Musik
Wenn der Tod mit Applaus gefeiert wird
Die Aufführung «Totämäss» am Sonntagabend in der Jugendkirche lockte nicht nur viele Besucher an, sie spielte geschickt mit den verschiedenen Stimmungen rund um das Thema Tod. Alle Beteiligten sorgten für ein beeindruckendes Konzerterlebnis.
Die «Totämäss – ein schweizerdeutsches Requiem» ist nach «Dorothea» die zweite grosse Komposition von Joël von Moos in Einsiedeln. Nach der Uraufführung an Allerheiligen in Luzern, nach Bern und Giswil fand das «monumentale» Werk am Sonntagabend den Weg ins Klosterdorf und begeisterte auch in der Jugendkirche die Besucher. «Totämäss» wird als «Konzerterlebnis in Spielfilmlänge» für sechs Gesangssolistinnen und -solisten, gemischten Chor, Orgel, Akkordeon und verschiedene Glocken beschrieben.
Kein verkrampfter Sprachgebrauch
Speziell ist dabei die Sprache: vorwiegend Schweizerdeutsch. Der Obwaldner Musiker Joël von Moos pflegt einen natürlichen Umgang mit der Sprache, setzt auch Latein und Schriftsprache ein. Sehr oft sind es schlichte Worte, doch driftet der Text nie ins Triviale ab. Worte, wie sie Trauernde sprechen, wie sie Todgeweihte formulieren. Stilistisch kann «Totämäss» nicht einfach einem Genre zugeordnet werden. «Das erste Werk seiner Art» entspricht einem klassischen Chorwerk, das sich stark am Schweizer Volkslied und der vokalen Volksmusik orientiert, doch den sakralen Charakter nicht verliert.
Leiser Applaus für den Sensemann
Das Werk kann man in drei Teile gliedern. Als Rahmen die Messgesänge, eingebaut die «Sequentia », und mit «Reisesegen» ein fröhlich, bittender Schlusschor. Die mit «Sequentia» gefassten Nummern sind szenisch gestaltet und zeigen den Tod mal anders. Ohne Knochengerüst, einfach schwarz gekleidet tritt der Knochenmann auf, kündet sich mit Geräusch – Glöggli, Ketten – an. Und dieser Tod, überzeugend dargestellt von Dejan Skundric, kann hervorragend Akkordeon spielen! Auch wenn die drei Jodel-Solistinnen – Nadja Räss, Daria Occhini, Andrea Küttel – den Sensemann «bezirzen», also überlisten wollen und mit Jodelgesang bis in die höchsten Lagen brillieren – am Schluss holt er sie alle, und demütig gehen sie alle mit. Theaterstücke wie «Jedermann» oder Calderons «Grosses Welttheater» lassen grüssen. Da erfindet auch von Moos nichts Neues. Er zeichnet aber unser ambivalentes Verhalten zu Sterben und Tod eindrücklich und irgendwie liebevoll.
«Hochkarätig» auch alle Solisten
Musikalisch fordert die Komposition einiges ab und verlangt nach einem «hochkarätigen Ensemble». Instrumental sorgte Wolfgang Sieber mit der Königin der Instrumente für wirkungsvolle Begleitung und Einlagen. Unglaublich, was dieser Könner aus dieser Orgel zauberte. Herausfordernde Gesangspartien hatten nicht nur die drei Frauen, auch Terence Reverdin als Tenor und Jodler, Flavio Wanner als Bariton und Grégoire May als Bass zeigten mit ihren tragenden Stimmen ihr Können. Der Chor der Luzerner Kantorei – gut dreissig jugendliche Sängerinnen und Sänger – überzeugte mit seinem ausgeglichenen und zarten Chorklang in allen Teilen. Die saubere Intonation kam vor allem in den Acappella-Sätzen zum Ausdruck. Beeindruckend etwa die «Atemübung» des Chors zum Schluss der «Sequentia»: inhaltlich die letzten Züge, technisch die perfekte Vorführung dieser letzten Züge. Ruhig und bestimmt führte der musikalische Leiter Eberhard Rex nicht nur den Chor, er sorgte für einen gesamthaft reibungslosen Ablauf durch das abwechslungsreiche Spiel um Leben und Tod. Die zahlreichen Besucher verabschiedeten die Akteure mit Riesenapplaus und Standing Ovation!
Einsiedler Anzeiger / René Steiner
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Einsiedler Anzeiger
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