Freuen sich auf Kinobesucher: Franz Kälin mit Ehefrau Esther und Tochter Bettina.  Bild Wolfgang Holz
Freuen sich auf Kinobesucher: Franz Kälin mit Ehefrau Esther und Tochter Bettina. Bild Wolfgang Holz

Film

Wenn die Bilder wieder laufen lernen

Das Einsiedler Kino öffnet am Samstag seine Pforten. Nach fast drei Monaten Lockdown gibt es in der Cineboxx im Klosterdorf wieder Filme zu sehen. Wobei die Familie Kälin den Corona-Stillstand auf ganz spezielle Weise nutzte.

Roger Federer hat in seinem Chalet auf der Lenzerheide ein Heimkino, um privat und mit Freunden Filme anzuschauen. Kein kleines, wohlgemerkt. «Aber es ist wahrscheinlich doch nicht so gross wie unseres mit 274 Plätzen », sagt Einsiedelns Kinobesitzer Franz Kälin und schmunzelt. Denn woran viele in Zeiten von Corona Spass hatten – sich nämlich zu Hause Filme anzusehen – das genossen der 59-Jährige mit Ehefrau Esther (54) und Tochter Bettina (26) ebenfalls. Wobei die Kälins den Vorzug hatten, die Filme gleich im eigenen Kinosaal an der Schnabelsbergstrasse anschauen zu können. Dieser war ja seit Mitte März wegen des Lockdowns für die Öffentlichkeit geschlossen und leer. «Wir haben das drei-, viermal gemacht», sagt Bettina Kälin und lächelt.

Bestuhlung erneuert, WCs frisch gestrichen, Ofen neu


Doch die Kälins haben nicht nur die Ruhe des Lockdowns geschätzt. «Ich habe mich wirklich gefreut, mal keine E-Mails zu bekommen und nicht ans Telefon gehen zu müssen», berichtet Franz Kälin. Nein, die Kälins wurden auch im eigenen Kino richtig aktiv. Zum einen liessen sie rund 100 der roten Sitze im grossen Kinosaal austauschen, frisch polstern und mit rotem Plüsch beziehen. Zum anderen griffen sie selbst zu Pinsel und Farbe und strichen die Toiletten neu. Auch in einen grösseren Ofen an der Bar haben sie investiert: «Damit wir ab sofort unseren Kinogästen bessere Snacks und diese vor allem noch schneller servieren können», erklärt Esther Kälin. Doch nach den jüngsten Lockerungen des Lockdowns durch den Bundesrat verspüren die Kälins jetzt auch wieder richtig Lust auf grosses Kino. Am Samstag eröffnen sie die Cineboxx wieder – zuerst am Nachmittag um 15 Uhr mit dem Kinderfilm «Mina und die Traumzauberer». Am Abend um 20.15 Uhr läuft dann der neueste Film «Der Fall Richard Jewell» von Kino-Klassiker und Regisseur Clint Eastwood, der ja gerade seinen 90.Geburtstag feiert. Wobei der Streifen über eine so unglaubliche wie erschütternde Geschichte eines Helden, der plötzlich als Terrorist diffamiert wird, bereits im letzten Jahr gedreht wurde.

Filme gibts genügend


Grundsätzlich hat Franz Kälin offenbar keine Probleme, seinem Publikum in nächster Zeit neue Filme zu präsentieren. «Alle Filme, die verfügbar sind», sagt er. Massenfilme und Kassenknüller wie James Bond seien allerdings in den Herbst (12. November) oder wie die «Minions» gleich auf nächstes Jahr verschoben worden. Andererseits kann er Filme zeigen, die auf den Plakaten an seinem Kino noch hängen beziehungsweise vor dem Lockdown angekündigt wurden – wie zum Beispiel «Lady Business» und «Mulan». Auf die deutsche Filmkomödie «Enkel für Anfänger» freut sich Franz Kälin schon besonders. Auch finanziell ist die Einsiedler «Film-Familie» trotz Corona einigermassen gut über die Runden gekommen. Nicht zuletzt natürlich, weil sie keine Miete für ihr Kino bezahlen muss. «Vom Bundesrat haben wir als Selbstständige wegen der Pandemie auch eine Ausfall-Unterstützung erhalten – die sich auf rund 3000 Franken pro Monat belaufen hat», sagt Kälin. Die 27 Teilzeitangestellten konnten Kurzarbeitsgeld beziehen – entlassen wurde niemand. «Ausserdem haben wir während der vergangenen Jahre auch Reserven aufgebaut », sagt Esther Kälin.

Corona-Schutzmassnahmen


Das Kino wird bis zum Start am kommenden Samstag noch auf Corona-Standards aufgerüstet: «Es gibt Abstandszeichen auf dem Boden, Handdesinfektionsspender und Plexiglasscheiben», erklärt Esther Kälin. Im Kinosaal selbst bleibt neben Einzelpersonen jeweils ein Platz frei – nur Familien und andere Gruppen dürfen zusammensitzen», so Franz Kälin. Unterm Strich kann der Kinosaal so maximal 50 Prozent ausgelastet werden. Im Kinovorraum versuche man die Kinogänger beim Eingang und beim Ausgang in den Filmvorführraum möglichst so zu leiten, dass keine Kreuzungswege entstehen. Und wo es keine Plexiglasscheiben gibt, trägt das Kinopersonal Mundschutz. Last, but not least: Da der verordnete Abstand von zwei Metern im Saal nicht eingehalten werden muss, sind die Kinos behördlich verpflichtet, die Kontaktdaten der Besucher zu erheben (Contact-Tracing). «We miss you» «Wir hoffen natürlich, dass möglichst viele Leute jetzt wieder Lust haben, ins Kino zu gehen», wünscht sich Franz Kälin. Einige haben das Einsiedler Kino offensichtlich schon vermisst. «Ich habe E-Mails erhalten mit dem Satz: ‹We miss you›.» Die Vorzeichen stehen also schon mal nicht schlecht.

Einsiedler Anzeiger / Wolfgang Holz

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Einsiedler Anzeiger

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  • Film

Publiziert am

03.06.2020

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