Musik
«Frisch gestrichen» – Quartett überzeugt bei Premiere
Streichquartette haben in sich etwas Persönliches: Sie sind schon ein Orchester, aber doch noch kein Orchester! Ihre Besetzung umfasst alles «in klein». Zwei Violinen, eine Viola und ein Violoncello – und natürlich die passenden Musiker und Musikerinnen überzeugten bei ihrem Debut in der Fram.
Ja, wie wird dieses erste Konzert wohl gelingen? Der erste «grosse» Auftritt ist immer etwas Besonderes. Sich einem erwartungsvollen Publikum zu stellen, kann schon von Nervenflattern begleitet sein. Dem einheimischen Lorenz Küchler war vor Konzertbeginn davon nichts anzumerken. Ganz gelassen – ein «cooler Hund» – erzählte er, dass es ja gar nicht ganz das erste Konzert sei, das sie gäben. Bei Simon Wenger, dem Violinisten, hätten sie als Hauptprobe ein erweitertes Familienkonzert gegeben. Und das ging gut, also sehe er an diesem Abend auch positiv nach vorne.
Feine Spitzen, «Rahmtupfer»
Walter Kälin, der «Spiritus Rector » der Fram, stellte die Musikerin Aude Delisle und ihre drei Mitstreiter Simon Wenger, Lorenz Küchler und David Lüthy kurz vor. Dann startete «Frisch gestrichen » ins grosse Abenteuer. Wolfgang A. Mozarts «Streichquartett Nr. 4 in C-Dur» entstand scheints 1772, als sich der 16-Jährige mit seinem Vater auf einer Italien-Reise befand. Aus Langeweile schrieb er im «Traurigen Bozen» bei Regenwetter dieses Quartett. Erstaunliche Reife für den Teenie, doch wie Lorenz Küchler bemerkte, war ja Mozart mit vier Jahren auf der Bühne und mit 16 schon ein Routinier! Das «Allegro», der erste Satz, begann mit einem schwungvollen Hauptthema. In diesem Satz kam mir alles wie Gesang rüber, mit viel Glanz. Die feinen Mozart’schen Spitzen waren wie Rahmtupfer, die vom Violoncello dunkel umrahmt wurden. Das «Andante» kam klagend, schmerzlich daher. Da spüre ich die Langeweile des jungen Komponisten förmlich, wie er im tristen Gastzimmer hockt. Das Ende verströmt dann richtig orchestralen Glanz. Das «Presto» als «Finale» kam rasend schnell, tänzerisch, lebendig. Mozart scheint da wieder gut gelaunt über die gelungene Komposition gewesen zu sein. Der Satz schliesst mit einem wahrhaft rauschenden «Crescendo » ab. «Frisch gestrichen» bescherte den Besuchern anspruchsvolle Musik, leicht dargeboten. Ein Genuss.
Saftiger, wilder Mendelssohn
Welch einen Kontrast brachte der zweite Konzertteil. Das Feine wich dem Wilden, Saftigen. Vom Romantiker Felix Mendelssohn Bartholdy wurde das «Streichquartett Nr. 4 in e-Moll» geboten. Ein sehr dichter Beginn beherrschte den ersten Satz, das «Allegro assai appassionato». Sehr ausdrucksstark brachten die Musikerinnen und Musiker die Zerrissenheit zu Beginn hervor. Dann glitt es, so schön in der Romantik, in schöne lyrische, liedartige Töne ab, unterbrochen immer wieder von aufwühlendem Zwischenspiel. Der Schluss: ein Forte, ja, Fortissimo! Das «Scherzo», der zweite Satz, kam sehr dicht rüber. Zum Schluss genoss ich ein anklingendes, lyrisches Thema. Lorenz Küchler spielte eine gefühlvolle Viola. Zum Höhepunkt geriet für mich das «Andante», der dritte Satz. Er kam fliessend, melodisch daher – ich hätte ewig zuhören können! Ich bin eingetaucht in eine angenehme, fast einlullende Klangwelt, sehe mich im Herbst draussen unter leise sich im Wind wiegenden Laubbäumen, ein Glas Roten geniessend. Schöne Genussmomente, grosse, sich auftuende Gefühlswelt. Das «Presto» brachte den saftigen, wilden Mendelssohn. Abrupt, fast derb, vorwärts drängende Nervosität, kühnes Vorpreschen, um sich wieder zu finden, erheischte meine Aufmerksamkeit. Jedes Instrument «lebt», brilliert mit überraschenden Wendungen. Cello und Violine zeigen sich im Widerpart. Ein grossartiges Ende dieses Satzes, rasant.
«Frisch gestrichen» überzeugte
Grosser Applaus brandete, sowohl nach Mozart wie auch nach Mendelssohn, auf. Die doch sehr vielen Zuhörer und Zuhörerinnen dankten es so den vier jungen Leuten. Aude Delisle und Simon Wenger an den Violinen, Lorenz Küchler an der Viola und David Lüthy am Violoncello ist ein Konzert mit vielen Kontrasten vollends gelungen. So ein «Kammerkonzert» tut man sich sehr gerne an.
Einsiedler Anzeiger / Paul Jud
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