, so auch im Einsiedler Waisenhaus.
Unglaubliche erzieherische Methoden
Methoden wie Schläge einer Nonne aufs Steissbein eines Kindes oder das Abtauchen eines Kindes in kaltes oder heisses Wasser und weitere Begebenheiten dieser Art zeigte der Film. Aufenthalte in den Heimen wurden häufig als «Kuraufenthalte » bezeichnet, die bis zu zwölf Jahre dauerten und als erzieherische Massnahmen zum Seelenheil der Kinder bezeichnet wurden. Annemarie Iten war Vollwaise, als ihre Mutter mit 37 Jahren starb, und MarieLies Birchler fragte sich oft: «Warum bin ich ein Meiteli?» Sie wolle doch leben, konnte aber nicht und galt schon als Siebenjährige als sittlich verwahrlost. Nicht nur in Einsiedeln gab es solche Einrichtungen, sondern auch in Laufen im Jura, im Malcantone, Rathausen und anderswo. In der kurzen Diskussion nach dem Film erwähnte Annemarie Iten, dass nicht einfach nur alles schlecht war in jener Zeit, und sie immer wieder dachte, da müsse sie einfach durch, und das habe sie stark gemacht, um das Kommende zu ertragen. MarieLies Birchler sah das leicht anders. Jahrelang galt sie als suizidal, entschied sich aber bewusst für das Leben.
Vermitteln
Aus historischer Sicht könne der Film wirklich etwas vermitteln und Pedro Raas, auch ein Heimkind jener Zeit, erwähnte, dass es immer wieder Engel auf seinem Weg gab. Zu guter Letzt dankte der Filmemacher Edwin Beeler allen, die ihn bei diesem Projekt unterstützt und ihm das Vertrauen entgegengebracht haben. Nicht unerwähnt blieb auch die dazu passende Musik. – Nun waren alle Anwesenden noch zu einem kleinen Apéro eingeladen. Da wurde intensiv über das Gesehene diskutiert. Alle waren beeindruckt und berührt von diesem Film. Fragen tauchten auf, wie «Gibt es wohl heute noch so dunkle Geschichten? Muss wohl in dreissig Jahren erneut Licht in solche Machenschaften geworfen werden»?
Einsiedler Anzeiger / Wolfgang Eberle
Autor
Einsiedler Anzeiger
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- Film
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