Literatur
Im Sommer wird viel gelesen
Franziska Keller trifft Joe Fuchs, Buchhändler
Im Sommer wird viel gelesen – besonders von uns Frauen, wie ich mir sagen liess. Vom Fachmann höchstpersönlich: Joe Fuchs. Seit 45 Jahren führt er die in unserem Dorf nicht mehr wegzudenkende Buchhandlung Benziger. Wir unterhielten uns über kommende Veränderungen, seine Lieblingsliteratur, sein Daheim- Sein hier in Einsiedeln, seine bucket list und den Text in seinem Nachruf.
Franziska Keller: Kein Einsiedler und irgendwie doch. Wer gerne liest, kennt Sie als Buchhändler und Besitzer der Buchhandlung Benziger. Wie viele Stunden lesen Sie pro Woche?
Joe Fuchs: Wenn möglich sind das etwa fünf bis sechs Stunden. In den Ferien lese ich oft drei bis vier Bücher pro Woche. Als Buchhändler muss man vermutlich alle Literaturrichtungen lesen.
Haben Sie Vorlieben?
Lesen gehört zum business. Wenn ich ein Buch lese, überlege ich mir bereits, wen dieses Buch ansprechen könnte. Dies müssen gar nicht immer Bestseller sein. Ich bevorzuge gerne Literatur, die nicht mainstream sind und versuche gerne, meiner Kundschaft solche Bücher schmackhaft zu machen.
Sie führen Ihre Buchhandlung seit 45 Jahren. Was hat sich in dieser langen Zeit geändert?
Sehr viel. Ich freue mich und bin dankbar, dass wir immer noch auf unsere treue Stammkundschaft zählen dürfen. Grundsätzlich ist das Geschäft härter geworden, wir spüren die starke Konkurrenz durch das Internet und den Import aus Deutschland.
Sie sprechen von Stammkundschaft – wer liest heute denn noch?
Da sind viele ältere Stammkunden. Interessanterweise zählen aber auch viele jüngere dazu – und dies haben wir dem Internet zu verdanken: Es gibt einen buchtok (analog tiktok), der viele junge Leserinnen und Leser anzieht. Wird ein Buch auf buchtok durch Influencer angepriesen, verkauft es sich meist sehr gut und das dient dann wiederum uns Buchhändlern. Wir haben bei uns eigens ein buchtok-Gestell dafür eingerichtet. Sie veranstalten auch immer wieder Lesungen.
Welche Persönlichkeiten haben bei Ihnen schon gelesen? Donna Leon, Paul Coelho, Thomas Hürlimann, Paul Young, Ingrid Noll, Silvia Götschi … es gäbe noch mehr, waren es doch mittlerweile über 200 Lesungen. Wen würden Sie einmal gerne in Ihrer Buchhandlung begrüssen dürfen und warum?
Meine Lieblingsschriftstellerin Nele Neuhaus … vielleicht findet sie mal Zeit, an eine unserer kommenden Veranstaltungen zu kommen, beispielsweise der «Ladies night» Ende Monat.
Sie sind in Wollerau aufgewachsen und haben Ihre Lehre hier in der Buchhandlung gemacht. Erzählen Sie doch einmal ...
Nach meiner Lehre als Buchhändler blieb ich noch ein paar Jahre. Als meine Patrons dann aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten mussten, suchten sie eine Nachfolgeregelung und ich bewarb mich als Geschäftsführer. Erst übernahm Meiri Bettschart das Geschäft, danach kaufte ich die Buchhandlung – und führe sie nun seit 45 Jahren.
Welche Orte in Einsiedeln schätzen Sie?
Ich schätze den Klosterplatz als Kraftort. Seit 45 Jahren fühle ich mich viel mehr hier oben daheim als in Wollerau, wo ich aufgewachsen bin und wo ich wohne. Hier in Einsiedeln habe ich meine Freundinnen und Freunde und hier verbringe ich viel meine Ausgangszeit. Ich bin eigentlich viel mehr Einsiedler als Wollerauer.
Wie würden Sie den Einsiedler, die Einsiedlerin charakterisieren?
Ich würde sie als ein offenes Volk beschreiben – zumal die Menschen, die ich kenne. Es gibt doch überall auch die andere Seite, aber ich mag die Einsiedlerinnen und Einsiedler sehr. Sie sind auch Vertreter verschiedener Verlage.
Haben Sie selbst denn auch schon ein Buch herausgegeben?
Ich selber habe bisher nur Geschichten geschrieben. Dieses Jahr erscheint unser siebtes Weihnachtsbuch mit schönen Weihnachts-Antalogien. Ach ja, vor etwa 20 Jahren veröffentlichte ich ein Buch mit Musikzitaten, das daraufhin in verschiedene Sprachen übersetzt wurde.
Worum geht es in Ihrem Leben denn sonst noch nebst Worten und Geschichten zwischen zwei Buchdeckeln?
Mein Beruf beansprucht auch viel meiner Freizeit. Wenn es die Zeit zulässt, reise ich sehr gerne und mache Wellnessferien. Und mich interessieren Geschichte, Historie und andere Länder.
Und wie verbringen Sie Ihre Zeit sonst noch gerne?
Ich bin irgendwie seit dem 30. Juli pensioniert … davon spüre ich derzeit aber noch gar nichts. Ich bin zudem am Suchen einer Nachfolgeregelung für die Buchhandlung. Sie wird von vielen geschätzt und es liegt mir viel daran, sie erhalten zu können. Und da ich als Vertreter während der Woche oft im In- und Ausland unterwegs bin, geniesse ich am Wochenende die Ruhe daheim. Gerne würde ich noch mehr meditieren … das kommt schon noch.
Was ist Ihnen wichtig im Leben?
Meine Familie und meine Gesundheit.
Gibt es etwas oder jemanden, der Sei besonders geprägt hat?
Sicher mein Vater und meine Mutter, die mir sehr viel mitgegeben haben. Mein Vater hat mir Grosszügigkeit und Verständnis gezeigt – auch wenn es schwierig war.
Welches Zitat soll in Ihrem Nachruf dereinst einmal über Sie stehen?
Über den Text in meinem Nachruf habe ich noch nicht nachgedacht. Doch möchte ich vielleicht irgendwann meine Memoiren schreiben. Den Buchtitel dafür habe ich bereits: «Wer mich nicht liebt, ist selber schuld.»
Was steht auf Ihrer persönlichen bucket list – auf der Liste der Wünsche und Träume, die Sie in Ihrem Leben noch erfüllt haben möchten?
Ich möchte, dass ich noch lange gesund bleiben und meine Mutter, sowie Freundinnen und Freunde noch lange geniessen darf. Diese Beziehungen sind für mich das Wertvollste im Leben.
Einsiedler Anzeiger / Franziska Keller / skp-reda
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