Dies & Das
Von den Freuden und Sorgen der Schwyzer Denkmalpflege
In der Einsiedler Werner-Oechslin-Bibliothek wurden am Freitag die Schwyzer Denkmaltage mit einer Podiumsdiskussion über Denkmalpflege eröffnet. Nebst interessanten Sanierungsprojekten in Bauernhäusern wurden die Probleme des Ortsbildschutzes diskutiert.
Anja Buschow, Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Administratorin der Werner-Oechslin-Bibliothek, begrüsste die zahlreichen Gäste und die Referentinnen und Referenten, denen sie für ihre spontane Zusage dank-te. Werner Oechslin, emeritierter Professor für Kunst- und Architekturgeschichte, nutzte seine Redezeit einerseits, um beim Publikum das Geschichtsbewusstsein zu schärfen, indem er Zitate verschiedener grosser Denker, wie Goethe, Kant oder Jaspers, in die Runde warf. Letzterer prägte die Worte, dass Geschichte das Bewusstsein sei, dass die Zeit sich verändere. Geschichte lebe in jeder Minute, und die Architektur sei durch ihre Beständigkeit ein wichtiger Spiegel ihrer Epoche, so Oechslin. Gleichzeitig machte er auf die Geschichte der Stadtplanung aufmerksam und betonte die Wichtigkeit und Aktualität ganzheitlichen Denkens unter Bauherren und Architekten. Dabei zeigte er einige prächtige Beispiele aus seiner Bibliothek, darunter die Schrift «Traité de la Police» aus dem 18. Jahrhundert von Nicolas Delamare, der auf seinen historischen Stadtplänen die Entwicklung der Stadt Paris dokumentierte. «Wenn immer etwas Neues gebaut wurde, bezog man das Ganze mit ein. Die Architektur muss immer den Kontext wahrnehmen und ihm Rechnung tragen», sagte Oechslin. Um dies tun zu können, brauche es ein «architektonisches Gedächtnis», das beispielsweise in den Kunstdenkmäler-Bänden der Schweiz und des Kantons Schwyz angelegt werde, wo akribisch sämtliche historische Bauten ins Inventar eingetragen würden.
Bauforschung an Schwyzer Bauernhäusern
Damit leitete er zum Vortrag des Kunsthistorikers Michael Tomaschett über, der seine Arbeit bei der Erfassung von Bauten im Kanton Schwyz und die Entstehen der Kunstdenkmäler-Bände der Schweiz erläuterte. Anja Buschow, die sich ebenfalls als Autorin dieser Bände betätigt hat, erklärte die schwierige Quellenlage bei vielen historischen Bauten. Am besten sind in der Regel sakrale Bauten dokumentiert, am dürftigsten Bauernhäuser. Dort, wo Angaben zur Baugeschichte fehlen, setzt die Bauforschung ein, die durch die Bauforscherin und Mittelalterarchäologin Ulrike Gollnick vertreten war. Sie erklärte den Ablauf der historischen Analyse eines Hauses vor seiner Sanierung, vom ersten Augenschein bis zur Untersuchung des Holzes mittels Bohrkernen zur Erstellung eines Berichts für den Denkmalschutz. «Ein Bau ist ein gewachsenes Geschichtsbuch», meinte sie zusammenfassend.
Viele Sanierungsprojekte im guten Einvernehmen
Als nächste übernahm Monika Twerenbold, Denkmalpflegerin des Kantons Schwyz, das Wort und erklärte kurz den gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag ihrer Behörde, die sich oft im Spannungsfeld zwischen öffentlichem und privatem Inter-esse befinde, wie sie meinte. Gleichzeitig betonte sie, dass viele Sanierungsprojekte sehr gut und im Einvernehmen zwischen Eigentümern und Denkmalpflege verliefen, nur ab und zu sorgten einige Ausreisser für Schlagzeilen. Als positives Beispiel demonstrierte sie den Sanierungsverlauf eines Bauernhauses aus dem 14. Jahrhundert im Muotatal. Wenn man gemeinsam eine gute Lösung suche, könne ein altes Haus durchaus an die modernen Bedürfnisse angepasst werden und gleichzeitig die historisch wertvolle Substanz erhalten werden. Die Schwyzer könnten im übrigen etwas stolzer sein auf ihre historischen Bauten, bemerkte sie am Rand ihres Referats.
Sanfte Modernisierung
Schliesslich zeigten die beiden Architekten Jean-Jacques Auf der Maur und Sandro Camenzind (JJAdM Architektur GmbH) ein ebenfalls gelungenes Sanierungsprojekt in Wangen, das schliesslich mit dem «Roten Nagel», einer Auszeichnung für eine engagierte Bauherrschaft, ausgezeichnet wurde. Auch an diesem Beispiel wurde gut ersichtlich, wie vermeintliche Problempunkte alter Bauten, wie zum Beispiel niedrige Decken, durch die teilweise Entfernung von Böden und der Schaffung hoher Räume kompensiert werden können. Dabei konnten auch hier die wertvollsten historischen Elemente bewahrt werden. Die beiden Architekten lobten die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege.
«Ortsbilder schmelzen wie Gletscher»
Danach war die Bühne frei für die eigentliche Diskussion, die vom kantonalen Schwyzer Kulturbeauftragten und Kantonsrat Franz Xaver Risi geleitet wurde. Ein Besucher aus Richterswil meinte, die Ortsbilder in der Schweiz «schmelzten wie die Gletscher» und beklagte, dass die Richterswiler Bucht im Lauf der Jahre architektonisch «kaputt gemacht» worden sei. Bald war auch die Rolle der Politik beim Ortsbildschutz im Gespräch. «Man investiert viel in die Forschung, doch die Forschung soll keinen Nutzen haben», beklagte Oechslin. Twerenbold pflichtete ihm bei und gab zu bedenken, dass das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) unter grossem Druck stehe.
Oechslin: «Architekten sollten wieder Generalisten sein»
Ortsbildschutz funktioniere nur dort, wo sich Architekten bemühten, meinte Oechslin. Diese sollten wieder mehr Genera-listen sein und sich mehr selbst um die Ausführung der Bauarbeiten kümmern, statt nur schöne Zeichnungen zu machen. Generell wurde betont, dass die Gemeinden sehr viele Möglichkeiten hätten, um das eigene Ortsbild zu erhalten. Aber es gab auch optimistische Voten, und so bestätigten Twerenbold und Gollnick, dass das Bewusstsein für die Erhaltung historischer Bauten zunehme – gelungene Sanierungen gäben ein positives Beispiel. Diese Veranstaltung gab den Auftakt zu den Schwyzer Denkmaltagen, die am Wochenende mit einer Präsentation des Tuggener Steinhauses, dem ältesten Steinhaus im Kanton, fortgesetzt wurden.
Einsiedler Anzeiger / Eugen von Arb
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