Beat Hüppin: «Ich habe etwas Mühe mit dem Wort Klugscheisser. Wenn ich recht habe, dann habe ich recht.» Foto: Bruno Füchslin
Beat Hüppin: «Ich habe etwas Mühe mit dem Wort Klugscheisser. Wenn ich recht habe, dann habe ich recht.» Foto: Bruno Füchslin

Literatur

«Dummdeutsch» zum Kopfschütteln

Er ist Lateinlehrer an der Stiftsschule Einsiedeln. Und regelmässig schreibt er in sein Internet-Tagebuch die lustigsten, dümmsten und peinlichsten in Schweizer Zeitungen publizierten Fehler. Die besten hat der Wangner nun als Buch herausgebracht.

Ob Kasusfehler, falscher Plural, deplatziertes Komma oder stilistischer Mumpitz – dem Wangner Beat Hüppin entgeht beim täglichen Konsum diverser Gazetten kaum ein redaktioneller Fauxpas. Dabei sucht er die Fehler nicht einmal – sie sind oftmals so offensichtlich, dass sie ihm direkt ins geschulte Lehrer-Auge springen. Ob lustig oder fast schon oberpeinlich – die in den verschiedensten Medien gefundenen «Verschreiber» begannen den 36-Jährigen in ihrer Omnipräsenz derart zu faszinieren, dass er vor drei Jahren den «Dummdeutsch-Blog» ins Leben rief, in dem er in regelmässigen Abständen die fortschreitende und von ihm als «Verluderung der deutschen Sprache» bezeichnete Anhäufung falscher oder schlechter Schreibweisen, aber auch Recherchefehler auf satirische Art und Weise dokumentiert und kommentiert.

Täglich neues Futter

«Dabei unterscheide ich aber zwischen Flüchtigkeitsfehlern und solchen, die aufgrund von Unvermögen entstehen. Ein einzelnes falsch gesetztes Komma in einem Zeitungsbericht provoziert bei mir noch keinen Blogeintrag», sagt Hüppin. Mittlerweile finden sich fast 700 Beiträge auf Hüppins Internetseite, die die Leser – je nachdem – zum Schmunzeln, Kopfschütteln oder Fremdschämen anregen. Neues Blogfutter liefert ihm die Medienlandschaft täglich. Er finde in jedem Blatt Fehler, behauptet Hüppin. «Als langjähriger aufmerksamer Zeitungsleser kann ich ganz klar sagen, dass früher mehr Wert auf Qualität gelegt wurde.» Eine Art «Best of» dieser Beiträge hat der Märchler nun zu Papier gebracht. Auf 200 Seiten präsentiert sein Buch «Dummdeutsch-Blog 2009–2012 – Der ganz alltägliche Sprachwahnsinn» sozusagen die geballte Ladung an semantischem Dünnpfiff, indem Zeitungen wie der «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten» stellenweise ganz schön auseinandergenommen werden. Auch der – von Beat Hüppin immerhin als «altehrwürdig» geadelte – «March-Anzeiger» kriegt sein Fett weg. In seinem Buch beschränkt sich der Märchler grossmehrheitlich auf peinliche Patzer von Zeitungsprofis. Er zitiert aber auch aus einer Einladung des Frauenvereins Netstal zum Weihnachtsgeschenke- und Weihnachtspräsentebasteln, aus der Coop-Werbung («Das chame grille» müsste «Das chame grilliere» heissen) oder weist die SBB-Tochter RailAway darauf hin, dass der Glacier Express nicht die berühmteste Bahn ist, sondern ein Zug.

«Einige vertragen keine Kritik»

Beim Durchblättern von Hüppins Werk fällt aber rasch auf: Besonders an den Onlineausgaben der Boulevardblätter lässt er kaum ein gutes Haar. «Das ist zum Teil schon himmeltraurig, was der Leser da vorgesetzt bekommt», ärgert er sich. Dass Korrektorate zunehmend wegrationalisiert werden und der Zeitdruck gerade in den Online-Redaktionen besonders hoch ist, weiss Hüppin zwar. Auch ist ihm bewusst, dass den Redaktoren des «Blick am Abend», der bereits am frühen Nachmittag in Druck geht, auch nicht wirklich viel Zeit zum Redigieren der Artikel bleibt. Dennoch hält sich sein Mitleid mit der schreibenden Zunft in Grenzen: «Wenn jemand von Berufes wegen schreibt, sollte er sein Handwerk so beherrschen, dass er auch unter hohem Zeitdruck und ohne eigenes Korrektorat richtig schreibt», sagt er.

Buch soll unterhalten

Zudem findet er, die Medien hätten auch eine gewisse moralische Verpflichtung, die Öffentlichkeit richtig zu informieren, und müssten deshalb trotz Zeitdruck genau recherchieren. Er habe die Redaktoren auch schon direkt auf inhaltliche Fehler in den Beiträgen aufmerksam gemacht: «Die Reaktionen sind unterschiedlich. Einige vertragen gar keine Kritik, andere bedanken sich für meine Hinweise.» Damit, dass er sich trotzdem hin und wieder anhören muss, er komme mit seinem Blog beziehungsweise Buch besserwisserisch daher, könne er ganz gut leben, sagt Hüppin. «Das ist wohl eine Berufskrankheit. Aber ich habe etwas Mühe mit dem Wort Klugscheisser. Wenn ich recht habe, dann habe ich halt recht», lacht er. Böse meine er das aber nie. «Was ich mache, ist letztlich Satire. Mein Buch soll in erster Linie unterhalten

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

04.09.2012

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