Reto Hensler ist neuer Obertolgg des Tolggä-Chörlis, welches von der Einsiedler Fasnacht nicht mehr wegzudenken ist. Foto: Magnus Leibundgut
Reto Hensler ist neuer Obertolgg des Tolggä-Chörlis, welches von der Einsiedler Fasnacht nicht mehr wegzudenken ist. Foto: Magnus Leibundgut

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«Wir nehmen dran, wer einen Seich gemacht hat»

Reto Hensler ist neuer Ober-Tolgg des Tolggä-Chörlis, das jüngst sein 40-Jahr-Jubiläum feiern konnte und längst nicht mehr aus der Einsiedler Fasnachtsszene wegzudenken ist. Im Fokus des Vereins stehen seine Schnitzelbänke.

Magnus Leibundgut: Was geht ab am Schmutzigen Donnerstag im Klosterdorf?


Reto Hensler: Es ist der Tag der Kinder und der Senioren, die mit ihren Umzügen durch das Dorf ziehen. Für mich persönlich ist der Schmutzige Donnerstag das Highlight der Einsiedler Fasnacht: Weil wir am Abend mit den Schnitzelbänken in den Restaurants die Stimmung auf den Höhepunkt treiben.

Das Tolggä-Chörli wurde 1978 gegründet, um den lahmen Schmutzigen Donnerstag mit einer Schnitzelbank zu beleben. Ist das gelungen?


In jedem Fall. Mit den Humirosis, die gar noch älter sind als wir, und drei weiteren Gruppierungen, die Schnitzelbänke aufführen, ist der Schmutzige Donnerstag legendär geworden in Einsiedeln. Wir ziehen viele Leute ins Dorf. Es gibt Stimmen, die finden, es hätte kaum mehr Platz für andere. Und Beizen, in die keine Gruppen kommen, würden leer stehen. Dass aber immer weniger Einzelmasken auftreten,hat andere Gründe.

Wem schreiben Sie heuer einen Tolggen ins Reinheft?


Wir nehmen dran, wer im Verlaufe des letzten Jahres einen Seich gemacht hat (lacht). Wir sind Hofnarren, die alles sagen dürfen, ohne dafür gehenkt zu werden.

Sind Sie gefürchtet im Rathaus?


Das hoffe ich doch sehr (lacht). Wir haben mit Stefan Kälin ja auch einen Bezirksrat in unseren Reihen.

Wie kommen Ihre Ideen für die Schnitzelbank-Verse zustande?


Am 11.11. werden an der Herbstversammlung Themen gesichtet und Listen erstellt. Eine siebenköpfige Textkommission entwirft bis zur Generalversammlung vom 6. Januar erste Vorschläge, diese entscheidet dann über das Motto an der Fasnacht. Das Versereimen liegt nicht jedem, daher machen wir dies in einer Kommission mit Textern und unseren Musikern. Zudem soll in den Versen der Einsiedler Dialekt gepflegt werden, das ist uns wichtig.

Haben Sie als Ober-Tolgg Verfügungsgewalt über die Verse?


Ich bin zwar zufälligerweise auch noch der Chef der Textkommission. Dies aus dem Grunde, weil mir das Schreiben und Reimen liegen. Es liegt aber nicht am OT, von Amts wegen eine Zensur auszuüben. Wir entscheiden demokratisch in der Kommission.

Sind schon der Politik wegen Strophen gestrichen worden?


Ja. Einmal ging es um das Kloster Einsiedeln. Die Strophe war grenzwertig, daher haben wir sie damals rausgenommen, weil wir niemanden verletzen wollen. Es ist auch schon vorgekommen, dass wir spontan eine Strophe streichen, wenn sie nicht ankommt bei den Leuten. Das Versereimen bedeutet schliesslich eine hohe Kunst.

Wie sind Sie Ober-Tolgg des Chores geworden?


Mein Vater war schon ein begeisterter Fasnächtler. Vor 16 Jahren bin ich dem Verein beigetreten – als Chrähtolgg, weil ich damals im Haus Raben gearbeitet habe.

Wer findet Aufnahme im Chor?


Nur Männer. Die Frauenquote wird erfüllt dank den Humirosis – und Frau Antje (lacht). Wir sind aktuell 22 Mitglieder und etwas überaltert. Deswegen halten wir Ausschau nach jüngeren Sängern.

Werden Ihre Auftritte tangiert von den neuen Auflagen an der Einsiedler Fasnacht 2020?


Zum Glück nicht. Wir brauchen nämlich keine Toi-Tois (lacht).

Einsiedler Anzeiger / Magnus Leibundgut

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Brauchtum / Feste
  • Dies & Das

Publiziert am

18.02.2020

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