Meinrad Lienert in seiner Lebensmitte. Bild Archiv Einsiedler Anzeiger
Meinrad Lienert in seiner Lebensmitte. Bild Archiv Einsiedler Anzeiger

Literatur

Notar, Redaktor, feinsinniger Dichter

Im Jahr 2015 jährt sich der Geburtstag von Meinrad Lienert zum 150. Male. Meinrad Lienert hat ein beachtliches schriftstellerisches, und was die Lyrik betrifft, noch heute gültiges Werk hinterlassen. Daneben hat er sich, wenn auch aus weiser Distanz, für die Öffentlichkeit engagiert: als Notar und Redaktor.

Der 150. Geburtstag ist Gelegenheit, den in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit geratenen Dichter in Erinnerung zu rufen und auf sein Leben zurückzublicken. Meinrad Lienert kam am 21. Mai 1865 in der damaligen Einsiedler Zunft- und Schützenstube «Adam und Eva» zur Welt. Er hat dort seine Kinderzeit verbracht und die damals im Rathaus untergebrachte Schule besucht. Vom jungen Lienert würde man heute als einem einseitig begabten Kind reden. Er habe jedoch gnädige Lehrer gefunden, sagt Lienert auf diese Zeit zurückblickend: «Ich konnte nämlich nicht gut bruchrechnen und verschloff deswegen oft die Schule, ohne dass mans zu Hause oder in der Schulstube jemals bemerkt hätte. Daneben aber las ich mit einem wahren Heisshunger alles, was ich erwischen konnte ...»

Französisch statt Matura

Später besucht Meinrad Lienert die Klosterschule. Auch dort glänzt er vor allem in Deutsch und Geschichte, hat in den anderen Fächern aber nur mittelmässige Noten. Er verzichtet denn auch darauf, die gymnasiale Ausbildung abzuschliessen und geht stattdessen nach Lausanne, um die franzö sische Sprache zu lernen. Anschliessend studiert er Rechtswissenschaft in Heidelberg, München und Zürich. Selbstironisch und mit dem für ihn typischen Understatement kommentiert er: «Ich habe in jenen Stunden gar viel Männlein und Weiblein auf den Rand meiner Hefte gezeichnet, obschon ich auch das nicht gut konnte.»

Überschattetes Studieren

Von seiner Studienzeit in Zürich schreibt er: «Den See, den ich nun hart neben mir hatte, beachtete ich kaum, und die Stadt war mir zu langweilig. Es ist mir, ich habe damals in irgendeinem Rauschzustand dahingelebt, ich sei mir und den andern völlig fremd gewesen.» Modern ausgedrückt lässt sich das als Existenzkrise deuten, psychologisch gesprochen könnte man von einer depressiven Episode reden. Doch trotz oder gerade aus dieser Gemütsverfassung heraus erwächst der erste schriftstellerische Impuls. 1887 publiziert er zum ersten Mal. In der «NZZ» erscheint mit «Dr Juzlieni am Quaifäscht» ein in Mundart geschriebenes Feuilleton. Dabei bleibt es nicht. Es ist der Anfang einer Jahrzehnte dauernden Mitarbeit für die «Neue Züricher Zeitung».

Wendepunkt

Das Jahr 1891 ist ein Wendepunkt. Meinrad Lienert wird durch seinen Vater in die Heimat zurückgerufen. Er soll dem Landschreiber, seinem Vater, bei seinen vielen «Schreibereien» beistehen. Lienert wird vom Bezirksrat zum ersten vollamtlichen Notar des Bezirkes Einsiedeln gewählt. Die gemäss seinen Worten nur mit Zeichnen verbrachten juristischen Vorlesungen scheinen nichtsdestotrotz Früchte getragen zu haben. Lienerts Nachfolger attestieren ihm Genauigkeit und Si cherheit in den weitläufigen Rechtskenntnissen.

Redaktor beim EA

Schon gut zwei Jahre später eröffnet sich Lienert ein weiteres Berufsfeld. Zusammen mit seinem Bruder Konrad und seinem Schwager übernimmt er den «Einsiedler Anzeiger». Im gleichen Jahr ehelicht er Marie Gyr, die ihm bis zu seinem Tod einfühlende Gattin ist und ihm zwei Kinder schenken wird. Ein drittes stirbt wenige Tage nach seiner Geburt. 1897 zieht sich Lienert vom «Einsiedler Anzeiger» zurück und zieht nach Zürich. Dort wird er Redaktor bei der «Limmat». Das Engagement dauert aber nur ein Jahr, weil die Zeitung eingeht. Lienert wird freier Schriftsteller. Und das wird er während gut zwanzig Jahren bleiben.

Ehrendoktorwürde

Dann wechselt er zurück zum Journalismus. 1919 übernimmt er die Feuilleton-Redaktion der «Zürcher Volkszeitung». Es ist das Jahr, in dem ihm die Universität Zürich die Ehrendoktorwürde verleiht. 1923 zieht der Dichter zurück nach Einsiedeln. Weit nach seinem 60. Geburtstag wechselt er nochmals den Wohnsitz und zügelt an den Zürichsee nach Küsnacht. Es wird seine letzte Station bleiben. Am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1933 stirbt Meinrad Lienert. Drei Tage später wird er, begleitet von vielen Einsiedlern, aber auch Zürcher Freunden, auf dem Friedhof Einsiedeln zu Grabe getragen. Dort erinnert ein stattliches Grabmal an i

Autor

Einsiedler Anzeiger

Kontakt

Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

06.01.2015

Webcode

www.schwyzkultur.ch/wsr6CC