Spannende Aspekte von Meinrad Lienert beleuchteten an der Vernissage Kari Hensler (links) und Pirmin Meier (rechts). Bild Fredy Stäheli
Spannende Aspekte von Meinrad Lienert beleuchteten an der Vernissage Kari Hensler (links) und Pirmin Meier (rechts). Bild Fredy Stäheli

Literatur

Meinrad Lienert in schillernden Facetten

Mit einer grossen Vernissage wurde am vergangenen Freitag das neue Meinrad-Lienert-Buch gefeiert.  Die Bühne für die Buchpräsentation bot das Museum Fram.

Einen besseren Ort hätte man sich für die Buchpräsentation nicht denken können. Mitten in der aktuellen Meinrad-Lienert-Ausstellung präsentierte am Freitagabend der Einsiedler Kari Hensler (Allmeindstrasse) sein neues Buch. Eine brillante Einführung hielt der Schriftsteller, Germanist und Historiker Pirmin Meier. Gleich zu Beginn seines Referats sprach Meier eine Warnung an Einsiedeln, an Schwyzerinnen und Schwyzer aus. «Meinrad Lienert ist nicht der Jutz-Lieni, für den er häufig gehalten wird.» Er habe ganz andere Qualitäten. Meier nahm Bezug auf Eduard Korrodi, zu Lienerts Zeit Feuilletonchef der NZZ und der Literaturpapst der Schweiz. Dieser habe Lienert als «Peter Rosegger der Schweiz» bezeichnet. Er selber sehe ihn allerdings anders, führte Meier aus.

Wort in schwieriger Zeit

Pirmin Meier sieht in Lienert den hochdifferenzierten Literaten mit politischem Gespür. Um das zu belegen, holte der Germanist etwas aus und beleuchtete die Situation der Schweiz im Jahr 1914, kurze Zeit nach Beginn des Ersten Weltkriegs. «Die Schweiz war damals alles andere als neutral. Ein grosser Teil der Ostschweiz sympathisierte mit Deutschland. Den Franzosen hingegen galt die Sympathie der Romands», führte Meier aus. Die Schweiz sei damals gespalten ge wesen. In dieser Zeit hält nun Carl Spitteler seine berühmte Rede «Der Schweizer Standpunkt», in der er sich dezidiert von Deutschland distanziert. Das habe vielen Schweizern nicht gefallen und Spitteler wurde vorgeworfen, mit seiner Rede den Riss in der Schweiz noch vertieft zu haben. Lienert habe gespürt, wie heikel die Situation war, und er habe es als seine Aufgabe verstanden, die entstandene Polarisierung zu mässigen. Lienert habe realisiert, dass auch unter Schriftstellern Feuer im Dach war, bekannte sich doch beispielsweise der damals beliebte und erfolgreiche Alfred Huggenberger klar zu Deutschland und träumte von einer Vereinigung aller alemannischsprachigen Gebiete. In dieser Situation schreibt Meinrad Lienert seine «Trichtenhausener Weltbetrachtun gen». Und mit dieser, an seinem 50.Geburtstag vor dem Literaturkreis Hottingen gehaltenen Rede gelingt es ihm, in Ybriger Mundart, treffend seinen differenzierten und auf Ausgleich bedachten Standpunkt zu vermitteln. Er wusste deutlich zu machen, wie gefährlich es ist, sich einem der vier umliegenden Länder annähern zu wollen. «Mier stand zwüsched Viere am Haag, und wott eine am böse Muni einewäg üse Hag uftue, jänu, er söll si vorane bsinne,  S hed scho mänge gemeint, är lisi teiggs Häibirrli uf, und derna isch ä stüpfige Chestenigel gsy  Damit drückt Lienert aus, dass man sich hüten möge, den Geist des Unfriedens hereinzulassen. Die Schweiz müsse zusammenstehen. Darauf vergleicht Lienert den Zustand der Schweiz mit drei Hir tenbuben (deutschsprachige, italienischsprachige und französischsprachige Schweiz), die aber nicht sonderlich brüderlich miteinander umgehen würden, sondern sich gebärdeten, als hätten sie drei Köpfe, aber nur einen Verstand.

Juwel vorgetragen

Intensiv mit Leben, Werk und Sprache von Meinrad Lienert auseinandergesetzt hat sich der Einsiedler Karl Hensler. Darauf war es an ihm, eine Passage aus der klugen, in einem bestimmten historischen Moment den richtigen Ton findenden Rede in Ybriger Mundart zu lesen. «Die Trichtenhausener Weltbetrachtungen» sind ein funkelndes rhetorisches Juwel. Schon der Titel ist Understatement pur. Ist doch die Trichtenhausener Mühle, von dem sich der Titel herleitet, ein bescheidener, aber beliebter Gasthof am Rand der Stadt Zürich. Nach dieser Einführung, die zu gleich eine packende Vergegenwärtigung des damaligen Zeitgeists war, berichtete Kari Hensler über die Entstehung des Buches. Es sei ihm ein Anliegen gewesen, Meinrad Lienert wieder ans Licht zu holen und beim Leser die Lust an seinen Werken zu wecken. Im Gegensatz zu seinem ersten Band, der vor allem der Biografie des Dichters gegolten habe, sei das Thema nun auch auf seine Sprache, sein Werk und Meinungen dazu ausgedehnt worden,

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

12.05.2015

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