Marlis Schuler-Kälin unterhielt die Gäste auf dem Motorschiff «Angelika» mit ihren kurzweiligen Erzählungen aus dem Leben im versunkenen Einsiedler Hinterland. Bild Susi Just
Marlis Schuler-Kälin unterhielt die Gäste auf dem Motorschiff «Angelika» mit ihren kurzweiligen Erzählungen aus dem Leben im versunkenen Einsiedler Hinterland. Bild Susi Just

Brauchtum / Feste

Karges Leben im Hinterland

Auf der zweistündigen Fahrt mit dem Motorschifff Angelika hörten am letzten Samstag die knapp 20 Gäste Wissenswertes über das verschwundene Einsiedler Hinterland vor dem Stau des Sihlsees.

Die Schiffsreise führte von Willerzell zur Staumauer, zum Birchli, über Gross nach Euthal und zurück nach Willerzell. Zu jedem Viertel wusste die 72-jährige Erzählerin Geschichten. Marlis Schuler-Kälin fand im Gross ihre eigenen Wurzeln. Ihr Grossvater war in der «Laucherä» an der Sihl aufgewachsen. Während ihren 20-jährigen Recherchen führte sie unzählige Gespräche mit ehemaligen Bewohnern der stillen Landschaft und liess diese auf einem Tonträger auf die Schiffspassagiere einwirken. Die Berichte über das karge Leben und die verlorenen Existenzen durch den Stau des Wassers stimmten nachdenklich. Vor dem Stau bot sich dem Betrachter eine endlose Ebene mit Streufeldern und «Turpenplätzen», grünen Wiesen und schwarzen «Gumel»- und Pflanzäckern. «Turpen» zum Heizen und «Gumel» zum Essen.

Fecker und Vagabunden

Es wurde «gfröschnet», «gschnägget» und Beeren gesucht, um mit dem Verkauf dieser Produkte ein kleines Zusatzeinkommen zu erzielen. Fecker, Vagabunden und Hausierer gehörten genauso zum Alltag, wie die Handwerker, die auf die Stör kamen. Die Familien hatten zahlreiche Kinder. Marlis Schuler-Kälin fand einen Eintrag über Benedikt Kälin. Dieser habe zusammen mit zwei Frauen 28 Kinder gezeugt! Lehrer waren bis 1879 einfach Männer, die schreiben konnten. Eine Ausbildung hatten sie nicht. Von Willerzell ins Birchli führte ein Säumerpfad mit einem schwankenden Steg. Mit der ersten Postkutsche erreichten die Gäste aus Einsiedeln Oberiberg in zwei Stunden und 25 Minuten. Der trübe und regnerische Nachmittag vom letzten Samstag bot sich an, um Gespenstergeschichten rund um den Sihlsee zu erzählen. Eine Teilnehmerin ergriff spontan das Mikrophon. Sie war im Birchli aufgewachsen und berichtete aus ihrer Kindheit. Den Kindern wurde erzählt, dass im Sihlsee das Gespenst «Nabuchadonasor» wohne und sie sich dem Wasser fern halten sollten. Es sei klar gewesen, dass sie als Kinder immer wieder an den See gingen, um das Gespenst einmal zu sehen. Im nahenVogelwäldli war der «Vogelmärty» zu Hause. Dieser sass eines Tages weissverkleidet auf einem Ast eines Baumes am Sihlseeufer und erschreckte die neugierigen Kinder zu Tode.

Infos

www.sihlsee-schifffahrt.ch

Einsiedler Anzeiger (sch)

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Brauchtum / Feste

Publiziert am

08.07.2016

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