Abt Martin Werlen präsentierte einen ganz besonderen Chor: Die weltbekannten Regensburger Domspatzen. Bild Franz Kälin
Abt Martin Werlen präsentierte einen ganz besonderen Chor: Die weltbekannten Regensburger Domspatzen. Bild Franz Kälin

Musik

Spatzen kehrten zum Ursprung zurück

Am letzten Samstag gaben die weltberühmten Regensburger Domspatzen anlässlich der Einweihung des neuen Musikhauses der Stiftsschule ein Konzert und begeisterten mit Gesang auf Spitzenniveau.

Am 20. September wurde im Kloster Einsiedeln das neue Musikhaus mit einem grossen Fest feierlich eingeweiht und von der Stiftsschule zur Benutzung übernommen. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, das heisst: Im Kloster und an der Schule ist es kein Geheimnis, jeder weiss es: Der viel bewunderte Neubau ist Abt Martin und seiner guten Hand bei der Geldbeschaffung zu verdanken. In einem Lied zur Einweihungsfeier hat es denn auch mehr oder weniger volkspoetisch geheissen: «Er (Abt Martin) mit seinem Sammlersinn bringt den letzten Rappen hin.» Abt Martin tat noch mehr. Das neue Musikhaus sollte nicht bloss moderne Architektur und barocken Klosterbau zusammenbringen, sondern in seiner Funktion als Kulturstätte an einen ganz grossen Kulturschaffenden aus der Frühzeit unseres Klosters erinnern, an den heiligen Wolfgang.

Spatzen von den Dächern

Was viel zu oft vergessen wird, was die Spatzen hierzulande eben nicht von den Dächern pfeifen, das sollten die Domspatzen richten. Die Regensburger Domspatzen natürlich, die Abt Martin am vergangenen Wochenende aus diesem Grunde nach Einsiedeln eingeladen hat. Der weltberühmte Knabenchor unter Domkapellmeister Roland Büchner sang am Samstagabend in der Klosterkirche ein (etwas zu lang geratenes) geistliches Konzert mit Motetten aus fünf Jahrhunderten und gab auch dem sonntäglichen Konventamt mit Professjubiläum von Pater Raimund Gut ein festliches Gewand. Als Huldigung an den Genius loci erklang bei beiden Anlässen auch die herrliche Motette «Bonum est» von Pater Oswald Jaeggi, die der Klosterkomponist zur Primiz seines Mitbruders Pater Roman Bannwart geschrieben hatte. Im Konzert und im Gottesdienst spielte der Domspatz Christoph Schönfelder an der Marien- und an der Mauritiusorgel.

Was mit Einsiedeln zu tun?

Was haben die Domspatzen mit Einsiedeln und dem neuen Musikhaus zu tun? Etwas Nachhilfe in Einsiedler Klostergeschichte gefällig? 861 wurde der Reichenauer Eremit Meinrad im Finstern Wald ermordet und 934 wurde am Ort des Verbrechens das Kloster Einsiedeln gegründet. 966 trat der damals 42-jährige Reichenauer Absolvent Wolfgang unter dem dritten Abt Gregor in Einsiedeln ein. 972 wurde Wolfgang Bischof von Regensburg und 976 gründete er die erste Regensburger Kirchenmusikschule. Mit andern Worten: Der heilige Wolfgang darf mit Fug und Recht als «Gründer» der Regensburger Domspatzen bezeichnet werden. Abt Martins Absicht verstanden? Anlässlich der Einweihung des neuen Musikhauses sollte der kulturelle Geist neu belebt werden, der einst durch Wolfgang von Einsiedeln nach Regensburg gebracht wurde. Ein über tausendjähriger Ast (1976 feierten die Domspatzen ihr 1000-jähriges Bestehen) sollte die Wurzel reanimieren.

Absolute Weltspitze

Es war absolute Weltspitze, was die vielen Konzert- und Gottesdienstbesucher am letzten Wochenende in Einsiedeln zu hören bekamen. Zurzeit gibt es kaum einen anderen Knabenchor, der auf ähnlich hohem Niveau singt, fast auf der ganzen Welt konzertiert und auf Tonträgern und in den Medien so präsent ist wie die Regensburger. Das hat bestimmt auch mit dem direkten Draht nach Rom zu tun, wurden die Domspatzen doch von 1964 bis 1994 vom leiblichen Bruder des jetzigen Papstes geleitet. Unter Georg Ratzingers Leitung waren die Domspatzen in den 70er-Jahren auch in Einsiedeln zu Gast. Aber auch ohne dieses weltumspannende päpstliche Beziehungsnetz sind sie schlicht und einfach eine Klasse für sich, diese 34 Buben und 23 jungen Männer des gegenwärtigen Konzertchores. Nebenbei: Es gibt bei den Domspatzen noch zwei Nachwuchs-Knabenchöre in einem Gymnasium mit derzeit 512 Schülern. Zustände auf einem Ast, von denen man an der Wurzel nur träumen kann. Danke, lieber Abt Martin! Sollte man das neue Musikhaus nicht «Haus St. Wolfgang» nennen? Dann würden es die Spatzen von den Dächern pfeifen, wer diesen Spitzenchor «gegründet» hat.

Einsiedler Anzeiger

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Einsiedler Anzeiger

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  • Musik

Publiziert am

12.10.2010

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