Der Journalist Kari Kälin (links) im Gespräch mit Josef Lang (Mitte) und Pirmin Meier. Bild Christian Marty
Der Journalist Kari Kälin (links) im Gespräch mit Josef Lang (Mitte) und Pirmin Meier. Bild Christian Marty

Literatur

Josef Lang und Pirmin Meier über den «Kulturkampf»

Zwei Historiker, Josef Lang und Pirmin Meier – Ersterer machte sich als Zuger Nationalrat einen Namen, Letzterer sorgte als Autor einer Biographie über Bruder Klaus für Aufsehen – haben am vergangenen Donnerstag im Museum Fram ihr Buch über den «Kulturkampf» vorgestellt.

Bekanntlich hat kaum ein Phänomen die europäische Geschichte so sehr geprägt wie das Verhältnis zwischen Religion und Politik. Wer soll dem Menschen den Weg weisen – die Kirche oder der Staat? Ausserweltliche Gebote oder innerweltliche Gesetze? Diese Problematik brachte freilich eine Reihe an Konflikten hervor, ja, erinnert sei insbesondere an den im 11. Jahrhundert geführten Investiturstreit zwischen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII., eine Auseinandersetzung, welche mittlerweile klassischen Charakter besitzt: Exemplarisch steht sie für den Kampf zwischen irdischer Gewalt und göttlicher Gewalt, zwischen Rechtsetzung und Offenbarung, zwischen Vernunft und Glauben.

«Kulturkampf»

Als Historiker wissen Josef Lang und Pirmin Meier, dass das in Rede stehende Phänomen von langer Dauer ist. Am letzten Donnerstag haben sie im Museum Fram unter der Leitung des Journalisten Kari Kälin ein Gespräch über ihr gemeinsam verfasstes Buch geführt: Es ging um den «Kulturkampf», und zwar thematisierten sie dabei «Die Schweiz des 19. Jahrhunderts im Spiegel von heute». Dieser Kampf ist nach Ansicht der Autoren ein äusserst langlebiger Kampf – auch in diesen Tagen gäbe es vergleichbare Situationen. Vor zahlreichen Besuchern präsentierten sie ihr Buch. Lang – geborener Politiker – skizzierte den schwierigen Sachverhalt mit einfachen Worten. Im Kulturkampf, so betonte er, ging es primär um «Zuständigkeiten »: Welche Instanz soll etwa entscheiden, ob die jüdische Bevölkerung das Bürgerrecht erhalten darf? Ob mit Verwandten zweiten Grades eine Ehe geschlossen werden darf? Ob die Schule mit theologischen Inhalten gefüllt sei? Bei dieser mitunter sehr hitzigen Konfrontation seien sich zuvorderst Konservative und Liberale gegenübergestanden, fernerhin hätten liberal-konservative Personen die Szene geprägt, Köpfe also, von denen man nur schwerlich ausmachen könne, auf wessen Seite sie ständen. Meier – preisgekrönter Essayist – reicherte Langs Skizzen mit einigen Anekdoten an. Nicht zuletzt Einsiedeln wurde dabei häufig angesprochen. Im Klosterdorf sei der Kulturkampf weniger intensiv geführt worden als anderswo. Dies liegt seiner Ansicht nach an mehreren Gründen, vor allem aber an einer Sache: Der Umstand, dass eine allzu harsche Kritik am Kloster für die Schwyzer Umgebung erhebliche Folgen sowohl im wirtschaftlichen als auch im kulturellen Bereich hätte bedeuten könne, führte dazu, dass man einem mehr oder minder gemässigten Diskurs über die Thematik führte. Wer will sich schon ins eigene Fleisch schneiden?

Historia magistra vitae?

«Historia magistra vitae», so lautet das berühmte Diktum von Cicero, die Geschichte ist die Lehrerin des Lebens; aus der Geschichte kann man, heisst das, etwas lernen. Ob es stimmt? Angesichts der Präsenz eines Islams, welcher vielfach als Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit empfunden wird, stellt sich die Frage nach der Verbindung von Religion und Politik auch in neueren Zeiten – wenn auch in etwas anderer Weise als früher, liegt doch in Europa die Macht indes vielmehr in den Händen des Staates als in den Händen der Kirche. Was – falls es denn so ist – lehrt der schweizerische Kulturkampf des 19. Jahrhunderts? Lang zeigte sich bezüglich dieses Punkts etwas gesprächiger als Meier; der ehemalige Nationalrat plädiert für eine säkulare Ordnung und will religiöse Angelegenheiten von staatlichen Zugriffen grundsätzlich verschont sehen. Gewiss, dass im Jahre 1848 eine überkonfessionelle Staatsordnung zu einer Konfliktentschärfung geführt hat, legt eine Lösung für nahe – bloss: Ob es auch dieses Mal klappt? Die Meinungen zum Umgang mit einem politischen Islam sind fürwahr gespalten. Nun, am Ende der Debatte über den «Kulturkampf», ist es wohl gerade dies – die Gespalten- heit hinsichtlich weltanschaulichen Fragen – was als zentraler Diskussionspunkt der Autoren in Erinnerung bleibt: Nicht nur im 19. Jahrhundert, sondern generell stehen Weltanschauungen miteinander im Streit. Ob man daraus etwas lernen kann? Vielleicht wäre

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

09.05.2017

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